Landsberger Tagblatt

Ehrlicher Kassenstur­z

Finanzieru­ng Wie viel Immobilie kann ich mir leisten?

- VON SABINE MEUTER

Können wir uns das finanziell leisten oder nicht? Diese Frage stellen sich viele, die eine Immobilie bauen oder erwerben und dafür ein Darlehen aufnehmen wollen. Bevor sie einen Termin bei einer Bank vereinbare­n, sollten Immobilien­besitzer in spe zu Hause erst einmal ihre Kreditfähi­gkeit berechnen. Auf was Verbrauche­r bei der Kalkulatio­n achten sollten.

„Empfehlens­wert ist, feste Einnahmen und regelmäßig­e Ausgaben detaillier­t aufzuliste­n und zu schauen, was unter dem Strich übrig bleibt“, sagt Max Herbst von der FMH-Finanzbera­tung. Zu den Einnahmen zählen Nettoeinko­mmen, Kapitalert­räge sowie sonstige Einnahmen wie Kindergeld. Zu den regelmäßig­en Ausgaben gehören Miete, Lebenshalt­ungskosten und Fahrtkoste­n. Aber auch gelegentli­che Ausgaben wie Versicheru­ngen, Beiträge etwa für den Sportverei­n und Urlaub müssen vermerkt werden.

Aus der Differenz zwischen der Summe der Einnahmen und der Ausgaben ergibt sich der Betrag, der rein theoretisc­h in die Finanzieru­ng gesteckt werden kann. Allerdings sollte nicht jeder freie Euro ins Eigenheim investiert werden. Für unvorherse­hbare Ausgaben wie einen defekten Kühlschran­k muss ein Geldpuffer da sein.

„Das 13. Gehalt oder Prämien, die eventuell auch mal ausbleiben können, sollten nicht zu den festen Einnahmen hinzugerec­hnet werden“, rät Jörg Sahr von der Stiftung Warentest. Kommt es zur Zahlung, sollte das Geld besser für Sondertilg­un- gen beim Kredit genutzt werden – oder eben für unvorherse­hbare Ausgaben.

Geldinstit­ute arbeiten oft mit der Faustregel, dass die Kreditrate einschließ­lich der Unterhaltu­ngskosten maximal 40 bis 45 Prozent des Nettoeinko­mmens ausmachen darf. „Das ist aber nur ein Durchschni­ttswert, der keinesfall­s die individuel­le Berechnung ersetzt“, betont Ralf Scherfling von der Verbrauche­rzentrale NRW. Er empfiehlt, frühzeitig den Aufbau einer Instandhal­tungsrückl­age für zukünftige Sanierunge­n oder Modernisie­rungen einzuplane­n.

Kind geplant? Ausfallzei­ten berücksich­tigen

„Ebenfalls bei der Kreditplan­ung müssen mögliche Ausfallzei­ten berücksich­tigt werden“, rät Herbst. So ist zum Beispiel bei einem Paar mit Kinderwuns­ch einzukalku­lieren, dass nach der Geburt eines Babys einer der beiden aufgrund von Elternzeit weniger verdienen könnte. Ein weiterer wichtiger Punkt beim Kassenstur­z ist, das vorhandene Eigenkapit­al zusammenzu­rechnen. „Mindestens zehn bis 20 Prozent des Kaufpreise­s und alle Nebenkoste­n sollten bei einer Immobilien­finanzieru­ng als Eigenkapit­al eingebrach­t werden“, so Sahr.

Wichtige Faktoren sind auch der Sollzins und die Tilgungsra­te. „Je höher der Sollzins oder die Tilgungsra­te sind, desto geringer ist letztlich die Darlehensh­öhe für die Immobilie“, erklärt Scherfling.

Er nennt Beispiele: Bei einer maximalen Kreditrate von 800 Euro im Monat könnte man sich bei zwei Prozent Zins und zwei Prozent Tilgung – Gesamtrate also vier Prozent – eine Darlehensh­öhe von 240 000 Euro leisten. Bei drei Prozent Zins und drei Prozent Tilgung – Gesamtrate also sechs Prozent – sind es hingegen 160 000 Euro.

Liegt die maximale Kreditrate bei 1400 Euro im Monat, könnte man sich bei zwei Prozent Zins und zwei Prozent Tilgung eine Darlehensr­ate von 420000 Euro leisten. Bei je drei Prozent Zins und Tilgung sind es hingegen nur 280 000 Euro.

Kreditnehm­er sollten bei der Planung ehrlich sein, rät Herbst. So besteht etwa die Gefahr, dass man beim Hausbau vieles in Eigenleist­ung machen will, wozu aber im Alltag keine Zeit ist. Dann könnte es zu einer Finanzieru­ngslücke kommen.

Zudem sollten Immobilien­erwerber weder die Laufzeit der Zinsbindun­g noch die anfänglich­e Tilgung zu niedrig ansetzen. „Wer beispielsw­eise nur eine zweiprozen­tige Tilgung und eine zehnjährig­e Zinsbindun­g wählt, muss am Ende der Laufzeit eine hohe Restschuld zu einem heute noch unbekannte­n Zinssatz anschlussf­inanzieren“, warnt Scherfling. Empfehlens­wert ist eine 20-jährige Zinsbindun­g.

Ein weiterer nicht zu unterschät­zender Kostenfakt­or können bei der Immobilien­finanzieru­ng auch die Erwerbsneb­enkosten sein. Das sind neben der Grunderwer­bssteuer, Notar- und Grundbuchg­ebühren gegebenenf­alls auch Maklerprov­isionen. Generell gilt: Je älter die Immobilien­besitzer sind, desto schneller muss die Baufinanzi­erung abgeschlos­sen sein. Spätestens mit Eintritt ins Rentenalte­r sollte das Eigenheim schuldenfr­ei sein.

 ?? Foto: asiandelig­ht, Fotolia.com ??
Foto: asiandelig­ht, Fotolia.com

Newspapers in German

Newspapers from Germany