Vom Friedhof in die Gruft
Antrag Die Skelette aus der Brudergasse sollen nicht in München bleiben. Dritter Bürgermeister Axel Flörke möchte einige davon in der ehemaligen Grablege der Ursulinen unterbringen und dieser so einen neuen Sinn geben
Landsberg Für Axel Flörke ist es eine Herzensangelegenheit. Er möchte, dass die restlichen Gebeine aus dem ehemaligen Friedhof an der Brudergasse wieder nach Landsberg zurückgeholt werden. Auch für deren letzte Unterbringung hat er einen Vorschlag: Die Gebeine dieser verstorbenen Landsberger Bürger könnten in der ehemaligen Gruft der Ursulinen in der Herkomerstraße ihre letzte Ruhestätte finden. Deshalb hat der Dritte Bürgermeister einen entsprechenden Antrag im Namen seiner Fraktion der Landsberger Mitte an den Besitzer der Grablege, die Stadt Landsberg, gestellt. Die Stadt solle prüfen, ob zumindest einige der rund 900 Skelette in der Ursulinengruft beigesetzt werden können.
Die Zukunft der ehemaligen Grablege ist Axel Flörke sehr ans Herz gewachsen. Nach dem Rückzug der Ursulinen hatten die Dominikanerinnen das Kloster übernommen, dieses dann aber 1986 in Richtung Münchener Straße wieder verlassen. Heute ist das Kloster samt Dreifaltigkeitskirche und Gruft Eigentum
Zu feucht, zu kühl, die Grabplatten zerbröckelt
der Stadt. Und der momentane Zustand der Gruft, die unter der ehemaligen Klosterkirche liegt, dauert den Kulturbürgermeister. Zu feucht, zu kühl, die Grabplatten zum Teil zerbröckelt. Inzwischen hat Flörke viele dieser Platten gesichert und Schutt wegräumen lassen.
Flörke, der seit vielen Jahren auch als Stadtführer Kenntnisse über die Ursulinengruft erworben hat, bezeichnet die Grablege als historisches Monument, das es zu erhalten gelte: „Zu Zeiten der Ursulinen war es äußerst selten, dass mitten in der Stadt Beisetzungen stattfanden.“
Heute sind von den Grabkammern nur etwa 30 belegt. Dass dort nicht alle der 900 Skelette, die derzeit in der Anthropologischen in München wissenschaftlich untersucht werden sollen, Platz finden können, ist Flörke klar. „Aber einen Teil könnten wir wenigstens zurückholen.“Die Vorstellung, dass die Gebeine ehemaliger Landsberger Bürger in Kisten eines Magazins, so groß wie Schuhkartons, stehen, hält er nicht für sehr pietätvoll.
Rechtlich gesehen ist das jedoch völlig in Ordnung. Oberkonservator Dr. George McGlynn hatte dem LT (3. Januar: „Gebeine bleiben in den Kartons“) erklärt, dass es sich juristisch inzwischen bei den Gebeinen um ein Bodendenkmal handle, weshalb eine Wiederbestattung sogar einen „Verstoß gegen die Rechtslage“darstellen würde. Begeistert von den Rückholungsplänen ist er jedenfalls nicht: „Wenn die Skelette zurückkehren, werden sie wohl bestattet, und dann war unsere Arbeit sinnlos.“Axel Flörke meint dazu: „Bei allem Verständnis für die Wissenschaft müssen wir die Geschichte doch auch menschlich betrachten.“
Er ist überzeugt: „Durch die Variante hätte die Gruft auch wieder einen Sinn.“Schließlich sei eine wesentlich längere Nutzung als die nicht ganz einhundert Jahre durch die Ursulinen angedacht gewesen.
Seitens der Stadtverwaltung ist seine Ehefrau und Leiterin des Kulturamts, Claudia Flörke, mit der Klärung des Sachverhalts zumindest in großen Teilen beauftragt. Die gibt sich aber zunächst zurückhalStaatssammlung tend. Vor allem wolle sie in erster Linie prüfen, ob die Gruft noch einer Widmung unterliege. Auch müsse von der technischen Seite noch geprüft werden, ob die klimatischen Verhältnisse in der Grablege eine solche Unterbringung überhaupt sinnvoll machten. So hat die Stadt im vergangenen Jahr die Klimaverhältnisse hinsichtlich der Temperaturen und der Luftfeuchtigkeit gemessen. Axel Flörke: „Das Gutachten müsste eigentlich bald fertiggestellt sein.“
Allerdings sollte auch die katholische Kirche in die Gespräche miteinbezogen werden. Grundsätzlich zeigt sich der katholische Stadtpfarrer Michael Zeitler den Überlegungen durchaus zugetan. Allerdings bittet er darum, auch mit dem Orden der Dominikanerinnen als ehemalige Eigentümer des Klosters Rücksprache zu halten. Er sieht auch die unterschiedlichen Ansatzpunkte von Axel Flörke, den Wissenschaftlern und der Stadt Landsberg. Genauso aber gibt er zu bedenken, dass die Gebeine nicht an zu vielen unterschiedlichen Orten verbleiben sollten. So wurde ja ein Teil der 900 Skelette inzwischen in einem Sammelgrab auf dem Alten Friedhof bestattet. Aber auch einem Erhalt des Status quo in der Gruft gibt er seine Berechtigung: „Irgendwo ist der momentane Zustand mit den nur teilweise belegten Grabkammern ja auch Teil der Geschichte.“