Ein Förster muss den Wald lieben
Abschied Alwin Rammo war fast vier Jahrzehnte lang zuständig für den Staatsforst am Westufer. Waldsterben, heftige Stürme sowie die Forstreform prägten diese berufliche Ära
Schwifting/Dettenhofen In den Baumwipfeln rauscht der Wind, der nasse Schnee hängt schwer auf den jungen Tannen. Im Vordergrund hebt sich das warme Braun von Buchenblättern ab. Hier in dem Bereich zwischen Schwifting und Finning steht der staatliche Forst vorbildlich: Bäume verschiedenen Alters und verschiedener Arten reihen sich aneinander, und selbst die Tanne gedeiht ohne Wildzaun. Es ist ein Waldstück, das Förster Alwin Rammo hier im Landkreis am längsten betreut hat. Das LT hat den Förster, der jetzt in Ruhestand geht, in den Wald begleitet. Rammo reflektiert über fast vier Jahrzehnte im Revier Hagenheim, zu dem ein Großteil der Wälder am Ammersee gehört.
„Ich liebe den Wald“, sagt Rammo, 65, ein Gefühl aus Kindheitstagen: Er wuchs im Saarland am Rande der Ausläufer des Pfälzer Waldes auf und fühlte sich zwischen den Bäumen geborgen. Und als KarlMay-Fan übte er schon als Bub das leise Anschleichen gegen den Wind – Übungen, die ihm auch heute noch bei der Jagd zugutekommen. Er studierte in Weihenstephan, kam 1980 in den Landkreis – in einer Zeit, als angesichts der Luftverschmutzung die Thematik „Der Wald stirbt“ wurde. Rammo glaubt, dass damals die Politik ohne die dramatische Öffentlichkeitsarbeit nicht so scharf reagiert hätte. Der DreiWege-Katalysator und Schwefelfilter in der Industrieproduktion waren die Folge. In dieser Zeit seien Kontakte zum Naturschutz entstanden. Und die Erkenntnis, dass wenn oben der Wald stirbt, unten etwas nachkommen muss, und zwar gemischter Wald. Diese Forderung stand laut Rammo im Widerspruch zu der zu hohen Wilddichte. Eine schärfere Bejagung wurde thematisiert und die Diskussion um Abschusszahlen scharf geführt.
Ein Schock waren 1990 die Stürme Vivian und Wiebke. „Ich hätte mir nie gedacht, dass es möglich ist, dass der Wald, auf so riesiger Fläche hingeworfen wird.“Er sei damals gerade zehn Jahre da gewesen, „es war mein Wald und dann lag er da“. Schlafstörungen habe er damals bekommen und auch Waldarbeiter gesehen, die vor einer Windwurffläche standen und weinten. „So eine Großkatastrophe zu bewältigen, das war eine völlig neue Welt.“Zum ersten Mal sei dabei auch der Harvester, eine große Holzerntemaschine, zum Einsatz gekommen. Die Lehre daraus: Der Wald muss eine vielfältige Struktur haben und vor allem: „Es muss immer was darun- ter stehen.“Bei Windwurf müssten unten bereits die neuen, jungen Bäume sein und nachwachsen können. Anstelle der flachwurzelnden Fichte sei die tief wurzelnde Tanne waldbaulich, aber auch betriebswirtschaftlich interessant. Tanne in Kombination mit Buche, Ahorn und Fichte, so stellt sich Alwin Rammo den Wald an hiesigen Standorten vor. Und zeigt dies in Schwifting und in einem Waldstück bei Dettenhofen. Es sind Plenterwälder, das heißt, es werden nur einzelne Bäume geschlagen.
Alwin Rammo hat auch 2004 die Forstreform miterlebt, die er kritisch sieht. Die bisherige Staatliche Forstverwaltung, die auf eine über 250-jährige Geschichte zurückblickte, sei „im Zeichen des Neoliberalismus“umgewandelt worden. Der staatliche Forstbesitz wird nun in einer Anstalt des öffentlichen Rechts der Bayerischen Staatsforsten AöR bewirtschaftet und die hoheitlichen Aufgaben, wie die forstliche Kontrolle, kamen zu den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Die einstige staatliche Forstbehörde habe sich als Fürsprediskutiert cherin des Waldes gefühlt und sei eine sehr unabhängige Verwaltung gewesen, sagt Rammo. Jetzt herrscht seiner Meinung nach oft eher Verwirrung beim Bürger, wer für was zuständig sei. Doch auch in den vergangenen rund zehn Jahren wurde beim Forstbetrieb Landsberg der Umbau des Waldes zu einem vielschichtigen, widerstandsfesten Forst betrieben. Rammo sieht sich und diese Arbeit durch die Auszeichnung bestätigt, die er und sein Kollege Stefan Bauernfeind im vergangenen Sommer vom Bund Naturschutz überreicht bekommen haben (unsere Zeitung berichtete).
Auf die Pensionierung hat sich Rammo vorbereitet: Schon vor zwei Jahren zog er mit seiner Frau aus dem Forsthaus in Hagenheim in ein Haus nach Reichling. Und er weiß um viele Tätigkeiten, die er jetzt intensivieren kann – von der Gartenarbeit übers Kochen bis zum Bergsteigen, Malen und sich ums Enkelkind kümmern. Und als Jäger wird er weiter die Forstkollegen unterstützen – eine sicherlich willkommene Unterstützung, gilt Rammo doch als einer der erfahrensten Schwarzwildjäger im Landkreis. Die Liebe zu Wald und Holz hat Rammo übrigens weitergegeben: Die Tochter ist Försterin im Allgäu und der Sohn Holzbauingenieur.
Tanne mit Buche, Ahorn und Fichte