Landsberger Tagblatt

Ein Förster muss den Wald lieben

Abschied Alwin Rammo war fast vier Jahrzehnte lang zuständig für den Staatsfors­t am Westufer. Waldsterbe­n, heftige Stürme sowie die Forstrefor­m prägten diese berufliche Ära

- VON STEPHANIE MILLONIG

Schwifting/Dettenhofe­n In den Baumwipfel­n rauscht der Wind, der nasse Schnee hängt schwer auf den jungen Tannen. Im Vordergrun­d hebt sich das warme Braun von Buchenblät­tern ab. Hier in dem Bereich zwischen Schwifting und Finning steht der staatliche Forst vorbildlic­h: Bäume verschiede­nen Alters und verschiede­ner Arten reihen sich aneinander, und selbst die Tanne gedeiht ohne Wildzaun. Es ist ein Waldstück, das Förster Alwin Rammo hier im Landkreis am längsten betreut hat. Das LT hat den Förster, der jetzt in Ruhestand geht, in den Wald begleitet. Rammo reflektier­t über fast vier Jahrzehnte im Revier Hagenheim, zu dem ein Großteil der Wälder am Ammersee gehört.

„Ich liebe den Wald“, sagt Rammo, 65, ein Gefühl aus Kindheitst­agen: Er wuchs im Saarland am Rande der Ausläufer des Pfälzer Waldes auf und fühlte sich zwischen den Bäumen geborgen. Und als KarlMay-Fan übte er schon als Bub das leise Anschleich­en gegen den Wind – Übungen, die ihm auch heute noch bei der Jagd zugutekomm­en. Er studierte in Weihenstep­han, kam 1980 in den Landkreis – in einer Zeit, als angesichts der Luftversch­mutzung die Thematik „Der Wald stirbt“ wurde. Rammo glaubt, dass damals die Politik ohne die dramatisch­e Öffentlich­keitsarbei­t nicht so scharf reagiert hätte. Der DreiWege-Katalysato­r und Schwefelfi­lter in der Industriep­roduktion waren die Folge. In dieser Zeit seien Kontakte zum Naturschut­z entstanden. Und die Erkenntnis, dass wenn oben der Wald stirbt, unten etwas nachkommen muss, und zwar gemischter Wald. Diese Forderung stand laut Rammo im Widerspruc­h zu der zu hohen Wilddichte. Eine schärfere Bejagung wurde thematisie­rt und die Diskussion um Abschussza­hlen scharf geführt.

Ein Schock waren 1990 die Stürme Vivian und Wiebke. „Ich hätte mir nie gedacht, dass es möglich ist, dass der Wald, auf so riesiger Fläche hingeworfe­n wird.“Er sei damals gerade zehn Jahre da gewesen, „es war mein Wald und dann lag er da“. Schlafstör­ungen habe er damals bekommen und auch Waldarbeit­er gesehen, die vor einer Windwurffl­äche standen und weinten. „So eine Großkatast­rophe zu bewältigen, das war eine völlig neue Welt.“Zum ersten Mal sei dabei auch der Harvester, eine große Holzerntem­aschine, zum Einsatz gekommen. Die Lehre daraus: Der Wald muss eine vielfältig­e Struktur haben und vor allem: „Es muss immer was darun- ter stehen.“Bei Windwurf müssten unten bereits die neuen, jungen Bäume sein und nachwachse­n können. Anstelle der flachwurze­lnden Fichte sei die tief wurzelnde Tanne waldbaulic­h, aber auch betriebswi­rtschaftli­ch interessan­t. Tanne in Kombinatio­n mit Buche, Ahorn und Fichte, so stellt sich Alwin Rammo den Wald an hiesigen Standorten vor. Und zeigt dies in Schwifting und in einem Waldstück bei Dettenhofe­n. Es sind Plenterwäl­der, das heißt, es werden nur einzelne Bäume geschlagen.

Alwin Rammo hat auch 2004 die Forstrefor­m miterlebt, die er kritisch sieht. Die bisherige Staatliche Forstverwa­ltung, die auf eine über 250-jährige Geschichte zurückblic­kte, sei „im Zeichen des Neoliberal­ismus“umgewandel­t worden. Der staatliche Forstbesit­z wird nun in einer Anstalt des öffentlich­en Rechts der Bayerische­n Staatsfors­ten AöR bewirtscha­ftet und die hoheitlich­en Aufgaben, wie die forstliche Kontrolle, kamen zu den Ämtern für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten. Die einstige staatliche Forstbehör­de habe sich als Fürspredis­kutiert cherin des Waldes gefühlt und sei eine sehr unabhängig­e Verwaltung gewesen, sagt Rammo. Jetzt herrscht seiner Meinung nach oft eher Verwirrung beim Bürger, wer für was zuständig sei. Doch auch in den vergangene­n rund zehn Jahren wurde beim Forstbetri­eb Landsberg der Umbau des Waldes zu einem vielschich­tigen, widerstand­sfesten Forst betrieben. Rammo sieht sich und diese Arbeit durch die Auszeichnu­ng bestätigt, die er und sein Kollege Stefan Bauernfein­d im vergangene­n Sommer vom Bund Naturschut­z überreicht bekommen haben (unsere Zeitung berichtete).

Auf die Pensionier­ung hat sich Rammo vorbereite­t: Schon vor zwei Jahren zog er mit seiner Frau aus dem Forsthaus in Hagenheim in ein Haus nach Reichling. Und er weiß um viele Tätigkeite­n, die er jetzt intensivie­ren kann – von der Gartenarbe­it übers Kochen bis zum Bergsteige­n, Malen und sich ums Enkelkind kümmern. Und als Jäger wird er weiter die Forstkolle­gen unterstütz­en – eine sicherlich willkommen­e Unterstütz­ung, gilt Rammo doch als einer der erfahrenst­en Schwarzwil­djäger im Landkreis. Die Liebe zu Wald und Holz hat Rammo übrigens weitergege­ben: Die Tochter ist Försterin im Allgäu und der Sohn Holzbauing­enieur.

Tanne mit Buche, Ahorn und Fichte

 ?? Foto: Stephanie Millonig ?? In einem Waldstück zwischen Schwifting und Finning, welches Förster Alwin Rammo schon am Längsten betreut, kommt ohne Zaun ein dichter Nachwuchs an Tannen auf. Der 65 Jährige geht jetzt in den Ruhestand.
Foto: Stephanie Millonig In einem Waldstück zwischen Schwifting und Finning, welches Förster Alwin Rammo schon am Längsten betreut, kommt ohne Zaun ein dichter Nachwuchs an Tannen auf. Der 65 Jährige geht jetzt in den Ruhestand.

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