Hofmusik häppchenweise serviert
Kammerkonzert Bei der ersten Veranstaltung des neuen Jahres gab es im Landsberger Bibliothekssaal Münchner Hofmusik. Eine besondere Stimmung
Landsberg Sie hätte wohl nicht schlecht gestaunt, die erlauchte Münchener Hofgesellschaft, über das „Elektrische“, das anstatt der Kerzen die Kristallleuchter des Landsberger Bibliothekssaals zum Funkeln brachte. Und auch die augenscheinlich nicht aus Öfen strömende, wohlige Wärme bei draußen winterlichen Temperaturen wäre auf Verwunderung gestoßen.
Doch präsentierte sich der Barocksaal beim Kammerkonzert ansonsten zwar nicht in höfischem Prunk, sondern auf eher schlichte Art vollkommen „à la mode“. Ganz im Zeitgeist des Barock stand auch das musikalische Neujahrsbuffet, das die Musiker des Gärtnerplatztheaters um den Cellisten Franz Lichtenstern für das Landsberger Publikum angerichtet hatten: an den Geigen Kumiko Yamauchi und Ava de Araujo Madureira, Birgit Seifart, Bratsche, Thomas Hille, Kontrabass, sowie Cornelius Rinderle, Fagott, und an den Flöten Uta Sasgen und Annette Hartig. Unterstützt wurden sie von dem Lautenisten Axel Wolf und Gerhard Abe-Graf am Cembalo.
Das an historischer Aufführungspraxis orientierte Konzert spannte den musikalischen Bogen mit einem instrumental vorgetragenen weltlichen Lied des fürstlichen Komponisten Ludwig Senfl vom Frühbarock über mehrere kleine Kompositionen im barocken Stil bis hin zu einem bereits in die Klassik hineinweisenden Sextett für zwei Flöten, Violine, Viola, Fagott und Kontrabass des kurfürstlichen Kapellmeisters Christian Cannabich. Höfische Musik, erklärte Moderatorin Uta Sasgen, habe gedient. Und dies in mehrerlei Weise: als Untermalung beim Essen oder Tischgespräch und auch als Stimmungsmacher beim gesellschaftlichen Tanz. Wie gut Letzteres vor allem Rupert Ignaz Mayr und Pietro Torri nicht nur zu ihrer Zeit, sondern auch an einem Sonntagabend im 21. Jahrhundert mit ihren Suiten gelang, zeigten die quer durch alle Reihen gehenden, im Takt mittippenden Fußspitzen des Landsberger Publikums. Die in wechselnden Taktarten notierten, oft nur minutenkurzen Tanzsätze gehen auch heute noch „in die Beine“.
Den musikalischen Reigen eröffneten und beschlossen aber zwei Concerti des wohl bekanntesten der vorgestellten Hofkomponisten: zu Beginn der erste Satz aus dem Concerto à più Instrumenti G-Dur und als Abschluss das e-Moll Konzert des italienischstämmigen Evaristo Felice dall’Abaco. Mit großer Spielfreude präsentierten die Musiker die oft heiter-beschwingten und vor neuen Einfällen geradezu übersprudelnden Kompositionen des genialen Melodienschreibers und entsandten im präzisen Zusammenspiel die sich immer weiter entspinnenden Phrasen in den Raum wie bunte musikalische Girlanden.
Heiter beschwingt mit neuen Einfällen
Das Konzert „Münchner Hofmusik“, in dem außerdem Werke von Johann Caspar Kerll, Giovanni Ferradini, Franz Gleissner sowie das Concerto Pastorella in D des einzigen echten „Münchner Kindls“Johann Christoph Pez zu hören waren, unterhielt mit kurzweiligen, von Uta Sasgen sorgsam ausgewählten und kommentierten Kompositionen: kleine Stücke, die ihren damaligen Auftraggebern gefallen wollten - und mussten und die sich, anders als das heute gängige Konzertrepertoire, nicht, sei es im Positiven oder Negativen, am Zeitgeschmack maßen, sondern selbst dessen unmittelbarer Ausdruck waren.
Das Publikum goutierte das liebevoll angerichtete, an Häppchen vielleicht sogar etwas zu reich bestückte musikalische Neujahrsbuffett mit lang anhaltendem Applaus. Nach kurzer Zugabe mit einem Satz aus Pietro Torris Suite nach Tänzen der Oper „Le Reciproque“ging es hinaus in die kalte Januarnacht, nicht in Decken gehüllt in einer Kutsche der Residenzstadt München entgegen, sondern mit lautem Motorengeräusch oder knirschendem Eis unter den Sohlen nach Hause in die beheizten Wohnzimmer.