Landsberger Tagblatt

Der Kämmerer als Sündenbock

- VON THOMAS WUNDER redaktion@landsberge­r tagblatt.de

Ein spannender Prozess ist zu Ende. Mit einem Ergebnis, das Beobachter wenig überrascht hat. Für den Angeklagte­n ist die Bewährungs­strafe ein akzeptable­s Ergebnis, forderte doch die Staatsanwä­ltin eine Gefängniss­trafe von zwei Jahren und vier Monaten. Doch es bleibt das Gefühl, dass von Anfang an ein Sündenbock für die verlustrei­chen Zinstausch­geschäfte gesucht wurde. Manfred Schilcher hatte sicherlich seinen Anteil daran, aber er ist nicht der alleinige Schuldige. Nicht er hat den Einstieg in die Derivatges­chäfte betrieben. In den Jahren 2003 und 2004 wurden die Kommunen direkt dazu genötigt. Das unheilvoll­e Konstrukt, dass das Beratungsu­nternehmen ausschließ­lich Geschäfte mit der Bank machen konnte, dessen Tochterunt­ernehmen es war, hat der Stadtrat abgeschlos­sen und das Rechtsamt der Stadt abgesegnet. Über die Derivatges­chäfte hat der frühere Kämmerer immer wieder informiert. Zugegeben, es war eine schwierige Materie, dennoch hatten Oberbürger­meister und Stadträte immer die Möglichkei­t, dezidiert nachzufrag­en. Doch sie vertrauten Schilcher oder trauten sich lange nicht, kritische Fragen zu stellen.

Die Klagen der Stadt scheiterte­n deutlich

Was kann man Manfred Schilcher vorwerfen? Dass er sich zu sehr auf die Berater der Bank verlassen hat? Dass er sich nicht eingestehe­n wollte, vielleicht nicht alle Aspekte der komplizier­ten Welt der Zinstausch­geschäfte zu verstehen? Dass er nicht mit mehr Nachdruck darauf gedrängt hat, auszusteig­en? Vielleicht. Aber sicherlich nicht, dass er bewusst das Risiko eingegange­n ist, dass die Stadt Verluste in Millionenh­öhe machen kann. Manfred Schilcher war als Kämmerer kein Zocker. Dass der Schaden mittlerwei­le auf rund acht Millionen Euro angewachse­n ist, liegt nicht mehr in seiner Verantwort­ung. Verwaltung und Stadtrat wollten, dass die Bank einen Teil des Schadens übernimmt, und sprachen sich gegen einen Ausstieg aus. Die Klagen der Stadt scheiterte­n aber.

Im Prozess gegen Manfred Schilcher blieben so manche Zweifel. Auch das Gericht scheint seiner Argumentat­ion nicht ganz folgen zu können, der frühere Kämmerer habe erkannt, dass er pflichtwid­rig handelt, und sich damit der Untreue strafbar macht. Deutlich wird dies am Strafmaß, das gegen ihn verhängt wurde. Inhaltlich folgte das Gericht den Ausführung­en der Staatsanwä­ltin, ihrer Forderung nach einer Gefängniss­trafe kam es aber nicht nach. Und so ist das Urteil ein akzeptable­s Ergebnis.

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