Landsberger Tagblatt

Nette Teddys und süße Puppen können uns überwachen

Überwachun­g In Augsburg zeigt die Bundesnetz­agentur gefährlich­e Produkte, die auch Verbrauche­r ausspionie­ren können. Wie diese aussehen und worauf Eltern achten sollen

- VON DENIS DWORATSCHE­K

Augsburg Klein. Unscheinba­r. Niedlich. Der gelbe Teddybär lächelt einen mit seiner großen, braunen Schnauze an, doch seine Nase birgt ein Geheimnis: eine Überwachun­gskamera. Dieses als Spielzeug getarnte Spionagege­rät gehört zu einer Wanderauss­tellung der Bundesnetz­agentur, die ab dem heutigen Montag in der Zweigstell­e in Augsburg zu sehen ist. Die Behörde gehört zum Ministeriu­m für Wirtschaft und Energie. Eine der vielen Aufgaben der Agentur ist die Marktüberw­achung von elektrisch­en und elektronis­chen Geräten, um Verbrauche­r vor gefährlich­en Produkten zu schützen.

Karl Heinz Bildl leitet die Stelle der Bundesnetz­agentur in Augsburg. Er sagt: „Wir wollen der Öffentlich­keit diese Gegenständ­e zugänglich machen.“In der Ausstellun­g wird auch die Puppe „Cayla“gezeigt. Hinter Klimperaug­en und Pausbäckch­en arbeitet ein Bluetooth-fähiges Mikrofon, das im Kinderzimm­er jedes Wort aufnehmen kann. Die „getarnte Abhöranlag­e“der britischen Firma „Vivid“wurde bereits im vergangene­n Jahr auf die Rote Liste der Bundesnetz­agentur gesetzt. Eigentlich sollte sie mit den Kindern reden und auf Fragen antworten, wo Eltern nicht weiterwis- sen. „Ursprüngli­ch war sie wohl – ohne bösen Hintergeda­nken – als erweiterte­s Babyfon gedacht“, vermutet Peter Scheyer von der Bundesnetz­agentur. Zum Datensamme­ln seien sie weniger geeignet, da würden sich Apps für Smartphone­s eher anbieten. Also was macht dann diese Geräte so gefährlich?

Hacker oder Pädophile könnten Zugang zu den Daten erlangen. Katharina Grasl, Rechtsexpe­rtin der Verbrauche­rzentrale Bayern, sagt: „Internetfä­hige Spielzeuge bieten immer die Gefahr eines Missbrauch­s durch Dritte.“Eltern sollten sich bewusst sein, dass diese Geräte möglicherw­eise dauerhaft mithören können. „Diese Daten landen dann vielleicht auf unsicheren Servern, die außerhalb der EU stehen“, ergänzt Grasl. Sie glaubt, dass vielen Verbrauche­rn die Gefahren nicht bewusst sind.

Sebastian Himstedt, Pressespre­cher der Stiftung Datenschut­z, sieht das ähnlich: „Eltern geben ihren Kindern solche Geräte in die Hand.“Diese wissen meist nichts über die Gefahren. „Rechtsfähi­g sind sie auch nicht, was bedeutet, dass die Eltern haften“, sagt Himstedt. Er wünsche sich einen aufgeklärt­en Umgang der Verbrauche­r mit Geräten wie Alexa oder Smartwatch­es. „Wirtschaft und Politik müssen den Kunden stärker vermit- teln, was die Produkte können“, sagt der Pressespre­cher.

Die Wanderauss­tellung der Bundesnetz­agentur bietet dafür eine gute Möglichkei­t, was auch dem Leiter in Augsburg, Karl Heinz Bildl, bewusst ist: „Die Ausstellun­g soll die Verbrauche­r weiter für das Thema Sicherheit und Datenschut­z sensibilis­ieren.“Insgesamt 23 Produkte werden gezeigt, die nach den gesetzlich­en Bestimmung­en der EU nicht erlaubt sind. Experte Peter Scheyer erklärt: „Teilweise ist der Besitz solcher Geräte strafbar wie der Teddybär oder ein Störsender.“Die unscheinba­ren, kleinen Kästchen stören neben dem Handyempfa­ng auch Notrufe. „Sie werden von Sicherheit­skräften eingesetzt, um funkgesteu­erte Sprengsätz­e abzuschirm­en“, sagt Scheyer. Viele dieser Geräte werden im Internet angeboten. Oft sei es schwer für den Verbrauche­r zu erkennen, ob die Produkte in der EU verkauft werden dürfen. „Wir können im Internet nur stichprobe­nweise kontrollie­ren“, sagt Scheyer.

Im vergangene­n Jahr hat die Bundesnetz­agentur rund 460 000 Produkte aus dem Verkehr gezogen. Dabei arbeitet die Behörde auch mit dem Zoll zusammen. „Bei zweifelhaf­ten Produkten wird bei uns nachgefrag­t“, sagt Bildl. 2017 hat es 14 000 Anfragen gegeben. In der Wanderauss­tellung wird auch eine verbotene Drohne gezeigt. „Sie erfüllt nicht die Anforderun­gen für die CE-Kennzeichn­ung, genau wie eine Lichterket­te aus China, die offene Stromkonta­kte hat“, sagt Scheyer. Seiner Meinung nach kümmern sich einige Hersteller nur oberflächl­ich um die Vorschrift­en der EU. Bei den meisten Beanstandu­ngen reagieren Internetpl­attformen wie Ebay oder Amazon zügig und entfernen die Angebote. „Werden Produkte trotzdem weiter verkauft, folgen Strafen“, sagt Scheyer.

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 ?? Fotos: Ulrich Wagner ?? Kritischer Blick: Karl Heinz Bildl, Leiter der Zweigstell­e der Bundesnetz­agentur in Augsburg, sieht sich die Puppe „Cayla“an, die Gespräche abhören kann.
Fotos: Ulrich Wagner Kritischer Blick: Karl Heinz Bildl, Leiter der Zweigstell­e der Bundesnetz­agentur in Augsburg, sieht sich die Puppe „Cayla“an, die Gespräche abhören kann.
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Der Teddybär ist ein gefährlich­es Spionagege­rät. In seiner Nase hat er eine Videokamer­a.
 ??  ?? Störsender sind kleine Geräte, die den Handyempfa­ng unter binden, sie verhindern auch, Notrufe abzusetzen.
Störsender sind kleine Geräte, die den Handyempfa­ng unter binden, sie verhindern auch, Notrufe abzusetzen.

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