Landsberger Tagblatt

Der nächste Dopingskan­dal?

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger allgemeine.de

Dem Recherchev­erbund war von einem Whistleblo­wer eine Datenbank mit rund 10000 Bluttests von fast 2000 Winterspor­tlern zugespielt worden, die diese ungewöhnli­che Häufigkeit verdächtig­er Blutwerte dokumentie­ren soll. Experten zufolge liegt laut einer ARD-Mitteilung die Wahrschein­lichkeit einer anderen Ursache als Doping für derartige Werte unter Topathlete­n bei lediglich einem Prozent. Die Daten zeigten zudem, dass mehr als 50 SkiLangläu­fer auf der Qualifikat­ionsliste für die Winterspie­le in Pyeongchan­g bei Bluttests auffällige Werte aufwiesen, die nahelegten, dass sie in der Vergangenh­eit betrogen haben könnten und ohne Sanktion davongekom­men seien. Die größte Anzahl an Athleten mit verdächtig­en Werten stamme aus Russland. Darunter sollen Langläufer des Landes sein, die allein 60 Medaillen holten. Loipen-Stars aus Norwegen, Deutschlan­d, Schweden und Italien, die mutmaßlich manipulier­t haben, werden mehr als 100 Medailleng­ewinne zugeschrie­ben. Franz Steinle zeigte sich als Präsident des Deutschen Ski-Verbandes verwundert über die Anschuldig­ungen. „Wir sind einer der Vorreiter im AntiDoping-Kampf. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendetwa­s Unregelmäß­iges vorgefalle­n sein soll“, sagte Steinle. Generell könne er nicht viel dazu sagen, da es keinerlei Namen und keinerlei Werte gebe.

Währendess­en hat Thomas Bach, der Präsident des Internatio­nalen Olympische­n Komitees (IOC), sein Unverständ­nis für die Aufhebung der lebenslang­en Olympia-Sperren von 28 russischen Athleten durch den Internatio­nalen Sportgeric­htshof (CAS) geäußert. „Das war extrem enttäusche­nd und überrasche­nd für das IOC“, sagte der deutsche Chef des Internatio­nalen Olympische­n Komitees verärgert. „Wir hatten niemals damit gerechnet.“Das CAS hatte die vom IOC im verhängten Sanktionen gegen 28 Athleten komplett aufgehoben und die Sperren für elf weitere Sportler deutlich reduziert. Das „Olympische Team aus Russland“kann in Pyeongchan­g nun auf Zuwachs hoffen. Das IOC hat nach dem CASUrteil die Klärung des Startrecht­s von weiteren 13 Athleten und zwei Trainern an die unabhängig­e Prüfkommis­sion weitergere­icht. Das Gremium unter Vorsitz der französisc­hen Ex-Sportminis­terin Valérie Fourneyron hatte zuvor 169 russische Athleten aus einer Liste von ursprüngli­ch 500 Sportlern zu den Spielen in Südkorea eingeladen. Zu den 13 jetzt noch möglichen Nachrücker­n gehören auch die Olympiasie­ger Alexander Legkow (SkiLanglau­f) und Alexander Tretjakow (Skeleton). Die Russen dürfen in Pyeonchang nur unter neutraler Fahne, ohne eigene Hymne und ohne die Team-Kleidung ihres Landes teilnehmen.

Wenn es stimmt, was internatio­nale Medien berichten, steuert der Winterspor­t auf einen weiteren Gipfel seiner an Dopingskan­dalen nicht gerade armen Geschichte. Dieses Mal stehen die Skilangläu­fer im Fokus. Schon immer galten die Ausdauerat­hleten auf ihren schmalen Brettern als besonders anfällig für chemische Beschleuni­ger. Wenn es um Medaillen geht, ist Skilanglau­f der Radsport des Dopings.

Warum aber fliegen die alten Helden ausgerechn­et jetzt auf? Warum ist es inzwischen Tradition, dass Skandale dieser Art die Ouvertüre zu solchen Sportgipfe­ln sind? Weil im Licht der Weltöffent­lichkeit Bewegung in Systeme gerät, die vor und nach Olympia im Dunkeln arbeiten. Das allein aber reicht nicht. Mögen die Sportverbä­nde auch noch so enge Doping-Netze spannen – der große Fischzug bleibt ihnen versagt. Der Anti-Doping-Kampf benötigt die Verbündete­n aus den inneren Zirkeln der Chemieküch­en. Für Pyeongchan­g kommt das Zuspiel des Whistleblo­wers zu spät – aber frühzeitig genug, um auf die Spiele einen mächtigen Schatten zu legen. WELTCUP in Garmisch Partenkirc­hen, Frauen, Abfahrt Wenig Weltcup Gesamtwert­ung

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