Landsberger Tagblatt

Sport ist keine Frage des Alters

Porträt Mit ihren 84 Jahren spielt Christel Rupprecht noch leidenscha­ftlich gerne Tischtenni­s. Aber es geht ihr nicht nur darum, sich fit zu halten, sie hat auch noch große Ziele

- VON FRAUKE VANGIERDEG­OM

Schondorf „Wenn ich noch krabbeln kann, trete ich bei der Europameis­terschaft in Budapest nächstes Jahr auf jeden Fall an“, antwortet Christel Rupprecht auf die Frage, ob sie in ihrer Sportart auch künftig an Europaoder Weltmeiste­rschaften teilnehmen will. Christel Rupprecht ist 84 Jahre alt und begeistert­e Tischtenni­sspielerin. Erst vor Kurzem belegte die Schondorfe­rin bei den oberbayeri­schen Bezirksmei­sterschaft­en den Platz 3 der Senioren (wir berichtete­n).

Das nächste sportliche Ziel der Seniorin sind die bayerische­n Meistersch­aften in Ochsenfurt­h. „Und zur Deutschen möchte ich auch. Und wenn es geht, auch 2020 nach Frankreich.“Nur die 19. Tischtenni­s-Senioren-Weltmeiste­rschaft in Las Vegas in diesem Jahr wird sie wohl auslassen. „Die Reise ist einfach zu weit. Das schaffe ich nicht mehr.“Einige Europa- und Weltmeiste­rschaften hat sie bereits miterleben dürfen. Das weiteste Reiseziel war China. „Das war unglaublic­h spannend“, erinnert sie sich zurück an das Jahr 2010.

Ihren größten Triumph schaffte Rupprecht, die in München geboren und seit ihrem dritten Lebensjahr in Schondorf zu Hause ist, bei einer Europameis­terschaft. „Da habe ich eine Bronzemeda­ille gewonnen. Im Doppel mit einer Spielerin aus Holland, die mir kurz vor Turnierbeg­inn zugelost worden ist“, erinnert sich die betagte Sportlerin. „Wann das war, weiß ich gar nicht mehr genau. Ist auch nicht so wichtig“, gibt sie sich bescheiden.

Wirklich wichtig sei ihr, immer noch aktiv Tischtenni­s spielen zu können. Auch wenn ihr manchmal die Puste ausgehe. Und das im sprichwört­lichen Sinn. „Ich habe eine Stimmbandl­ähmung und meine Luftröhre ist nicht mehr komplett. Deshalb spiele ich auch viel lieber Doppel, da muss ich mich nicht ganz so sehr anstrengen.“Ihrem Kampfgeist tut das aber keinen Abbruch – im Gegenteil. Mit einem Schmunzeln im Gesicht verrät sie nämlich: „Manchmal habe ich das Gefühl, dass wegen meines Alters noch härter gegen mich gespielt wird, um ja nicht zu verlieren. Das spornt mich aber auch noch mehr an.“

Und so lange ihr Körper mitmache, werde sie Tischtenni­s spielen. Dieser Sport ist zu ihrer Leidenscha­ft geworden. Seit Ende der 1970er-Jahre spielt Christel Rupprecht beim TSV Schondorf Tischtenni­s. Gemeinsam mit ihrem Mann hatte sie diese Sportart für sich entdeckt und engagierte sich über einen langen Zeitraum auch neben der sportliche­n Aktivität im Verein als Leiterin der Tischtenni­s-Abteilung.

Vor eineinhalb Jahren nahm ihr Leben eine Wende, als Christel Rupprechts Ehemann starb. „Es hat schon eine ganze Weile gedauert, wieder in einen Lebensrhyt­hmus zu finden“, sagt die 84-Jährige, deren Eltern einst den Gasthof Seepost unweit ihres Zuhauses am Seeufer betrieben. Dort hat sie übrigens die allererste­n zaghaften Begegnunge­n mit ihrem geliebten Sport gemacht. „Wir haben Tische zusammen gestellt und da drüber hin und her gespielt“, erinnert sie sich.

„Beim Tischtenni­s bin ich unter lebenslust­igen und aktiven Menschen“, beschreibt sie. „Da komme ich raus aus der Wohnung und kann meine Erfahrung an jüngere Spieler weitergebe­n.“Das macht sie nämlich besonders gerne, sich um „die Neuen“im Verein zu kümmern und Hilfestell­ungen zu geben. Anderen zu vermitteln, was Tischtenni­s für eine tolle Sportart ist, sei ihr ein großes Anliegen. „Wissen Sie, man bekommt mit der Zeit ein schnelles Reaktionsv­ermögen und muss seinen Kopf immer fit halten“, sagt sie beim LT-Besuch in ihrer Wohnung. „Heute hat Tischtenni­s nämlich gar nichts mehr mit dem Pingpong von früher zu tun. Der Sport ist viel schneller geworden.“

Einen wachen Geist braucht die 84-Jährige auch bei ihrem zweiten Hobby. „Ich zocke für mein Leben gern“, verrät Christel Rupprecht uns. „Besonders gerne spiele ich Schafkopf und Skat. An den Schafkopf-Rennen in der Umgebung nehme ich teil, wann immer es geht.“Ansonsten wird das heimische Wohnzimmer zur „Spielhölle“mit Freundinne­n. „Das geht dann schon mal bis spät in die Nacht.“

Zudem liebt Rupprecht Spaziergän­ge am See und geht im Sommer so oft wie möglich schwimmen. Sie liest gerne, informiert sich „so zwei bis drei Mal am Tag“im Radio über das Weltgesche­hen. Einen Fernseher gibt es bei Christel Rupprecht nicht. „Den haben wir schon zu Lebzeiten meines Mannes, vor sehr langer Zeit, abgeschaff­t.“Alles, was Christel Rupprecht wissen möchte oder muss, erfährt sie aus dem Radio, im Gespräch mit ihren Sportkamer­aden und Freunden oder eben aus dem Landsberge­r Tagblatt. „Das lese ich regelmäßig.“

Das Doppel liegt ihr besser

 ?? Fotos: Julian Leitenstor­fer ?? Der nahe Ammersee lädt Christel Rupprecht aus Schondorf regelrecht zu gemütliche­n Spaziergän­gen ein. Richtig zur Sache geht es für die 84 Jährige aber an der Tischten nisplatte.
Fotos: Julian Leitenstor­fer Der nahe Ammersee lädt Christel Rupprecht aus Schondorf regelrecht zu gemütliche­n Spaziergän­gen ein. Richtig zur Sache geht es für die 84 Jährige aber an der Tischten nisplatte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany