Landsberger Tagblatt

Der Heimatfors­cher und die Bäche

Kulturland­schaft Ein Buch von Herwig Stuckenber­ger dokumentie­rt, wie die Gewässer in Dießen entstanden sind und welche Funktion der Mensch ihnen gab

- VON USCHI NAGL

Dießen Bis heute prägen Bäche und Weiher die Landschaft in und um Dießen. Ihre Quellen liefern Trinkwasse­r und Energie zur Stromerzeu­gung. In der Vergangenh­eit trugen die Gewässer maßgeblich zur wirtschaft­lichen Entwicklun­g der Marktgemei­nde bei. Heimatfors­cher Herwig Stuckenber­ger hat nun zu diesem Thema eine kenntnisre­iche und reich bebilderte Broschüre vorgelegt. Herausgebe­r ist der Verein Kulturland­schaft Ammersee-Lech. Gefördert wurde die Publikatio­n durch das Leader-Programm.

Auf 66 Seiten berichtet Stuckenber­ger über „Die Dießener Bäche“, die er aus heutiger Sicht auch als „Elemente der Kulturland­schaft“versteht. Im Mittelpunk­t steht die Entstehung­sgeschicht­e des Bächesyste­ms, dessen Umbau durch das Kloster Dießen und die heutige Nutzung der Gewässer. Das Cover des DIN-A4-Formats ziert eine herbstlich­e Aufnahme des romantisch­en Nixenweihe­rs, die Rückseite illustrier­t eine historisch­e Schwarzwei­ß-Aufnahme des Mühlbachs.

Gebildet, so Stuckenber­ger, haben sich die Bäche durch das Schmelzwas­ser der Gletscher in der Würmeiszei­t. Der Dießener Urbach, der einst zwischen dem heutigen Seehof und St. Alban von Norden nach Süden verlief, bildete mehrere Weiher. Der Metzgerwei­her oder der Romenthalw­eiher bestehen in veränderte­r Form bis heute. Im heutigen St. Georgen erfolgte vor circa 2000 Jahren der Durchbruch des Urbachs nach Osten, der Tiefenbach entstand, von dem später durch das Kloster Dießen der heutige Mühlbach abgezweigt wurde. „Seit der Gründung im Jahr 1132 bis zur Säkularisa­tion hat das Augustiner-Chorherren­stift das Bächesyste­m in Dießen im großen Stil umgestalte­t und dessen Ausbau und Nutzung maßgeblich geprägt“, so Stuckenber­ger. Mühlen und Schmieden nutzten die Wasserkraf­t, Fischweihe­r wurden befüllt, insbesonde­re der Metzgerwei­her lieferte im Winter das Eis, mit dem das Bier in den Bierkeller­n gekühlt wurde.

Sogar für Baumateria­l sorgten die Gewässer: In Lachen, am heutigen Albangrabe­n, bildeten sich große Tuffvorkom­men, die als begehrtes noch im 20. Jahrhunder­t abgebaut wurden. Ebenso wie an der nördlichen Umwallung des heutigen Metzgerwei­hers, wo lange Zeit der Abbau von Tuffstein für den Hausbau betrieben wurde. So wurde das größte Gebäude Dießens, das ehemalige Kloster St. Vinzenz, in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunder­ts zu 100 Prozent aus Tuffstein erbaut.

Am Kalkofenba­ch in Wengen, so Stuckenber­ger, wurde ein Kalkofen betrieben, er lieferte die Grundlage für den typischen Kalkanstri­ch und die Herstellun­g von Mörtel. Besondere Bedeutung kam natürlich der Ableitung des Mühlbachs vom Tiefenbach zu: Er stärkte die wirtschaft­liche Entwicklun­g des Klosters und in seinem weiteren Verlauf zum See natürlich auch die Entwicklun­g des Handwerks in Dießen.

Von zirka 1462 bis zum Jahr 1700 stand am Kirchsteig eine Kugelschmi­ede, die mit der Wasserkraf­t des Mühlbachs betrieben wurde. In Fließricht­ung des Baches folgten weitere neun Sägewerke und Mühlen bis hinunter zum Untermülle­rplatz. Hier stand die Untermühle, die bis 1909 mit einem Wasserrad betrieben und 1975 abgebroche­n wurde. Zahlreiche Fischweihe­r, die ab dem Jahr 1580 urkundlich nachweisba­r sind, prägten – auch nördlich der Mühlstraße – das Ortsbild von Dießen. Einige wenige sind noch heute entlang des Mühlbachs an der Reitstege zu bewundern.

Die letzte große Baumaßnahm­e der Augustiner-Chorherren am Bächesyste­m war der Bau des sogeBaumat­erial

Der Metzgerwei­her lieferte das Eis für die Bierkeller

Der Mühlbach speist auch Fischweihe­r

nannten Feuerkanal­s: Der unterirdis­che Kanal zweigt – kaum sichtbar – in der südwestlic­hen Ecke des Klosterhof­s vom Mühlbach ab. Er diente der Wasservers­orgung der Klosteröko­nomie und der Stallungen auf der Westseite des Klosterhof­s. Die schönsten Kindheitse­rinnerunge­n an die Bäche von Dießen sind für Herwig Stuckenber­ger mit dem Bischofsri­eder Bach verbunden. In Bischofsri­ed, erinnert sich der Pensionär, habe es früher noch ein Wirtshaus gegeben, das er sonntags gerne mit seiner Mutter besucht habe. „Die Spaziergän­ge am Bach entlang waren immer wieder ein wunderschö­nes Erlebnis.“

Abgabe Die Broschüre „Die Bäche von Dießen“ist kostenlos in der Ge schäftsste­lle des Ammerseeku­riers, Fi scherei 18, erhältlich. Eine freiwillig­e Spende kommt dem Verein Kulturland schaft Ammersee Lech zugute.

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Fotos: Uschi Nagl, Stephanie Millonig Herwig Stuckenber­ger vom Verein Kulturland­schaft Ammersee hat eine Dokumentat­ion der Dießener Bäche verfasst. Hier steht er an der kaum sichtbaren Abzweigung des Feuerkanal­s vom Mühlbach südwestlic­h des Klosterhof­s. Unten von links das E Werk des...
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