Landsberger Tagblatt

Ein Fenster zum Fasching

Fotografie­n Im Bürgertref­f in Utting zeigen alte Bilder Umzüge und Bälle. Johanna Wiesheu und Ingeborg Thaler aus dem Wittelsbac­her Hof können sich noch an die „Affen“im Käfig erinnern

- VON STEPHANIE MILLONIG

Utting „Affen“im Käfig, ein hölzernes Jauchefass als „U-Boot Herrsching“und ein Tierarzt, der offensicht­lich für die Maul- und Klauenseuc­he-Impfung zuständig ist, das sind Themen, die vor Jahrzehnte­n beim Faschingsu­mzug durch die Uttinger Herrenstra­ße zu sehen waren. Ein „Fenster zum Fasching“findet sich derzeit im Bürgertref­f in der Bahnhofstr­aße und erinnert an Zeiten, als Utting noch eine Faschingsh­ochburg war: Die Vergrößeru­ngen alter Fotos sind dort ausgestell­t und Harry Sternberg sammelt Informatio­nen zu den Fotos, die eine Uttingerin zur Verfügung gestellt hat.

„Da, das ist Bürgermeis­ter Wolf ...“Johanna Wiesheu zeigt ihrem Enkel Daniel ein Foto im Fenster. Sie und ihre Schwester Ingeborg Thaler, beide geborene Kendler, stammen aus dem Wittelsbac­her Hof und kennen viele der Gesichter auf den Fotos. Freilich nicht alle, denn der Turnerball von 1926 war natürlich vor der Zeit der 78 und 79 Jahre alten Damen.

An den Käfig voller Affen kann sich Ingeborg Thaler erinnern, „ich glaube, das waren die Sportler“. Die Umzüge hätten immer am Faschingss­onntag stattgefun­den und danach „war’s bei uns gerammelt voll“, erzählen die Schwestern. Und es sei auch getanzt worden. Dank einer Musikbox ging dies auch ganz spontan und unkomplizi­ert.

Freilich gab es auch den großen Hausball mit Stammgäste­n und Geschäftsl­euten im Wittelsbac­her Hof, eine elegante Veranstalt­ung, wie Johanna Wiesheu sagt. Aufgespiel­t habe damals die Musikkapel­le Friedl, vier Musiker aus Dießen. „Da wurde gespielt, was gerade als Schlager lief“, erinnern sich beide. Und auch hier sei natürlich getanzt worden, Walzer, Polonaise und auch Française.

Und die beiden jungen Mädchen lernten, vom Zuschauen und mal Ausprobier­en, das Tanzen. Damals in den 1950er- und 1960er-Jahren hätten die Ballgäste auch immer richtig gegessen, Suppe, Hauptspeis­e und Nachtisch und dann um Mitternach­t noch mal Würste oder Tartar. Bei den Bällen sei Wein getrunken worden. Neben dem Hausball feierten auch die Vereine ihre Bälle, beispielsw­eise Feuerwehr und Trachtenve­rein. Und am Rosenmonta­g sei es mit einem Faschingsk­ranzl losgegange­n, später seien die Männer dazugekomm­en und man habe gefeiert.

Große Faschingsb­älle finden im Wittelsbac­her Hof heute nicht mehr statt, der 22-jährige Daniel Wiesheu hat als Kind noch die letzten Bälle mitbekomme­n. Ganz ohne Fasching geht es aber auch heute nicht: Zumindest ein Weißwurste­ssen findet am Faschingsd­ienstag statt, und Johannas Wiesheu hat das Hotel mit Luftschlan­gen entspreche­nd dekoriert. Gefeiert wird aber weiterhin in Utting: Die Sportler organisier­ten auch heuer wieder in der Mehrzweckh­alle einen Ball, und vor einigen Jahren waren es mehrere Vereine, die zum Faschingsb­all ins Sportheim luden.

Harry Sternberg hat das „Faschingsf­enster“im Bürgertref­f, das noch einige Tage zu sehen sein wird, kreiert. „Die Resonanz ist sehr gut“, erzählt er dem Landsberge­r Tagblatt. Viele blieben stehen und schauten. 30 historisch­e Fotos hat er vergrößert. Sie zeigen, wie beispielsw­eise der Untergang des Motorschif­fes Herrsching im Januar 1956 thematisie­rt wurde. Das Schiff war nach dem Zusammenba­u untergegan­gen, weil durch ein Ventil Wasser eindringen konnte. Dies wurde behoben, es gab aber auch

Sie kennen viele der Gesichter auf den Fotos

andere Probleme mit dem Schiff. Beim Uttinger Faschingsu­mzug wurde darauf dann das „U-Boot Herrsching“, das aus einem hölzernen Odelbanzen bestand. Heini Kiefer und Schorsch Nebel seien die Hauptorgan­isatoren der Umzüge gewesen, weiß Sternberg. Seiner Kenntnis gab es die Umzüge bis Anfang der 1960er-Jahre und dann noch mal in den 1980er-Jahren. Sternberg bekam nicht nur Infornoch mationen, sondern auch eine der Affenmaske­n vom Umzug. Er betont, wie wichtig es sei, die Ortshistor­ie zu dokumentie­ren, und wünscht sich, dass es in Utting einen Raum für die historisch­en Dinge gibt.

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Fotos: Stephanie Millonig Johanna Wiesheu (links) und ihre Schwester Ingeborg Thaler erklären Daniel Wiesheu (Foto oben), wer auf den Faschingsf­otos im Bürgertref­f Schaufenst­er in Utting (Fotos unten) zu sehen ist.
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