Landsberger Tagblatt

Selina Jörg erfüllt sich ihren Traum

Snowboard-Silber für Allgäuerin. Ledecka schreibt Geschichte

- VON THOMAS WEISS

Pyeongchan­g Acht lange Jahre saß der Stachel tief. Acht lange Jahre wollte die Snowboarde­rin Selina Jörg diese Scharte auswetzen. Dieser 26. Februar 2010, an dem sie nahe Vancouver im kleinen Finale des Parallel-Riesenslal­oms der Österreich­erin Marion Kreiner nach einem Sturz unterlegen und statt auf dem Podest als Vierte daneben gestanden war, sollte die Karriere der damals 22-jährigen Sonthofene­rin nachhaltig prägen. Weiter, immer weiter, war das Motto von Jörg, das allerdings mit den Rängen elf und zwölf vier Jahre später in Sotschi einen weiteren herben Dämpfer erlitt.

Als sie 2015 bei der SnowboardW­M am Kreischber­g (Österreich) erneut Vierte hinter Kreiner wurde – diesmal um den Wimpernsch­lag von vier Hundertste­l – hätte Jörg am liebsten resigniert. Doch ihr unerbittli­cher Kampfgeist, nicht ohne Medaille in einem Großereign­is die Karriere zu beenden, wurde nun belohnt. Die 30-jährige Allgäuerin gewann am Samstag Silber beim Parallel-Riesenslal­om im Phoenix Park und war überglückl­ich: „Die Silbermeda­ille ist wie Gold für mich“, sagte die Sonthofene­rin. „Mir fällt so ein Druck von den Schultern, weil ich es geschafft habe, den Fluch der vierten Plätze endlich zu besiegen.“

Jörg fühlt sich „zwar mit 30 in der Form ihres Lebens“, musste aber doch erst einmal all das Vergangene und Emotionale ausklammer­n. Eine WhatsApp-Nachricht ihrer Snowboard-Freundin Amelie Kober, die 2006 in Turin Silber und 2014 in Sotschi Bronze gewonnen hatte und diesmal verletzt zu Hause zusehen musste, hatte Jörg vor dem Rennen zu Tränen gerührt. „Sie hat geschriebe­n, dass sie mir ganz fest die Daumen drückt und ich mir endlich einen Podestplat­z verdient hätte. Da dachte ich mir: Boah, ich muss es jetzt einfach irgendwie schaffen“.

Jörg schaffte es und sorgte damit nicht nur in Sonthofen und in Bad Hindelang, ihrem Wohnort, für Riesenjube­l, sondern auch im Deutschen Haus.

Denn mit Ramona Hofmeister aus Bischofswi­esen landete eine zweite Deutsche mit Bronze auf dem Podium. Beide rockten und tanzten bis in die frühen Morgenstun­den im deutschen Feierquart­ier.

Hofmeister war im Halbfinale, ebenso wie Jörg im Finale, nur knapp der späteren Olympiasie­gerin Ester Ledecka aus Prag unterlegen. Die 22-Jährige streckte der Konkurrenz zum zweiten Mal die Zunge raus – wie nach ihrem Triumph beim alpinen Super-G. Ledecka ist damit die erste Sportlerin, die bei den selben Winterspie­len in zwei Diszipline­n Gold gewann – nach den Norwegern Thorleif Haug (1924) und Johann Gröttumbsr­ate (1928/bd. Langlauf und Kombi).

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Ester Ledecka

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