Kopf und Kragen riskiert
Amtsgericht Eine Frau bekommt einen Strafbefehl wegen versuchter Strafvereitelung. Im Prozess handelt sie sich beinahe ein weiteres Verfahren gegen sich ein
Landsberg Doch noch zurückgenommen hat eine Frau, 44, ihren Einspruch gegen einen Strafbefehl in Höhe von 1600 Euro, über den vor dem Landsberger Amtsgericht verhandelt wurde. Dieser war ihr wegen versuchter Strafvereitelung auferlegt worden. Nach Überzeugung von Richter Michael Eberle hatte die Frau gegenüber der Polizei die Identität eines ihr bekannten Mannes verheimlicht, der Polizeibeamte als „asozial“beschimpft haben soll und zudem per Haftbefehl gesucht wurde.
Eberle ermahnte die 44-Jährige energisch, bei der Wahrheit zu bleiben, nachdem er den Eindruck gewonnen hatte, die Frau rede sich um Kopf und Kragen. Ansonsten drohe ihr ein weiteres Verfahren, wenn sie bei ihren „falschen Verdächtigungen“gegenüber der Polizei bleibe.
Zwei der vier Beamten, die am 23. April 2017 bei dem Einsatz im Stadtzentrum dabei waren, sagten als Zeugen aus. Sie kontrollierten dort zu nächtlicher Stunde, ob drei Jugendliche einen Platzverweis einhalten, der in einem Lokal gegen sie verhängt worden war. Dabei lief den Gesetzeshütern ein unbekannter Mann schreiend in die Hände. Er habe sie beschimpft, unter anderem als „asoziale Polizisten“. Einen Ausweis habe er nicht bei sich gehabt. Angeblich hatte er das Dokument verloren. Bei der Durchsuchung soll sich der Mann heftig gewehrt haben. So wurde er schließlich in das Dienstauto „gesetzt“und zur Inspektion gefahren, um seine Personalien festzustellen.
Seine Begleiterin, das war die Angeklagte, blieb zunächst mit dem Hund des Mannes am Ort des Geschehens zurück. Später kam die Frau zur Inspektion, um zu erfahren, wann der festgenommene Mann das Polizeigebäude wieder verlassen könne. Zur Aufklärung seiner Identität trug die 44-Jährige wenig bei: Weder im Stadtzentrum noch in der Inspektion. Sie gab zunächst an, den Mann nur flüchtig zu kennen, und dass er nicht in ihrer Nähe im nördlichen Landkreis wohne. Weiter sagte sie, dass sie von den Beamten zu keiner Zeit „aktiv“zur Person des Mannes befragt worden sei. Die Polizisten widersprachen: „Das stimmt sicher nicht“, beteuerten sie übereinstimmend im Zeugenstand. Die Frau sei nicht nur einmal, sondern mehrmals darauf angesprochen worden. Das Rätsel um die Person des Mannes konnte schließlich doch gelöst werden. Zuerst wurde ein Fingerabdruck von ihm genommen. Und dann wurde im PolizeiComputer nach ihm gesucht. Gleich mit doppeltem Erfolg: Zum einen stießen die Beamten auf einen Zeitungsbericht mit einem Bild, das die beiden – den Mann und die Angeklagte – zeigt. Und zum anderen kam im PC ein Haftbefehl zum Vorschein, wonach der Mann wegen einer anderen Straftat gesucht wurde. Dafür wurde er zwischenzeitlich zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Das teilte Rechtsanwalt Andreas Thomalla – er verteidigte die Angeklagte – auf Anfrage des Richters mit.
Im Lauf der Verhandlung sagte die Frau dann, dass sie seit Juli 2016 mit dem Mann verlobt sei. Das Motiv für diese Aussage dürfte wohl gewesen sein: Wer die Bestrafung eines Angehörigen vereitelt oder vereiteln will, geht nach dem Gesetz straffrei aus. Doch weder der Richter noch Staatsanwältin Julia Ehlert nahmen ihr das ab. Denn nirgendwo lasse sich ein Beweis oder ein anderer Anhaltspunkt hierfür finden.
Eberle erschien es schließlich sinnvoll, die Verhandlung nicht mit diesem „Aussagen-Durcheinander“zu beschließen. Der Richter ordnete eine Sitzungspause an, in der sich die Frau und ihr Verteidiger besprechen konnten. Danach kamen sie mit der Botschaft zurück, dass sie den Einspruch gegen den Strafbefehl zurücknehmen.