Zahlen oder nicht?
Straßenausbau Die Geltendorfer Verwaltung sieht sich bei der Frage, ob noch Beiträge erhoben werden sollen, in einer Zwickmühle. Der Gemeinderat sendet jedoch nicht das erbetene Signal
Geltendorf Die angekündigte Abschaffung der Straßenausbaubeiträge sorgt in der Geltendorfer Verwaltung für Kopfzerbrechen. Dies auch deshalb, weil es für die Gemeinde um einen hohen sechsstelligen Eurobetrag geht, der nach der bisherigen Rechtslage von Anliegern der Bahnhof-, Schul- und Moorenweiser Straße in Geltendorf und der Waberner Straße in Walleshausen eigentlich verlangt werden könnte. Wie sie nun vorgehen soll, das wollte die Verwaltung jetzt durch einen Gemeinderatsbeschluss abgesichert wissen. Doch ein solcher wurde nicht gefasst.
Die Verwaltung sieht sich in einer Zwickmühle: Nach dem Kommunalabgabengesetz sind Gemeinden dazu verpflichtet, Straßenausbaubeiträge zu erheben. Geschehe dies nicht, komme dies dem Straftatbestand der Veruntreuung öffentlicher Gelder nahe.
Allerdings: Die CSU-Landtagsfraktion beschloss auf ihrer Klausurtagung im Januar, die Beiträge abzuschaffen, dasselbe Ziel wollen die Freien Wähler notfalls mit einem Volksbegehren erreichen.
Anfang Februar wies das Innenministerium nun darauf hin, dass Bescheide auf Basis der Straßenausbaubeitragssatzung bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens nicht mehr erlassen werden sollen. Der Einschätzung der Verwaltung zufolge gibt es jedoch keine gesetzliche Regelung, die es erlaube, auf die Erhebung dieser Beiträge zu verzichten. Vielmehr sei es unrechtmäßig, die Beitragserhebung offiziell auszusetzen. Die Einnahme- ausfälle für die Gemeinde seien für die Haushaltsberatungen schwer darstellbar.
Die Beitragspflicht sei nach aktueller gesetzlicher Regelung für die Maßnahmen Bahnhofstraße (Gehweg) und Schulstraße bereits im Jahr 2016 entstanden, teilweise schon abgerechnet (Bahnhofstraße zu etwa 80 Prozent), aufgrund personeller Engpässe aber noch nicht abschließend beschieden. Die vierjährige Verjährungsfrist laufe seit Januar 2017. Die Beitragspflicht zu den Maßnahmen in der Moorenweiser Straße sei noch nicht entstanden, weil noch nicht alle Abrechnungsunterlagen vorliegen. Ähnlich sei der Sachverhalt für die Waberner Straße in Walleshausen.
Bürgermeister Wilhelm Lehmann (Unabhängige Bürger) sah in dem Schreiben des Innenministeriums beinahe eine „Aufforderung zu einer strafbaren Handlung“, Ernst Haslauer (SPD) verwehrte sich dagegen, dass der Gemeinderat hier einen „Passierschein“liefern soll, um zeitliche Verzögerungen zu egalisieren, die mit der anstehenden Rechtsänderung nicht zusammenhingen. Haslauer wollte erst vom Gemeindetag versichert haben, dass keine strafbare Handlung entstehe. Elisabeth Raymann von Löwen (CSU) fragte, inwieweit denn eine Gesetzesänderung überhaupt rückwirkend Rechtskraft entfalte. Thomas Stoklossa (Unabhängige Bürger) stellte fest, dass die Gründe, warum bisher nicht abgerechnet wurde, auch für die nächsten Monate andauern und daher keine Beschlussfassung notwendig sei. Bürgermeister Lehmann bewertete diese mehrfach vorgetragene Sichtweise als „feige“. Letztendlich stimmte der Gemeinderat bei vier Gegenstimmen dem Vorschlag von Josef Weiß (CSU) zu, dass hier kein Beschluss zu fassen sei.
Nahe an einem Straftatbestand?