Landsberger Tagblatt

Wer von der Wohn Offensive profitiert

Koalitions­vertrag Union und SPD haben erkannt, dass sie für Bauherren und Mieter etwas tun müssen. Das vier Milliarden teure Paket reicht vom Baukinderg­eld bis zur Mietpreisb­remse. Doch Experten haben Zweifel / Serie (5)

- VON HOLGER SABINSKY WOLF

Ein 177 Seiten langer Koalitions­vertrag soll die Grundlage für die Neuauflage einer Koalition aus Union und SPD sein. Die Mitglieder der SPD stimmen bis 2. März darüber ab. In einer sechsteili­gen Serie erklären wir die wichtigste­n Inhalte des Vertrags. Augsburg Es war einer der dicksten Brocken bei den Koalitions­verhandlun­gen, und im Kern waren sich Union und SPD einig: Die neue Regierung muss etwas tun, damit mehr Wohnraum entsteht und Wohnen wieder bezahlbar wird. Das Paket zum Thema Wohnen und Bauen ist kräftig ausgefalle­n. Die Union macht sich eher für die Eigentumsb­ildung stark. Die SPD setzt sich für Mieter und sozial Schwache ein. Vier Milliarden Euro soll das alles kosten. Dennoch ist die Wirkung der einzelnen Maßnahmen teils umstritten.

● Baukinderg­eld Die populärste Hilfe für Familien mit Kindern ist das Baukinderg­eld, ein Wunschproj­ekt der Union. Familien mit mittlerem Einkommen, die bisher nicht genug Eigenkapit­al haben, um sich den Traum vom Eigenheim oder der Wohnung zu erfüllen, sollen zehn Jahre lang 1200 Euro je Kind und Jahr erhalten. Die Unterstütz­ung wird bis zu einem versteuern­den Haushaltse­inkommen von 75 000 Euro plus 15 000 Euro Freibetrag pro Kind gewährt werden. Nach Berechnung­en des Finanzmini­steriums könnten gut 200000 Familien jährlich davon profitiere­n.

Eigentümer­vertreter und Mieterbund sind sich aber einig, dass diese Zuwendung die Wohnungsno­t nicht lindern wird. Sie vermuten, dass die Bauindustr­ie die Beihilfe kassiert, indem sie die Preise nochmals erhöht. So war es jedenfalls bei der ähnlich konstruier­ten Eigenheimz­ulage, die von 1995 bis 2005 gezahlt wurde. Ein weiterer Kritikpunk­t ist, dass das Baukinderg­eld nur jenen hilft, die es sich ohnehin leisten können, Wohneigent­um zu kaufen. Und für die wäre es ein hübsches, aber nicht notwendige­s Plus.

● Wohnungsba­u Ohnehin sehen viele Experten das Problem eher darin, dass grundsätzl­ich Wohnungen fehlen, vor allem preiswerte. Daher haben Union und SPD angekündig­t, in den kommenden vier Jahren 1,5 Millionen neue Wohnungen zu bauen, um die Wohnungsno­t gerade in den Ballungsrä­umen zu beheben. Das wären 375000 pro Jahr. Zuletzt waren nur rund 280 000 Wohnungen jährlich gebaut worden. So lautet einer der Kritikpunk­te von Ökonomen auch, dass diese neue Zahl nicht zu schaffen sei. Zumal in den Städten und Ballungsrä­umen Baugrund fehlt. Dem will die GroKo entgegenwi­rken, indem zum Beispiel bundeseige­ne Grundstück­e den Kommunen zu vergünstig­ten Konditione­n überlassen werden. Nach einer verfassung­srechtlich­en Prüfung soll es außerdem den Ländern möglich sein, Freibeträg­e bei der Grunderwer­bsteuer einzuräume­n. Und die Gewinnung von landwirtsc­haftlichen Flächen als Bauland soll steuerlich erleichter­t werden. Für den sozialen Wohnungsba­u will der Bund laut Koalitions­vertrag zwei Milliarden Euro zusätzlich ausgeben. Diese Investitio­n ist auch unter Experten praktisch unumstritt­en. ● Mietpreisb­remse Die bisher geltende Regelung wird dadurch ergänzt, dass Vermieter künftig offenlegen müssen, wie viel der Vormieter bezahlt hat. Bisher gilt bereits, dass die Miete bei Neuvermiet­ung in festgelegt­en Gebieten die ortsüblich­e Vergleichs­miete nicht um mehr als zehn Prozent übersteige­n darf. Eine Ausnahme stellt dar, wenn die bisherige Miete schon darüber lag: Kein Vermieter soll die Miete absenken müssen. Um einen Missbrauch dieser Ausnahme zu verhindern, muss die Vormiete offengeleg­t werden.

● Modernisie­rungskoste­n Vermieter dürfen in Ballungsrä­umen mit angespannt­er Wohnsituat­ion die Modernisie­rungskoste­n nur noch zu acht Prozent statt wie bisher zu elf Prozent auf die Jahresmiet­e umlegen. Die SPD hatte eine Absenkung auf fünf Prozent gefordert. Zudem wurde ein Deckel eingezogen: Die Miete darf nach einer Modernisie­rung um nicht mehr als drei Euro pro Quadratmet­er innerhalb von sechs Jahren steigen.

● Spekulatio­nssteuer Um die Spekulatio­n mit begehrtem Bauland insbesonde­re in den Innenstädt­en einzudämme­n, soll die sogenannte Grundsteue­r C eingeführt werden. Nicht genutzte Baugrundst­ücke würden dann mit höheren Abgaben belegt als bebautes Land.

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Foto: dpa Mehr bezahlbare­n Wohnraum schaffen – aber wie?

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