Landsberger Tagblatt

Der Privatmann Söder und die Herren mit Hut

Vorwahlkam­pf Noch ist der 51-jährige CSU-Politiker nicht zum Ministerpr­äsidenten gewählt, aber schon jetzt arbeitet der Franke an seinem Image als tatkräftig­er Landesvate­r in der Nachfolge von Strauß und Stoiber

- VON ULI BACHMEIER

Bad Tölz In Bad Tölz gibt es ein großes Kino. Und ganz großes Kino soll an diesem Abend hier auch gegeben werden. Finanzmini­ster Markus Söder ist da. Markus Söder persönlich. Der 51-jährige Franke, der im März zum neuen bayerische­n Ministerpr­äsidenten gewählt wird, startet seine Vorwahlkam­pftour tief in Oberbayern. Er beginnt in der Gegend, in der vor zehn Jahren der letzte Ministerpr­äsident aus Franken, Günther Beckstein, gescheiter­t ist, weil ihm viele CSU-Stammwähle­r die Gefolgscha­ft verweigert hatten. Mit Söder als Frontmann soll es dieses Mal besser laufen für die Christsozi­alen.

„Es sind welche mit Hut drin, das ist gut“, sagt ein Parteistra­tege im Foyer. Wie bitte? Ja, auch Männer mit Hut und Trachtenja­nker, g’stand’ne oberbayeri­sche Mannsbilde­r, sitzen im Saal 3 des „Isar Kinocenter“unter den rund 300 Gästen. Auf die komme es hier besonders an. Der Bezirk Oberbayern sieht sich als Kernland der CSU. Und die Hutträger sind im Selbstvers­tändnis der Partei so etwas wie der oberbayeri­sche Traditions­kern. „The core“sozusagen, „Der innere Kern“, wie ein Science-FictionFil­m aus dem Jahr 2003 hieß.

Söder mag das alles: Kino, Science-Fiction, die CSU, den Freistaat Bayern. Sein erster Held, das verrät er gleich zu Beginn des Zwiegesprä­chs mit Moderator Ralf Exel, war Captain Kirk (Raumschiff Enterprise). Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber, seine großen Vorbilder, kamen erst später dazu. Von Captain Kirk und den Helden aus „Star Wars“habe er gelernt: „Die Humanität macht den Menschen in den Tiefen des Alls einzigarti­g.“

Söder, völlig losgelöst? Auf dem leuchtend blauen Plakat schaut es ein bisserl so aus: In der Mitte der Hauptdarst­eller, links ein bayerische­r Löwe, rechts ein Engel, dazu das Motto: „Söder persönlich – Heimat, Glauben, Sicherheit, Soziales und Visionen.“Im Kinosaal in Tölz aber kommt der Politiker Söder dann doch recht schnell darauf zu sprechen, was er vom Privatmann Söder preisgeben will.

Ein „braver Schüler“sei er gewesen, zumindest in der Grundschul­e. Später am Gymnasium sei es schwierige­r gewesen. Da habe der Vater gesagt: „Entweder du schaffst die Schule oder du gehst auf den Bau.“Das habe geholfen. „Am Schluss hat’s dann doch für ein Einser-Abitur gereicht“, sagt Söder. Das Handwerk wär’ eh nix gewesen. Auch das habe der Vater schnell erkannt: „Bub, du hast zwei linke Hände, aber ein großes Mundwerk. Das reicht höchstens für Pfarrer oder Politiker.“

Söder will nicht nur Ministerpr­äsident werden. Dafür reicht ihm im März die absolute Mehrheit der CSU im Landtag. Er will im Oktober von den Bürgern gewählt werden und für seine Partei ein Ergebnis holen, das die aktuell miesen Umfragewer­te um die 40 Prozent vergessen lässt. Vielleicht sogar wie- der die absolute Mehrheit? Darüber redet Söder an diesem Abend nicht.

Er arbeitet an seinem Image als tatkräftig­er Landesvate­r: „Ich habe den Willen, etwas zu verändern.“Von seiner ersten Regierungs­erklärung, so sagt er, „darf man ein Feuerwerk erwarten“. Den rauflustig­en

Die Humanität des Menschen in den Tiefen des Alls

CSU-Generalsek­retär, der er einmal war, will er hinter sich gelassen haben: „Als junger Mann hat man noch so manche Flausen im Kopf.“Ganz ohne Breitseite auf den politische­n Gegner aber geht es auch an diesem Abend nicht: „Wenn man an Bayern denkt, denkt man an Berge, an Landschaft, an Essen, an Bier und tolle Autos – aber man denkt nie an die SPD.“

Zwei Prägungen seiner Persönlich­keit stellt Söder in den Vordergrun­d. Zum einen seine beiden politische­n Vorbilder, Strauß und Stoiber. „Bis heute ist fast jeder Satz von Strauß ein Psalm für die CSU“, sagt Söder und raunt, manch eine Gruppierun­g wäre heute nicht im Bundestag, wenn die Union den Prinzipien von Strauß gefolgt wäre. Über Stoiber sagt er: „Ich war immer ein Fan von Stoiber, auch weil er so etwas wie der legitime Nachfolger von Strauß war.“Er fühle sich, so Söder, ein bisschen wie Stoibers „Adoptivsoh­n“. Der aktuelle CSU-Chef Horst Seehofer kommt in dieser Auflistung nicht vor. Erst ganz zum Schluss ist von ihm die Rede. Er habe mit Seehofer „in der Sache immer sehr eng zusammenge­arbeitet“, sagt Söder. Er sagt aber auch: „Es war nicht immer eine leichte Zeit.“Zum anderen spricht der Protestant Söder lange über seine Prägung durch den Glauben. „Der gibt mir sehr viel Kraft.“Er berichtet vom plötzliche­n Tod seiner Mutter und vom langsamen Sterben seines Vaters. Über diese Erlebnisse sei er zu einem Gebetskrei­s gekommen. Dort habe er gelernt, offen über seinen Glauben zu reden, sagt Söder und fordert auch politisch ein offensives Bekenntnis zum Christentu­m ein, etwa wenn es um Kreuze in öffentlich­en Gebäuden geht: „Kreuze abhängen ärgert mich deswegen, weil sie nicht nur Zeichen einer Konfession sind, sondern ein Grundbesta­ndteil unserer Menschenwü­rde. Ich würde mir mehr wünschen, dass man wieder welche aufhängt.“

Rund zwei Stunden dauert der Abend im Tölzer Kino. Der Applaus des Publikums ist freundlich, aber nicht euphorisch. Auch die Herren mit Hut klatschen.

 ?? Foto: Andreas Gebert, dpa ?? „Söder persönlich“– so heißt die Gesprächsr­eihe, bei der sich der designiert­e bayerische Ministerpr­äsident Markus Söder dem Wahlvolk präsentier­t. Bilder aus Kindheit und Jugend gehören dazu. Kommenden Montag um 18 Uhr kommt Söder ins „Cinedrom“nach...
Foto: Andreas Gebert, dpa „Söder persönlich“– so heißt die Gesprächsr­eihe, bei der sich der designiert­e bayerische Ministerpr­äsident Markus Söder dem Wahlvolk präsentier­t. Bilder aus Kindheit und Jugend gehören dazu. Kommenden Montag um 18 Uhr kommt Söder ins „Cinedrom“nach...

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