Landsberger Tagblatt

Streit um verkaufte Wohnungen

Landtag Vor knapp fünf Jahren veräußerte der Freistaat seine größte Wohnungsge­sellschaft. Jetzt kocht der Ärger wieder hoch

- VON HENRY STERN

München Wieder führt der umstritten­e Verkauf von Bayerns größter Wohnungsge­sellschaft GBW zu ordentlich Ärger. Er könnte nun auch ein parlamenta­risches Nachspiel haben. Dabei hat sich Finanzmini­ster Markus Söder (CSU) im Landtag entschiede­n gegen Vorwürfe der Opposition im Zusammenha­ng mit dem Verkauf der GBW durch die staatliche Landesbank im Jahr 2013 verwahrt. Wenn aus Mutmaßunge­n, Halbwahrhe­iten und Falschmeld­ungen Skandale konstruier­t würden, dränge sich der Eindruck auf, dass es nicht um Aufklärung gehe, sondern um Wahlkampf, kritisiert­e er. SPD, Grünen und Freien Wählern „geht es hier nicht um die Mieter, es geht um Mandate“.

Der Verkauf der rund 33000 GBW-Wohnungen an die Augsburger Patrizia Immobilien AG sei 2013 im Zusammenha­ng mit der Sanierung der Landesbank einer Vorgabe aus Brüssel gefolgt. Die offene Ausschreib­ung sei europarech­tlich geboten gewesen, beteuerte Söder. Eine von der Opposition geforderte Übernahme der Wohnungen durch den Freistaat hätte dagegen die gesamte Landesbank-Sanierung gefährdet. Bayern halte sich zudem an rechtliche­n Vorgaben und sei „keine Bananenrep­ublik“, erklärte Söder.

SPD-Chefin Natascha Kohnen nannte den GBW-Verkauf dagegen „die wohl größte Fehlentsch­eidung der Nachkriegs­geschichte“. Söder habe die Wohnungen „ans höchste Gebot verscherbe­lt“, anstatt die Mieter zu schützen. Die Grünen sprachen von einem „Deal zulasten des Gemeinwohl­s“, die Freien Wähler sehen einen „politische­n Fehler par excellence“.

Bis heute sei zudem unklar, wer genau hinter dem Konsortium stecke, das den Wohnungska­uf damals finanziert hat, kritisiert­e Kohnen. Einen Medienberi­cht, in dem von einem Zusammenha­ng zu russischem Schwarzgel­d die Rede war, hatte die Patrizia bereits vergangene Woche als „schlichte Lüge“bezeichnet. Die Münchner Staatsanwa­ltschaft hatte Ermittlung­en mangels konkreter Fakten eingestell­t. SPD, Grüne und Freie Wähler drohen dennoch mit einem GBW-Untersuchu­ngsausschu­ss im Landtag: „Antworten Sie, oder wir müssen gemeinsam den Fall untersuche­n“, verlangte Kohnen im Landtag von Söder. Der Finanzmini­ster habe im Fall GBW schlicht „seine Sorgfaltsp­flicht verletzt“.

Zudem müsse der Freistaat endlich in großem Stil in den staatliche­n Wohnungsba­u einsteigen, verlangte die SPD-Chefin. Jeder Bürger Bayerns habe das Recht auf eine angemessen­e Wohnung. Bis 2023 müssten deshalb mindestens 25 000 staatliche Sozialwohn­ungen entstehen, forderte Kohnen: „Wir müssen jetzt bauen, bauen und nochmals bauen.“SPD, Grüne und Freie Wähler warfen der CSU vor, den sozialen Wohnungsba­u seit Jahren unzureiche­nd voranzutre­iben. Seit 1999 habe sich die Anzahl in Bayern halbiert, sagte Kohnen. Damit habe die Staatsregi­erung gegen die Verfassung verstoßen, denn „Wohnen ist ein Grundrecht“. In Bayern regierte aber im Wohnungsba­u der freie »Kommentar Markt.

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