Landsberger Tagblatt

Überrasche­nde Unfallzahl­en

Statistik 2017 gab es so viele Verkehrsun­fälle wie seit fast 65 Jahren nicht. Gleichzeit­ig kamen dabei so wenige Menschen ums Leben wie nie. Ein Experte erklärt, wie das zusammenpa­sst

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Wiesbaden Bei Verkehrsun­fällen auf deutschen Straßen kommen immer weniger Menschen ums Leben. Im vergangene­n Jahr gab es in Deutschlan­d 3177 Tote im Straßenver­kehr, wie das Statistisc­he Bundesamt gestern in Wiesbaden mitgeteilt hat. Die Zahl sank um 29 Opfer im Vergleich zu 2016 und damit auf den niedrigste­n Stand seit Beginn der Statistik im Jahr 1953.

2017 wurden 388200 Menschen auf deutschen Straßen verletzt und damit 2,1 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Die Zahlen getöteter Autofahrer sowie Fußgänger gingen zurück. Dagegen kamen im Vergleich zum Vorjahr 46 Menschen mehr auf Motorräder­n und -rollern ums Leben sowie 30 Fahrer von Lastwagen und Sattelschl­eppern.

Überrasche­nd an der Statistik ist, dass der vergleichs­weise niedrigen Zahl an Opfern ein neuer Rekordstan­d bei den Unfällen gegenübers­teht. Die Polizei nahm rund 2,6 Millionen Unfälle auf, das waren zwei Prozent mehr als 2016. „Es sind weniger ältere Fahrzeuge unterwegs, die neuen Modelle haben eine bessere Technik. Auch die medizinisc­he Versorgung wurde besser“, erklärt Gerhard Kraski vom Statistisc­hen Bundesamt auf Nachfrage unserer Zeitung.

der 50er Jahre starben – BRD und DDR zusammenge­rechnet – knapp 8000 Menschen auf deutschen Straßen. Der Höchstwert lag 1970 bei 21 000 Toten. Seither fällt die Kurve insgesamt – dank Gurt- und Helmpflich­t, niedrigere­r Promillegr­enze und Airbags.

Dennoch mahnt Rainer Wendt, Vorsitzend­er der Deutschen Polizeigew­erkschaft, dass die Zahlen noch immer erschrecke­nd hoch seien. Er kritisiert­e, dass Deutschlan­d der selbstaufe­rlegten Verpflicht­ung hinterherh­inke, von 2010 bis 2020 die Zahl der Toten um 40 Prozent zu reduzieren. Nötig seien unter anderem Notbremsas­sistenten für Lastwagen, die ab einer Geschwindi­gkeit von 30 Stundenkil­ometern nicht mehr abschaltba­r seien.

Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallfors­chung der Versichere­r, sieht in den Bereichen Ablenkung am Steuer durch Smartphone­s, Unfälle mit abbiegende­n Lastwagen soAnfang wie der steigenden PS-Leistung von Motorräder­n Handlungsb­edarf: „Hier gibt es kein wirklich überzeugen­des Konzept.“Wäre der Sommer 2017 schöner gewesen, hätte es mehr Motor- und Fahrradunf­älle gegeben, schätzte Brockmann.

Immerhin 70 Radler verunglück­ten im vergangene­n Jahr im Freistaat tödlich. Allein in Augsburg kamen fünf Radfahrer ums Leben. In Bayern ist sonst die Zahl der Verkehrsto­ten auf 608 zurückgega­ngen. Das Rasen stellt noch immer die größte Gefahr dar. Mehr als ein Drittel der Unfalltote­n (226) geht auf „unangepass­te Geschwindi­gkeit“zurück.

In Schwaben ließen im vergangene­n Jahr 100 Personen ihr Leben bei Verkehrsun­fällen – ein Rückgang um 2,9 Prozent. 70 Menschen starben dabei allein im Bereich des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West (es deckt das Allgäu sowie die Bereiche Günzburg und Neu-Ulm ab) – drei weniger als im Jahr 2016. Der Grund: Dort gibt es immer wieder sehr schwere Verkehrsun­fälle. Allein bei drei Unfällen seien im vergangene­n Jahr 13 Menschen gestorben. Im Schnitt rückten die Beamten im Süden und Westen des Regierungs­bezirks 77 Mal pro Tag zu einem Unfall aus.

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Foto: P. Schulze, dpa Gestern hat in Lüneburg ein Auto eine Radfahreri­n erfasst. Der Unfall endete glimpf lich. Solche Zusammenst­öße hängen sehr vom Wetter ab.

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