Landsberger Tagblatt

Fernsehen first – das Motto der Bundesliga

- VON JOHANNES GRAF joga@augsburger allgemeine.de

Als die Begegnung zwischen Borussia Dortmund und dem FC Augsburg angepfiffe­n wurde, wirkte die Szenerie auf der weltgrößte­n Stehplatzt­ribüne gespenstis­ch. Die Gegner einschücht­ernde „Gelbe Wand“verdiente ihren Namen nicht, statt Fangesänge­n und Fahnen prägten Schweigen und der Blick auf grauen Beton das Abendspiel. Die frostigen Temperatur­en, der uninspirie­rte und leidenscha­ftslose Auftritt der Dortmunder Profis – es fügte sich ins triste Bild. Als bekundeten Reus und Co. ihre Solidaritä­t mit der aktiven Fanszene. Als würden auch sie keinen Gefallen an Bundesliga­fußball am Montagaben­d finden und deshalb ihre Leistung verweigern.

In Frankfurt flogen Tennisbäll­e und gaben Trillerpfe­ifen den Ton an, in Dortmund mutete der Protest gegensätzl­ich leise an. Nicht nur 350 Fanklubs des BVB hatten das Spiel boykottier­t, ebenso waren etliche Plätze auf den Sitztribün­en leer geblieben. Der Deutschen Fußball Liga (DFL) sollte vor Augen geführt werden, wie die Stimmung in Stadien künftig ausfallen wird, sollte der Dachverban­d an Montagsspi­elen festhalten.

Die Debatten darüber werden nicht nur weitergehe­n, vielmehr werden sie noch intensiver geführt werden. Denn die DFL gerät in Erklärungs­not. Ihr vermeintli­ch schlagkräf­tigstes Argument, die Ansetzung am Montagaben­d entlaste EuropaLeag­ue-Teilnehmer, ist fadenschei­nig. Spätestens beim nächsten Mon- tagsspiel der Saison, wenn Bremer und Kölner aufeinande­rtreffen – weder die einen noch die anderen spielen internatio­nal –, wird dem Fußballfan die Illusion geraubt. Längst ist die Tarnung aufgefloge­n, nicht sportliche, sondern monetäre Gründe bestimmen das Handeln der Liga- und Klub-Bosse. Ihr Ansinnen: mehr Geld aus der TV-Vermarktun­g. Ihr Motto: Fernsehen first. Beständig gut besuchte Spiele in der jüngeren Vergangenh­eit haben ihren Wagemut wachsen lassen. Nun testen sie anhand der Spieltagsz­erstückelu­ng, wie viel sie dem Anhänger im Stadion zumuten können. Wann geht er im Wortsinn auf die Barrikaden?

Die stimmgewal­tigen Fankurven kämpfen für hehre Ziele: für Bundesliga­spiele am Wochenende und gegen den Bedeutungs­verlust des Zuschauers im Stadion. Ihre Erfolgsaus­sichten indes sind überschaub­ar. Bis Sommer 2021 sind Montagsspi­ele in den TV-Verträgen verankert. Dass es danach ein Zurück gibt, scheint geradezu ausgeschlo­ssen.

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Für den BVB eine Minuskulis­se.
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