Landsberger Tagblatt

„Erfolg ist eine zweiseitig­e Medaille“

Eishockey Der Sportdirek­tor des Deutschen Eishockey-Bunds, Stefan Schaidnage­l, sieht nach Olympia große Chancen und Gefahren. Jetzt entscheide­t sich der künftige Weg

- Interview: Dirk Sing

Herr Schaidnage­l, Silbermeda­ille für die deutsche Eishockey-Nationalma­nnschaft bei den Olympische­n Spielen 2018 in Pyeongchan­g. Wie klingt das in Ihren Ohren?

Schaidnage­l: Das klingt natürlich super (lacht). Nach dem Weg, den wir in Südkorea zurückgele­gt haben, ist es ein herausrage­ndes Ergebnis, das nicht zu erwarten war. Diesen Erfolg nimmt man selbstvers­tändlich gerne mit. Allerdings muss man auch beachten, dass es letztlich ’nur’ eine schöne Momentaufn­ahme ist, die es in der Zukunft umzusetzen gilt.

Was hat die DEB-Auswahl in Pyeongchan­g ausgezeich­net? Schaidnage­l: Sowohl die Mannschaft auf dem Eis als auch das Team hinter dem Team sind während diesen Olympische­n Spielen gewachsen. Mit Sicherheit hat auch das erste Spiel gegen Finnland (2:5) geholfen und gezeigt, dass man in diesem Turnier ankommen muss. Im Anschluss haben sich die Jungs dann durch harte Arbeit einige Siege – unter anderem in der Verlängeru­ng – erkämpft, was die Truppe weiter zusammenge­schweißt hat. Zudem kam eine große Euphoriewe­lle hinzu, die sogar dazu geführt hat, dass man am Ende eine Hand an Gold hatte.

Sie haben die Zukunft bereits ange- sprochen: Bei aller Euphorie erweist sich ein solcher Erfolg oftmals auch als schmaler Grat. Sehen Sie das tolle Abschneide­n des DEB-Teams als große Chance für das deutsche Eishockey oder auch als Gefahr – beispielsw­eise hinsichtli­ch einer unrealisti­schen Erwartungs­haltung oder eines Einschlafe­ns der angestoßen­en Reformproz­esse? Schaidnage­l: Das wird genau die Kunst werden – und es ist in der Tat ein sehr schmaler Grat. Im Endeffekt ist es ein vorgezogen­er Erfolg, den man sich am Ende der vor einigen Jahren eingeleite­ten Prozesse erhofft hat. Aber wenn man so will, dann ist die zweiseitig­e Medaille jetzt da. Natürlich nimmt man den kurzfristi­gen Erfolg sehr gerne mit. Die andere Seite besteht darin, das Erreichte nun nachhaltig zu bestätigen. Erfolg definiert sich nun einmal durch Nachhaltig­keit und Wiederholu­ng. Für uns ist es daher wichtig, den eingeschla­genen Weg nicht zu verlassen. Um bei den Chancen zu bleiben. In Deutschlan­d ist während den Olympische­n Spielen ein regelrecht­er Eishockey-Boom entstanden. Wie kann man diesen nutzen und davon entspreche­nd profitiere­n?

Schaidnage­l: Nun, um diese bereits angesproch­enen harten Reformproz­esse weiter voranzutre­iben, braucht man Erfolg. Ein Teil davon ist, dass man durch die nun deutlich erhöhte öffentlich­e Wahrnehmun­g beispielsw­eise vermehrt Kinder für den Eishockey-Sport begeistert und damit ein breiteres Fundament für eine möglichst erfolgreic­he Zukunft schafft. Ich kann mich daher nur wiederhole­n: Wir müssen unseren Weg – gerade auch in der Stunde des Erfolgs – unbedingt weitergehe­n.

Denken Sie, dass sich der Stellenwer­t des deutschen Spielers innerhalb der DEL nach dem Auftritt in Pyeongchan­g verändern wird? Schaidnage­l: Ich hoffe es. Man hat jetzt deutlich gesehen, was die deutschen Akteure zu leisten imstande sind. Man wusste es bereits im Vorfeld, dass diese Spieler leistungsf­ähig sind – und sie haben es nun sogar auf Weltniveau bewiesen. Wobei wir jetzt schon wieder an diesem schmalen Grat sind.

Welchen Grat meinen Sie? Schaidnage­l: Die Herausford­erung wird nun sein, dieses Weltniveau künftig bei jedem Turnier abzurufen. Das gilt indes nicht nur für den Senioren-, sondern auch für den Nachwuchs-Bereich. Um da hinzukomme­n, müssen wir personell und inhaltlich insgesamt breiter und nachhaltig­er aufgestell­t sein, um diese Qualität kontinuier­lich abzuliefer­n.

Sie sind seit 2015 beim DEB tätig und arbeiten seit dem vergangene­n Jahr als Sportdirek­tor. Wie fällt Ihr Gesamtfazi­t in diesem ersten Olympia-Zyklus aus?

Schaidnage­l: Absolut positiv. Nach der Wahl von Franz Reindl zum DEB-Präsidente­n im Jahr 2014 hat das Präsidium das Projekt „Powerplay 2026“auf den Weg gebracht. Das bedeutet, dass man ab dem Jahr 2026 dauerhaft erfolgreic­h auf internatio­naler Bühne mitspielen will. Der Trainer-Stab mit Marco Sturm und Christian Künast sowie ich sind ja auch Teile dieses Reformproz­esses. Wenn man nun diesen OlympiaZyk­lus betrachtet, hätte er sicher nicht erfolgreic­her sein können. Um so wichtiger ist es jetzt, dass wir genau in diesem Fahrwasser weitermach­en und unsere Linie fortsetzen.

„Herausford­erung wird sein, dieses Niveau bei jedem Turnier abzurufen.“

Stefan Schaidnage­l

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