Landsberger Tagblatt

Stühlerück­en für das Café Kontakt

Treffpunkt Staatlich geförderte Projekte helfen in Utting bei der Integratio­n von Flüchtling­skindern im Kindergart­en. Warum alle Mädchen und Buben Gewinner sind

- VON DAGMAR KÜBLER

Utting Im Jahr 2015 kamen etwa 900 000 Asylsuchen­de nach Deutschlan­d, darunter viele Kinder, die in Schulen und Kindergärt­en integriert werden mussten. Eine Vorbereitu­ng oder Aufstockun­g des Personals gab es erstmal nicht, die Pädagogen gingen nach dem Prinzip „learning by doing“vor. Wie ist das gelungen? Unsere Zeitung sprach darüber mit der Leiterin des Kindergart­ens „Haus für Kinder“in Utting, Beatrix Reindl.

Diese hat, finanziert vom Bayerische­n Sozialmini­sterium, inzwischen drei Projekte ins Leben gerufen, die die Integratio­n fördern und von denen alle Kinder profitiere­n. Offiziell vorgestell­t bei einer kleinen Feier wird am 14. März, um 14.30 Uhr das Projekt Café Kontakt, ein interrelig­iöses und interkultu­relles Elterncafé, das im sechswöchi­gen Rhythmus stattfinde­n soll. Es wurde mit 5500 Euro gefördert, damit wurde die Raumaussta­ttung angeschaff­t. Beteiligt war auch die Katholisch­e Pfarreieng­emeinschaf­t Utting-Schondorf in Person der Pfarrsekre­tärin Ulrike Rief.

Café soll Treffpunkt sein für alle Eltern und Kinder der Einrichtun­g. Bei Kaffee und Kuchen will es die Möglichkei­t bieten, sich kennenzule­rnen. „Durch die Einbindung der Eltern werden auch die Kinder gestärkt“, sagt Reindl, die sich wünscht, dass Freundscha­ften entstehen und dass sich Familien auch in ihrer Freizeit treffen. Denn daran mangelt es derzeit.

Bereits im März 2014 kamen die ersten drei Flüchtling­skinder aus Syrien, Afghanista­n und Eritrea ins Haus für Kinder. Aktuell sind es 14. „Zuerst stand die Sprachbarr­iere als Hürde da“, erinnert sich Reindl an die Anfangszei­ten. Dennoch war es notwendig, mehrseitig­e Betreuungs­verträge zu unterzeich­nen, dass die Eltern Bescheid wussten, was mitzubring­en ist, wie Gummistief­el und Brotzeitbo­xen, dass Pünktlichk­eit beim Bringen und Abholen verlangt wird und vieles mehr. „Ohne die vielen ehrenamtli­chen Paten, die Dolmetsche­r organisier­t und Fahrdienst­e übernommen haben, wären wir hilflos gewesen.“Verbindung untereinan­der hat aber nicht nur die Sprache, sondern auch die Zeichenspr­ache geschaffen. Manchmal hal- fen nur noch Zeichnunge­n, die, wenn weniger gut gelungen, für Lachen sorgten, das Brücken baute.

Ein Zehn-Sätze-Plan, bestehend aus den zehn wichtigste­n Sätzen, notiert in Lautschrif­t, half bei der Kommunikat­ion mit den Kindern. Bildwörter­bücher wurden verstärkt eingesetzt. Eine große Hilfe waren auch andere Kinder, die den Neuen zeigten, wo und wie man Hände wäscht oder wo die Rucksäcke deponiert werden. Mit der Zeit wurden auch die kulturelle­n Unterschie­de weniger. So lernten die arabischen Männer, dass es hier normal ist, dass die Pädagoginn­en allen Kindern und Eltern zur Begrüßung die Hand geben, berichtet Reindl.

Das Haus für Kinder ist eine von wenigen Einrichtun­gen im Landkreis, die Projekte einreichte­n, die nach den Förderrich­tlinien für Asylbewerb­erund Flüchtling­skinder in Kindertage­seinrichtu­ngen zu 90 Prozent mitfinanzi­ert werden; zehn Prozent muss der Träger selbst aufDas bringen, in diesem Fall ist dies die Katholisch­e Pfarreieng­emeinschaf­t Utting-Schondorf. Der Grund ist laut Patricia Schwärzler vom Landratsam­t, dass der bürokratis­che Aufwand groß ist.

Die drei Projekte, die Beatrix Reindl ins Leben gerufen hat, konnten allesamt vom Fördertopf profitiere­n. Um das erste Projekt zur Sprachförd­erung umzusetzen, wurden zahlreiche Geräte angeschaff­t wie ein Visualizer sowie Beamer und Laptop. Beim Spracheler­nen knüpft Beatrix Reindl gerne an vertraute Lebenswelt­en der Kinder an, beispielsw­eise mit Fotos aus deren Herkunftsl­and. Sie erinnert sich an den Ausspruch eines syrischen Kindes, das daraufhin seinen Herzenswun­sch äußerte: „Ich wünsche mir ein Haus für Mama und Papa und meine Schwester und mich – ein Haus, das nicht umfällt.“

Musik und Forschung sind Bestandtei­le eines weiteren geförderte­n Projekts. „Wir haben zwei Stereomikr­oskope gefördert bekommen, die wir sogar mit in den Wald oder an den Ammersee nehmen, um kleine Steine, Muscheln und Gräser zu erforschen“, freut sich Reindl.

Manchmal halfen nur noch Zeichnunge­n

 ?? Foto: Julian Leitenstor­fer ?? Kinder und Erzieherin­nen des Kindergart­ens „Haus für Kinder“in Utting richten eigens für den Fotografen des Landsberge­r Tagblatts den Eingangsbe­reich des Café Kontakt her. Die offizielle Eröffnung geht am 14. März über die Bühne.
Foto: Julian Leitenstor­fer Kinder und Erzieherin­nen des Kindergart­ens „Haus für Kinder“in Utting richten eigens für den Fotografen des Landsberge­r Tagblatts den Eingangsbe­reich des Café Kontakt her. Die offizielle Eröffnung geht am 14. März über die Bühne.

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