Nicht nur geschützt, sondern auch gerettet
Auszeichnung Der Heimatverein kürt in Dießen gleich zwei vorbildlich renovierte „Häuser des Jahres“: Eine verspielt-romantische Villa in der Schützenstraße und ein einfaches Tagwerkerhäuschen in der Moosstraße
Dießen Ein kleines Tagwerkerhaus in der Fischerei und ein Bürgerhaus in der Schützenstraße haben sich im vergangenen Jahr zur Augenweide gemausert. Für den Heimatverein Dießen war dies Anlass genug, bei der Jahresversammlung nach zweijähriger Pause gleich zwei Mal die begehrte Plakette „Haus des Jahres 2018“zu verleihen.
Das sogenannte „TürmchenHaus“liegt an der Schützenstraße 29, direkt am Mühlbach, und wurde 1876 als schlichtes Wohnhaus für die Ölmüllers-Witwe Anna Dosch erbaut. Deren verstorbener Mann Jakob Dosch betrieb am Mühlbach neben dem heutigen Café „Süßwahn“eine Ölmühle. Wie der Vorsitzende des Heimatvereins, Dr. Thomas Raff, in seiner Laudatio ausführte, wurde dem Gebäude erst 1911 durch den damaligen Eigentümer, Hofrat Dr. Manfred Mayer, sein heutiges, verspielt-romantisches Erscheinungsbild mit einem Eck- und einem Erkerturm verliehen. „Um das Haus musste man sich seit vielen Jahren Sorgen machen, vor allem seitdem bekannt war, dass es verkauft werden sollte“, betonte Raff. Es sei zu vermuten gewesen, dass der Bauzustand schlecht sei, nicht zuletzt durch den direkt vorbeifließenden Mühlbach. Und es sei ebenso zu vermuten gewesen, dass ein Käufer alles daran setzen würde, eine Abbruchgenehmigung zu erhalten, oder dass das Haus zumindest viel von seinem Charme verlieren würde.
Doch dann sei die Rettung in Gestalt des Architekten-Ehepaars Anette und Christoph Duttler aus Pöcking gekommen. „Die beiden Profis haben das denkmalgeschützte Anwesen von April bis November 2017 aufwendig und gründlich saniert.
Ein Haus ist älter als das Marienmünster
Und zwar so perfekt, dass man von außen gar nicht merkte, was schon alles geschehen ist.“Dies sei, so Raff, „die ideale Form der Denkmalpflege“– weder eine Generalüberholung unter Beibehaltung bestimmter überkommener Elemente noch ein Neubau in den alten Formen, sondern eben eine sorgsame Pflege dessen, was erhaltenswert ist.
Einen „herzlichen Gruß“aus Kalkutta, der Heimat seiner Frau, schickte der Eigentümer des kleinen Tagwerkerhauses an der Moosstraße 27 per E-Mail an den Heimatverein. Hans Well bedankte sich darin für die Auszeichnung „Haus des Jahres“und bedauerte, nicht persönlich dabei sein zu können. Neben seiner Liebe zur Musik hat der Mitbegründer der einstigen Biermösl Blosn und der heutigen Wellbappn auch ein großes Faible für die Rettung gefährdeter Gebäude.
Hans Well verstehe sein Haus an der Moosstraße als ein Stück Baukultur und habe es genau untersucht. Dabei habe er im Haus einen zugeschütteten Brunnen entdeckt und Rußspuren am Gebälk, die noch aus der Zeit stammen, als solche Häuser noch keine Kamine hatten.
Das Haus „beim Blaicher“– der Hausname weist auf eine Tätigkeit als Wäschebleicher hin – stamme zumindest im Kern noch aus dem 17. Jahrhundert, sei also 100 Jahre älter als das Marienmünster. Vieles musste gründlich behandelt oder sogar erneuert werden. So waren zum Beispiel Tuffsteinwände mit Beton verschmiert, Wände mussten ersetzt werden, der nasse Boden musste innen einen halben Meter ausgegraben werden, und sämtliche Fenster wurden nach dem Beispiel eines einzigen alten Fensters, das noch erhalten war, erneuert.
Vieles, so Raff, sei von den Wells in Eigenleistung oder in Zusammenarbeit mit hervorragenden Handwerkern aus der Region und stets in enger Absprache mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege saniert worden.
Wieder einmal, so Raff, habe die Allgemeinheit Glück gehabt, und die Eigentümer wissen, dass sie „etwas ganz Besonderes besitzen“: Mit dem kleinen Tagwerkerhaus sei ein Stück Heimat gerettet worden, mit dem Türmchenhaus an der Schützenstraße ein Stück bürgerliche Architektur.