Von Freude bis Ablehnung
SPD Votum Was Politiker aus dem Landkreis zur Neuauflage der Großen Koalition sagen
Landkreis 167 Tage nach der Bundestagswahl war die neue Regierung nach dem Mitgliederentscheid der SPD nun endlich am Sonntag in trockenen Tüchern – mit einem klaren Ergebnis. Ein Ergebnis, das – zumindest nach der Stimmungslage bei der SPD-Basis im Landkreis – ziemlich abzusehen war.
Die stellvertretende Kreisvorsitzende Hannelore Baur hatte, wie sie am Montag sagte, zuvor mit 65 Prozent Ja und 35 Prozent Nein getippt. Damit lag sie nur um ein Prozent neben dem tatsächlichen Ergebnis. Was wäre denn auch die Alternative gewesen, fragte sie sich auch gestern wieder. Neuwahlen, verbunden mit einem enormen finanziellen und organisatorischen Aufwand für die Partei und mit der Aussicht für SPD und CDU/CSU erneut Stimmen und möglicherweise die bisherige Mehrheit zu verlieren. Dann hätten beide einen dritten Partner gebraucht und am Ende hätte die SPD nur weniger eigene Inhalte durchsetzen können, so die Überlegung Baurs. Zur von den GroKo-Gegnern geforderten Erneuerung könnte für Baur vor allem eine bessere Außendarstellung der SPD beitragen. „Die SPD muss klare Kante zeigen, was sie geschaffen hat“, sagt die Kreis- und Gemeinderätin aus Dettenhofen. Und das könne sich sehen lassen: Rente mit 63 für ältere Jahrgänge, Mindestlohn und so weiter.
Wie die SPD-Mitglieder im Landkreis entschieden haben, lässt sich nicht feststellen. Alle Stimmzettel wurden nach Berlin gesandt und auch dort ausgezählt. Nach dem Verlauf der in der vergangenen Woche bei mehreren Ortsvereinen abgehaltenen GroKo-Diskussionsabenden rechnet Baur mit einem Verhältnis von ungefähr drei JaStimmen auf eine Nein-Stimme.
Zu dem Drittel der SPD-Mitglieder, das mit Nein gestimmt hat, gehört Christian Winklmeier, der Landtagskandidat der SPD. Die Ziele für ihre Regierung, die sich Schwarz und Rot gesetzt haben, reichen ihm nicht aus: „Mir gefällt nicht, dass wir die Lösungen für die großen Probleme in der Pflege, bei den Renten, in der Krankenversicherung, bei der Integration und beim Wohnungsbau um dreieinhalb Jahre hinauszögern.“Er nennt dafür zwei Beispiele: Zwar solle der Bund ab 2020 jährlich eine Milliarde Euro in den sozialen Wohnungsbau stecken, doch das sei weniger als die 1,5 Milliarden Euro, die bislang dafür vorgesehen seien. Und 8000 neue Stellen in der Pflege seien pro Einrichtung nur 0,6 Stellen.
CSU-Kreisvorsitzender Alex Do row hatte bereits nach dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen zufrieden auf das für seine Partei Erreichte – auch im Hinblick auf die Verteilung der Ministerposten – geblickt. Am Montag war er noch ein Stück weit zufriedener, nachdem klar war, dass Dorothee Bär Staatsministerin für Digitalisierung werden und Gerd Müller weiterhin für Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit verantwortlich sein soll. Denn neben der Frage, wie Zuwanderer hier integriert werden können, müsse es ja auch darum gehen, welche Perspektiven den Menschen etwa in Afrika gegeben werden können, sagte Dorow.
„Ach, wir bekommen ein halbes Jahr nach der Wahl eine neue Regierung“, kommentierte der Dießener AfD-Bundestagsabgeordnete Martin Hebner die Entscheidung der SPDBasis. Wenn er auf die schwarz-rote Regierung blickt, schwant ihm nichts Gutes: „Das geht so weiter und wird noch schlimmer“, sagte Hebner. Er könne nicht verstehen, warum die Regierungsparteien den bei der Wahl artikulierten Ruf nach Veränderungen nicht berücksichtigten. Hebner verhehlt nicht, dass ihm Neuwahlen lieber gewesen wären. Diese hätten nämlich, so seine Überzeugung, die Kanzlerschaft von Angela Merkel beendet.