Landsberger Tagblatt

Wie der Teufel die Welt rettet

Puppenthea­ter Marc Schnittger bringt ein humorvolle­s Endzeitsze­nario auf die Bühne des Landsberge­r Stadttheat­ers. Die Besucher erleben eine umgekehrte Faust-Geschichte

- VON BÄRBEL KNILL

Landsberg So unterhalts­am und witzig war Weltunterg­ang noch selten. Marc Schnittger, der geniale Puppenbaue­r, Theateraut­or und Puppenspie­ler aus Kiel, geht mit Humor und Wagemut an das größte aller Themen heran. Gott und Teufel, die Zukunft unseres Planeten, nichts Geringeres hatte er sich vorgenomme­n und präsentier­te das erste Stück einer Trilogie im Landsberge­r Stadttheat­er: „Planet Eden“. Inspiriert wurde Schnittger dazu von dem bis heute rätselhaft­en Triptychon „Der Garten der Lüste“des spätmittel­alterliche­n Malers Hieronymus Bosch mit seinen seltsamen Gebilden, Fantasiela­ndschaften und monströsen Wesen. Den Garten Eden, das Paradies und die Hölle stellt Bosch darin dar, und nach „Planet Eden“darf man sich auf die kommenden Teile freuen.

Da sind Schnittger­s Puppen. Sie sind nahezu lebensgroß, sodass er sie im Stehen auf gleicher Höhe halten und Kopf und Hände bewegen kann. Der Teufel besticht durch einen alles durchbohre­nden Blick und ein managerart­iges, modisch-schickes Erscheinun­gsbild. Irgendwie kennt man solche Typen aus der Firma. Als Erstes tritt Gott auf, ein zarter Greis, erschöpft und ziemlich ramponiert von dem ganzen Ärger mit den Menschen und den Katastroph­en, die sie verursache­n. „Ich hab’ keine Lust mehr. Mach du doch weiter“, schlägt er dem Teufel vor, und der übernimmt. Es beginnt eine locker-unterhalts­ame, aber sehr geistreich­e umgekehrte FaustGesch­ichte, bei der die Welt vom Teufel gerettet werden soll, mit dem Professor Fesst als zentraler menschlich­er Figur.

Die riesige Projektion­swand im Hintergrun­d bildet das Bühnenbild. Man gleitet zunächst durch das Universum, vorbei an Planeten, landet auf einem wüsten Stern bei Gott, wird ins Labor von Professor Fesst versetzt, wo es blinkt und Bildschirm­schoner laufen, steht plötzlich im Wald. Das Weltgesche­hen kommunizie­rt sich über Schlagzeil­en, die auf der Leinwand erschei- nen. So lässt Regisseur Jörg Lippmann, der auch für die Videotechn­ik zuständig ist, geschickt das große Weltenszen­ario entstehen.

Hier entfaltet Marc Schnittger nun sein Spiel, das fesselt und fasziniert: Seine Puppen wirken lebensecht­er als die Menschen selbst, sind dabei auch sehr witzig gestaltet; sein Spiel ist so meisterhaf­t, dass man ihn selbst als Puppenspie­ler sofort vergisst und nur noch die Puppe wahrnimmt; und alles ist durchdrung­en von einem spöttische­n Humor, der dem Stück bei aller Schwere des Themas eine amüsante Leichtigke­it verleiht und dem Publikum Lacher und Zwischenap­plaus entlockt.

Am Ende hat man Verständni­s und Sympathie für den erschöpfte­n Gott, aber auch für den Teufel, der ja nur seinen Job macht, und für den Professor, der bei aller Selbstsuch­t und Gier schließlic­h zur Einsicht kommt. Und dann verspricht Gott am Ende doch, es wieder selbst in die Hand zu nehmen: „Ich fang’ noch mal ganz von vorne an.“Man darf gespannt sein, wie die noch ausstehend­en Triptychon-Teile „Paradies“und „Hölle“den meisterhaf­ten Puppenspie­ler inspiriere­n.

Gott ist ein zarter Greis, erschöpft und ramponiert

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Einen unterhalts­amen und witzigen Weltunterg­ang sahen die Besucher im Stadttheat­er. Marc Schnittger und sein Puppenthea­ter zeigten „Planet Eden“.
Foto: Thorsten Jordan Einen unterhalts­amen und witzigen Weltunterg­ang sahen die Besucher im Stadttheat­er. Marc Schnittger und sein Puppenthea­ter zeigten „Planet Eden“.

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