Ein plüschiger Hofstaat als Mördergrube
Theater Die Tragikomödie „Yvonne – die Burgunderprinzessin“feiert im Dießener Maurerhansl Premiere. Wie es dem Hoftheater gelingt, die Groteske witzig und zugleich beklemmend auf die Bühne zu bringen
Dießen „Für jeden gibt es eine Person, die ihn wahnsinnig macht. Und Sie sind die meine! Sie werden die meine“, mit diesen Worten begrüßt Prinz Philipp (Thomas Honsberg) die unansehnliche Yvonne, Titelfigur der Tragikomödie „Yvonne – die Burgunderpinzessin“in seinem Schlosspark. Wenig später stellt er sie dem gesamten Hofstaat als seine Braut vor. Mit zwei ausverkauften Vorstellungen feierte das Stück von Witold Gombrowicz im Dießener Gasthof Maurerhansl Premiere
In der Inszenierung des „Hoftheaters“unter der Leitung von Rebecca Mack von Elmenau schnurrt die tragisch-komische Groteske des polnischen Autors pointensicher wie ein Comicstrip ab, perfekt getimt, witzig choreografiert, musikalisch veredelt und zugleich beklemmend: Prinz Philipp, der gelangweilte Thronfolger – souverän gespielt von Thomas Honsberg – will seinen Eltern eins auswischen und verspricht sich aus seinem rätselhaften Begehren
Pointensicher wie ein Comicstrip
nach Yvonne einen Spaß, der für die seltsame junge Frau tödlich endet. Doch zuvor schafft es die kuriose Braut, der vergnügungssüchtigen und bösartigen Hofgesellschaft den Spiegel vorzuhalten und ihren Bräutigam mit ihrem geheimnisvollen Schweigen so zu verwirren, dass ihm der Schweiß auf der Stirn steht.
Dabei hat die vermeintliche Zimperliese – wundervoll gespielt von Franz Rubey – die im roten Tüllkleid und mit kräftigen Waden auf Pfennigabsätzen daher stolpert, eigentlich wenig, was einen in Rage bringen könnte. Sie hält den Kopf leicht schräg, schaut todtraurig in die Welt und bohrt gerne in der Nase. Dabei erinnert sie weit mehr an eine Leidensfigur als an eine Verrückte oder Querulantin.
Ganze zwei Stunden kann man sich an der munteren Inszenierung, die gespickt ist mit subtilen Wahrheiten und Slapstick-Einlagen, erfreuen. Zum Beispiel, wenn der Versuch misslingt, der Außenseite- eine höfische Verbeugung beizubringen, obwohl es alle Hofschranzen eifrig vormachen. „Nicht sie hat sich vor uns, sondern wir haben uns vor ihr verbeugt. Dabei ist sie so hässlich!“, stellt König Ignaz erstaunt fest. Yvonne agiert nicht, aber alle reagieren auf sie. Stumm und ohne Manieren bringt sie den Hof aus der Fassung.
Zum Slapstick mit dramatischem Touch verdichtet sich die Schlussszene, wenn die Burgunderprinzessin, mit Blick zum Publikum und argwöhnisch beobachtet vom Hofstaat, den fatalen Fisch verzehrt, mit dem man sie beseitigen will. Es provoziert Gelächter und nicht Konsternation, als Yvonne an einer Grä- erstickt. Eine absurde Geschichte, auf die sich aber gerade in unserer Zeit jeder einen Reim machen kann: Yvonnes Andersartigkeit fordert ihre Umgebung heraus; an ihr entzündet sich die Schlechtigkeit der Königsfamilie, aus dem farbenfrohplüschigen, höfischen Tummelplatz wird eine Mördergrube. Denn es darf nicht sein, was seinen Nutzen für die Gesellschaft nicht unter Beweis stellt. Die Balance zwischen groteskem und psychologisch überzeichnetem Spiel gelingt den Hofrin
Die Regisseurin als polternder König
theater-Schauspielern in der Regie von Rebecca Mack von Elmenau aufs Feinste. Herausragend: Jana Jangl als Königin Margrethe, aufgemotzt mit einer bekrönten Perücke im Lady-Diana-Look. Sie erfreut die Zuschauer als Dichterin triefender Reime und als Tänzerin mit einem Seelen-Striptease. Die Regisseurin selbst steigt einmal mehr in einer Hosenrolle als polternder König Ignaz in den Ring und trägt zur absurden Schräglage bei.
Bereits im vergangenen Jahr haben die Darsteller des Hoftheaters mit Ludwig Thomas Schwank „Waldfrieden“bewiesen, dass sie deftigen Humor können. Umso schöner ist es nun, die Truppe in eite nem schauspielerisch sehr anspruchsvollen Stück mit viel Sprachwitz zu erleben. Entstanden ist „Yvonne – Prinzessin von Burgund“1935. Uraufgeführt wurde das Stück erst 1959 in Krakau. In der Blütezeit des absurden Theaters galt es als Entdeckung. Gombrowicz selbst forderte, es sollten „alle Elemente von Groteske und Humor besonders herausgehoben werden, die den traurigen Stoff des Stücks“neutralisierten. Das ist den Darstellern des Hoftheaters bestens gelungen.
Weitere Vorstellungen: Freitag, Samstag und Sonntag, 9., 10., 11. März. Beginn 20 Uhr, Kartenvorverkauf: www.maurerhansl.de oder im Wirts haus.