Landsberger Tagblatt

Trumps nächster Schocker

- VON THOMAS SPANG redaktion@augsburger allgemeine.de

Rex Tillersons Abgang war erwartet worden. Die Art und Weise, wie Donald Trump den Außenminis­ter der USA nun auf die Straße gesetzt hat, ist in der inzwischen an vieles gewöhnten USHauptsta­dt dennoch ein Schocker. Er lässt nicht nur den Betroffene­n selbst mit offenem Mund und weit aufgerisse­nen Augen entsetzt zurück. Die Umstände von Tillersons Rauswurfs sind beispiello­s.

Das US-Außenminis­terium widerspric­ht offen der Darstellun­g des Weißen Hauses, der Minister sei bereits am Freitag auf seiner Afrikareis­e darüber informiert worden. Sein Sprecher sagt, Tillerson kenne die Gründe seiner Entlassung nicht. Einiges deutet darauf hin, dass Trump die klare Stellungna­hme des Chef-Diplomaten zum mutmaßlich russischen Giftanschl­ag auf einen ehemaligen Doppelagen­ten in London nicht gepasst hat. Zuvor hat Trump seinen Außenminis­ter schon mit seiner Spontan-Zusage zu einem Gipfeltref­fen mit Nordkoreas Kim Jong Un düpiert.

Tillersons Rauswurf, das ist jetzt schon klar, dürfte auch das transatlan­tische Verhältnis schwierige­r machen, als es ohnehin schon ist. Ob Tillersons Russland-Kommentar eine Rolle spielte, ist unklar. Es habe einfach zu viele Differenze­n zwischen ihm und Tillerson gegeben, sagte Trump. Das dürfte bei Tillersons designiert­em Nachfolger, CIA-Chef Michael Pompeo, nicht passieren: Der Republikan­er, der sich der ultrakonse­rvativen „Tea Party“angeschlos­sen hat, ist in vielerlei Hinsicht ein Außenminis­ter nach Trumps Geschmack. Pompeo trägt Trump den täglichen Lageberich­t der Geheimdien­ste vor und hat den Präsidente­n damit offenbar beeindruck­t. In wichtigen Sachthemen liegen beide auf einer Linie. Wie Trump lehnt Pompeo den Atomvertra­g mit dem Iran ab.

Keine erfreulich­en Nachrichte­n für die Europäer, die das Abkommen mit eingefädel­t haben, wie der amerikanis­che Politik-Experte Tyson Barker vom Berliner Aspen Institute erklärt: „In der Iranpoliti­k könnten sich abseits des jetzigen Streits um Handelszöl­le neue Reibungspu­nkte mit Europa ergeben.“Zudem spekuliert­en die US-Medien darauf, dass Trump als nächsten Sicherheit­sberater Herbert Raymond McMaster auf einen Posten außerhalb des Weißen Hauses versetzen könnte. McMaster gilt in Europa als einer der wenigen verlässlic­hen Stabilität­sanker. „Er könnte durch den neokonserv­ativen Ex-UN-Botschafte­r John Bolton ersetzt werden, der für eine wesentlich härtere Linie gegenüber dem Iran steht“, glaubt Barker. „Ein Duo Pompeo und Bolton würde für eine deutlich aggressive­re amerikanis­che Außenpolit­ik stehen, die wieder wesentlich mehr Präsenz bei allen Konflikthe­rden zeigen würde, ähnlich wie man es etwa in der Ära von George W. Bush erlebt hat“, erwartet der Experte.

Trump soll im engsten Beraterkre­is gesagt haben, er wolle sich künftig mehr auf sein Bauchgefüh­l verlassen als auf den Rat von Experten. In dem Maße, in dem der außenpolit­isch unbeschlag­ene Trump seinem Instinkt folgt, werden die USA unberechen­barer. Der 71-jährige ist bekannt dafür, dass er sich nur ungern mit den komplizier­ten Details eines Themas befasst.

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