Trumps nächster Schocker
Rex Tillersons Abgang war erwartet worden. Die Art und Weise, wie Donald Trump den Außenminister der USA nun auf die Straße gesetzt hat, ist in der inzwischen an vieles gewöhnten USHauptstadt dennoch ein Schocker. Er lässt nicht nur den Betroffenen selbst mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen entsetzt zurück. Die Umstände von Tillersons Rauswurfs sind beispiellos.
Das US-Außenministerium widerspricht offen der Darstellung des Weißen Hauses, der Minister sei bereits am Freitag auf seiner Afrikareise darüber informiert worden. Sein Sprecher sagt, Tillerson kenne die Gründe seiner Entlassung nicht. Einiges deutet darauf hin, dass Trump die klare Stellungnahme des Chef-Diplomaten zum mutmaßlich russischen Giftanschlag auf einen ehemaligen Doppelagenten in London nicht gepasst hat. Zuvor hat Trump seinen Außenminister schon mit seiner Spontan-Zusage zu einem Gipfeltreffen mit Nordkoreas Kim Jong Un düpiert.
Tillersons Rauswurf, das ist jetzt schon klar, dürfte auch das transatlantische Verhältnis schwieriger machen, als es ohnehin schon ist. Ob Tillersons Russland-Kommentar eine Rolle spielte, ist unklar. Es habe einfach zu viele Differenzen zwischen ihm und Tillerson gegeben, sagte Trump. Das dürfte bei Tillersons designiertem Nachfolger, CIA-Chef Michael Pompeo, nicht passieren: Der Republikaner, der sich der ultrakonservativen „Tea Party“angeschlossen hat, ist in vielerlei Hinsicht ein Außenminister nach Trumps Geschmack. Pompeo trägt Trump den täglichen Lagebericht der Geheimdienste vor und hat den Präsidenten damit offenbar beeindruckt. In wichtigen Sachthemen liegen beide auf einer Linie. Wie Trump lehnt Pompeo den Atomvertrag mit dem Iran ab.
Keine erfreulichen Nachrichten für die Europäer, die das Abkommen mit eingefädelt haben, wie der amerikanische Politik-Experte Tyson Barker vom Berliner Aspen Institute erklärt: „In der Iranpolitik könnten sich abseits des jetzigen Streits um Handelszölle neue Reibungspunkte mit Europa ergeben.“Zudem spekulierten die US-Medien darauf, dass Trump als nächsten Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster auf einen Posten außerhalb des Weißen Hauses versetzen könnte. McMaster gilt in Europa als einer der wenigen verlässlichen Stabilitätsanker. „Er könnte durch den neokonservativen Ex-UN-Botschafter John Bolton ersetzt werden, der für eine wesentlich härtere Linie gegenüber dem Iran steht“, glaubt Barker. „Ein Duo Pompeo und Bolton würde für eine deutlich aggressivere amerikanische Außenpolitik stehen, die wieder wesentlich mehr Präsenz bei allen Konfliktherden zeigen würde, ähnlich wie man es etwa in der Ära von George W. Bush erlebt hat“, erwartet der Experte.
Trump soll im engsten Beraterkreis gesagt haben, er wolle sich künftig mehr auf sein Bauchgefühl verlassen als auf den Rat von Experten. In dem Maße, in dem der außenpolitisch unbeschlagene Trump seinem Instinkt folgt, werden die USA unberechenbarer. Der 71-jährige ist bekannt dafür, dass er sich nur ungern mit den komplizierten Details eines Themas befasst.