Landsberger Tagblatt

Eine Kauferinge­rin hilft Flüchtling­en

LandsAid Carola Gerharding­er aus Kaufering arbeitet seit einigen Jahren hauptamtli­ch für die Hilfsorgan­isation. Jetzt war sie gerade in Flüchtling­scamps in Jordanien. Sie will Menschen aus Ost-Ghuta unterstütz­en

- VON STEPHANIE MILLONIG

Kaufering Carola Gerharding­er hat eine offene, unkomplizi­erte Art zu kommunizie­ren. Kompetent beantworte­t die LandsAid-Mitarbeite­rin Fragen und vermittelt den Eindruck, in Krisensitu­ationen einen klaren Kopf zu bewahren. Nur die Schnelligk­eit ihrer Erzählung gibt etwas von der Anspannung der gerade zurücklieg­enden Reise wieder: Gemeinsam mit dem Geschäftsf­ührer der in Kaufering ansässigen Hilfsorgan­isation, Sven Weber, hat die 35-Jährige Anfang März wilde Flüchtling­scamps in Jordanien besucht. An der Grenze zu Syrien leben dort Menschen aus der Region Ost-Ghuta. Die Situation in den Camps sei schwer ertragbar für die Menschen, es fehle an Essen, Wasser, Hygiene und medizinisc­her Versorgung, schreibt Weber in einer Pressemitt­eilung.

Weber und Gerharding­er waren dort, um zu erkunden, was die Menschen brauchen. Zwei konkrete Projekte, bei denen die Finanzieru­ng steht, sind laut Gerharding­er schon geplant: „Wir werden eine Erste-Hilfe-Schulung machen und es wird eine Lebensmitt­elverteilu­ng geben.“Die Krankensch­wester und Sozialarbe­iterin würde gerne selbst die Schulung durchführe­n – doch ihre Präsenz ist im Augenblick im Büro in der Geschäftss­telle in Kaufering gefragt, wo sie seit Oktober arbeitet und das Nötige für das jeweilige Projekt organisier­t. Seit Dezember lebt sie auch in Kaufering, im Winter hat sie aber noch nicht viel von ihrer neuen Heimat gesehen. Wenn es wärmer wird, freut sie sich aufs Joggen am Lech.

Die gebürtige Münchnerin wollte immer auch im Ausland arbeiten, nach der Ausbildung erfolgte jedoch einmal fünf Jahre Praxis in der Notaufnahm­e, später ein Studium zur Sozialarbe­iterin und bis März 2017 ein zweijährig­er Aufenthalt in Uganda, wo sie in der HIV-Aufklärung von Prostituie­rten arbeitete. Mittlerwei­le macht sie berufsbegl­eitend den Master in Sozialer Arbeit.

Von LandsAid erfuhr sie 2008, als im Tropeninst­itut in Tübingen einen Arzt traf, der für die Organisati­on arbeitete. 2010 hatte sie selbst den ersten ehrenamtli­chen Einsatz: Hilfe für Erdbebenop­fer in Haiti. Hilfe leisten in anderen Kulturen, das heißt zuerst einmal mit den Menschen vor Ort reden und deren Einschätzu­ng und Bedürfniss­e kenerst nenlernen. Gerharding­er kann sich an einen Schulungse­insatz in Pakistan erinnern: „Den Menschen dort war psychosozi­ale Betreuung als Thema wichtig.“Also galt es, den eigenen Lehrplan zu überarbeit­en.

Medizinisc­he Hilfe leisten in Katastroph­engebieten, das heißt auch mit weniger Ausstattun­g auskomsie men als hier in Deutschlan­d. „Manchmal denkt man sich, jetzt wäre ein Computerto­mograf toll, aber man sitzt mitten in der Wüste.“Und die Krankensch­wester aus Kaufering war immer wieder damit konfrontie­rt, dass Krankheite­n und Verletzung­en, die hierzuland­e leicht zu heilen sind, bis hin zum Tod führen: „Ich habe handballgr­oße Abszesse gesehen. Oder Schnittwun­den, die zu einer Blutvergif­tung und damit fast zur Amputation eines Beines führten. In Wüstengege­nden gibt es Kinder, die blind und taub werden, da Ohr- und Augenentzü­ndungen nicht behandelt werden.“

Wie geht man damit um, in dieser Weise mit dieser Diskrepanz an Lebenschan­cen konfrontie­rt zu sein? „Vor Ort ist man nur am Arbeiten.“Zum Reflektier­en bleibe wenig Zeit. Es gibt aber auch besonders niederschm­etternde Situatione­n, die in Erinnerung bleiben: In Haiti musste ein Patient operiert werden, doch Blutkonser­ven gab es nicht vor Ort im Krankenhau­s. In einer weiteren Klinik gab es Blutkonser­ven nur, wenn im Gegenzug selbst gespendet wurde. „Jeder von uns fünf hat einen

Sie freut sich aufs Joggen am Lech

„Jeder von uns fünf hat einen Liter Blut gespendet.“

Liter gespendet“, erzählt Carola Gehrarding­er. Und als man endlich die Blutkonser­ve hatte, war der Patient seit einer Stunde tot.

Kommt man nach einer Reise zurück, sei man eher von dem Enthusiasm­us gepackt, Spenden zu sammeln, um ein Hilfsproje­kt durchführe­n zu können, erzählt Gerharding­er. Davon ist etwas zu spüren, wenn sie die Länder aufzählt, in denen LandsAid aktiv ist, und wenn sie berichtet, wie wichtig es sei, für die Flüchtling­scamps eine Wasservers­orgung aufzubauen – sei es über Filteranla­gen oder indem Trinkwasse­rtanks aufgefüllt werden. Doch das kostet Geld.

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MITTWOCH, 14. MÄRZ 2018
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Fotos: LandsAid (2), Julian Leitenstor­fer Carola Gerharding­er (unten links) war für LandsAid aus Kaufering in einem wilden Flüchtling­scamp in Jordanien. Dort suchen auch Kinder aus Syrien Hilfe (oben). Mittlerwei­le sitzt die 35 Jährige wieder im Büro.
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