Landsberger Tagblatt

Meret Becker im Stadttheat­er

Konzert Die Schauspiel­erin Meret Becker zeigte im Landsberge­r Stadttheat­er wie vielseitig talentiert sie ist. Dafür gab es tosenden Applaus

- VON ROMI LÖBHARD

Landsberg Es gefällt ihr im Landsberge­r Stadttheat­er, ganz offensicht­lich. Wie sie da auf der Bühne hantiert, wie sie ihre Kunst bis zum Äußersten (aus)lebt, wie sie den Stadttheat­er-Licht-, Bühnen- und Überhaupt-Techniker Peter Dürrschmid­t als „special guest“sich über eine riesige Bühnenleit­er schwingen lässt, wie sie mit ihren Musikern umgeht, als wäre es eine Probe im heimischen Wohnzimmer.

Ja, Meret Becker, bekannt eher als Tatort-Kommissari­n denn als Chansonniè­re, fühlt sich pudel-, vielleicht auch mopswohl in dem Bürgerthea­ter, genießt die heimelige Atmosphäre und die Nähe zum Publikum. Und vielleicht auch die kleine Bühne, die so voll gestellt ist mit Instrument­en beziehungs­weise als Instrument benutzten Dingen des täglichen Gebrauchs, dass ständiges Rumkramen gefragt und Aufräumen einfach nicht mehr möglich ist.

„Le Grand Ordinaire“heißt das aktuelle Bühnenprog­ramm der Allrounder­in, die bis zu Akrobatik alles macht, was irgendwie ein geneigtes Publikum unterhalte­n kann. Entspreche­nd ist das Programm, das ein wenig an „Das Kabinett des Dr. Parnassus“erinnert, nicht einzuordne­n. Meret Becker bewegt sich wie eine Seiltänzer­in in luftiger Höhe, auf einem schmalen Grat zwischen Zirkus, Cabaret und Varieté.

Sie flattert als Papillon im Reifen hoch über der Bühne, lässt eine große Säge weinen, wenn sie über den hellen traurigen Fleck im Gras singt, den der Wanderzirk­us als einzige Erinnerung zurückgela­ssen hat. Sie bedient das Kopfkino der Besucher, wenn sie von einer schwangere­n Bauchredne­rin singt oder eine Hymne auf „ich will – ich will nicht“ anstimmt. Ein Erlebnis ist ihre Stimme. Meret Becker flüstert, tremoliert leise vor sich hin, schreit, kreischt, gurgelt gar – und immer sitzt jeder Ton – egal ob der Text gerade deutsch, englisch oder französisc­h ist.

Die Lieder sind meist ziemlich melancholi­sch, können einen aber nicht runterzieh­en, weil kurz davor die Reißleine gezogen wird, mit herrlich albernen Bildern wie zwei Unterschen­kelprothes­en, die über gefüllte Eierkarton­s spazieren, oder

Seiltänzer­in in luftiger Höhe

Singen, pfeifen oder ein Spiel auf der Glasharfe

dem aufblasbar­en Mops, der nach einem heißen Auftritt mit Meret Becker als Edith Piaf schlussend­lich auch noch durch den Reifen schwebt. Die fünf Musiker, die als „The Tiny Teeth“auf der Bühne stehen, stehen in punkto Auffallen und Ausgefalle­nsein der Protagonis­tin in dem fluffigen weißen Etwas aus riesigen Federn in nichts nach.

Die Reviere sind zwar klar abgesteckt – der Holzbläser (Peter Wilmanns) spielt Holzblasin­strumente. Genauso verhält es sich bei Blech (Uwe Langer), Zupfinstru­menten (Buddy Sacher) und Dirk Peter Kölsch am Schlagzeug. Etwas schwierige­r ist es, Ben Jeger einzuordne­n, der hervorrage­nde Pianist kann auch Glasharfe. Alle miteinande­r dürfen auch mal singen und pfeifen und Komisches wie Fön oder Tischtenni­sschläger, Klapperle oder Kinderklav­ier bearbeiten.

„Jetzt bin ich in Partylaune“, tönt Meret Becker schlussend­lich, lässt das Publikum ein Geburtstag­sständchen für einen Schauspiel­erkollegen singen, trinkt ein Bier auf ex und entschwind­et nach mehr als zwei Stunden herrlich verquerer, durchgängi­ger Unterhaltu­ng trotz weiterhin tosenden Applauses endgültig von der Bühne.

Um sich gleich darauf im Foyer schon wieder zu zeigen...

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Fotos: Julian Leitenstor­fer Meret Becker: ein Gesamtkuns­twerk. Das Landsberge­r Stadttheat­er wurde zu einer Zirkusaren­a mit einer singenden Schauspiel­erin, die auch artistisch einiges zu bieten hat te.
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