Landsberger Tagblatt

Immer mehr Eltern bleiben beim kranken Kind

Familie Wenn ein Virus die Tochter oder den Sohn erwischt, stehen viele berufstäti­ge Mütter und Väter vor einem großen Problem: Wer kümmert sich jetzt daheim um den Nachwuchs?

- VON GALINA BAUER

Augsburg Sobald die ersten Kinder in der Schule oder Kitagruppe krank werden, sind die meisten Eltern in Alarmberei­tschaft. Hoffentlic­h erwischt es nicht den eigenen Spross. Jetzt auf der Arbeit fehlen? Unmöglich. Da ist doch dieses wichtige Projekt. Außerdem hat man doch schon vergangene­n Monat vier Tage gefehlt, weil die Tochter einen Magen-Darm-Infekt hatte. Zwar ist der Druck auf Arbeitnehm­er groß, doch Untersuchu­ngen bayerische­r Krankenkas­sen ergaben, dass Eltern immer öfter von ihrer Arbeit freigestel­lt werden, um die Kinder zu Hause gesund zu pflegen. Sie haben Anspruch auf das sogenannte Kinderkran­kengeld.

Nach Angaben des bayerische­n Gesundheit­sministeri­ums gaben Krankenkas­sen 2006 noch 96,46 Millionen Euro für Kinderkran­kengeld aus. Seitdem sind die Ausgaben gestiegen, 2014 waren es bereits mehr als doppelt so viele. Auch die AOK Bayern, die größte Krankenkas­se im Freistaat, beobachtet diesen Trend. Während ihre Mitglieder diese Leistung 2012 knapp 50000 Mal in Anspruch nahmen, zählte die Krankenkas­se 2016 rund 75000 Fälle – ein Anstieg um 50 Prozent. Und in den vergangene­n fünf Jahren blieb ein Elternteil nicht nur öfter, sondern auch länger beim Kind daheim. Die Zahl der Fehltage stieg von etwa 117000 (2012) auf knapp 164 000 (2016) an.

AOK-Sprecherin Vedrana Roma- hinke Bayern trotzdem etwas hinterher.

Auffällig sei der Unterschie­d zu ostdeutsch­en Bundesländ­ern. Mit 28 Prozent Väter-Anteil sind Sachsen und Thüringen Vorreiter. Ein Grund könne sein, dass ostdeutsch­e Frauen häufiger arbeiten, erklärt Schwab. Gleichbere­chtigte Doppelverd­iener-Modelle im Osten seien immer noch stärker verbreitet. Dagegen sei in Bayern der Hausfrauen­anteil viel höher.

SPD-Landtagsab­geordnete Simone Strohmayr sieht den Anstieg des Kinderkran­kengeldes darin begründet, dass die Zahl der Alleinerzi­ehenden ansteigt. Egal ob Frau oder Mann, sie alle würden auf der Arbeit einen Druck spüren. Strohmayr, selbst dreifache Mutter, sagt: „Einmal fehlen ist in Ordnung. Aber beim zweiten oder dritten Mal bekommen viele Unmut zu spüren.“Das liege daran, dass sowohl der

Immer öfter arbeiten beide Elternteil­e

Im Job spüren Mütter und Väter oft den Unmut

Chef als auch die Kollegen freigestel­lte Mütter und Väter nicht genügend akzeptiere­n – nur eine von vielen Stellschra­uben, an denen gedreht werden müsste.

Strohmayr wünscht sich nicht nur flexiblere Arbeitszei­ten, sondern mehr Betreuungs­angebote auf ehrenamtli­cher Basis. Die Politikeri­n hat Nachbarsch­aftshilfen im Kopf. Gute Beispiele gibt es in Form von Karteien und Nachbarsch­aftshilfen für Senioren. Wenn es nach Strohmayr geht, sollten solche Projekte flächendec­kend existieren, vor allem auch für junge Familien mit Kindern.

 ?? Foto: Silvia Marks, dpa ?? Die Arbeit ruft, doch das Kind ist wieder krank. In dieser Situation haben berufstäti­ge Eltern von Kindern unter zwölf Jahren einen Rechtsansp­ruch darauf, sich für einige Tage im Jahr freistelle­n zu lassen – inklusive Kinderkran­kengeld.
Foto: Silvia Marks, dpa Die Arbeit ruft, doch das Kind ist wieder krank. In dieser Situation haben berufstäti­ge Eltern von Kindern unter zwölf Jahren einen Rechtsansp­ruch darauf, sich für einige Tage im Jahr freistelle­n zu lassen – inklusive Kinderkran­kengeld.

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