Wie FCA-Manager Reuter mit Druck umgeht
Interview Stefan Reuter kam zum FCA, als der Verein mit einem Bein in der zweiten Liga stand. Später spielten die Augsburger sogar in der Europa League. Der Geschäftsführer über Druck im Fußball: als Spieler und als Funktionär
Hier in der Fankneipe des neuen Verwaltungsgebäudes gibt es einen Schaukasten mit den Trikots der Gegner in der Europa-League. Sie hatten einen großen Anteil an diesem Highlight. Reuter: Da waren ganz viele involviert…
Na ja, als Sie im Dezember 2012 zum FCA gekommen sind, war die Mannschaft mit neun Punkten Letzter. Der Abstieg schien sicher. Sie behielten die Ruhe, hielten an Trainer Markus Weinzierl fest. War der Druck auf Sie persönlich nicht sehr groß?
Reuter: Walther Seinsch hat zu mir gesagt: Herr Reuter, der Druck ist gar nicht so groß, weil wir ohnehin davon ausgehen, dass wir in den nächsten Jahren zweimal absteigen. Unser Ziel war es, den FC Augsburg unter den Top-25-Klubs in Deutschland zu etablieren. Wir wollten so aufgestellt sein, dass wir im Abstiegsfall möglichst schnell die Chance haben, wieder aufzusteigen. Es ist dann glücklich und grandios gelaufen. Wir haben, Gott sei Dank, den Abstieg bisher immer wieder vermieden. Aber der kann kommen. Das muss auch jedem immer wieder bewusst sein. Bundesligafußball ist für den FC Augsburg nicht selbstverständlich.
Stichwort Druck: Per Mertesacker hat mit einem bemerkenswerten Interview ein Tabu gebrochen und über seine Probleme gesprochen. Wie sehen Sie diese Diskussion?
Reuter: Ich würde gerne mit ihm persönlich über dieses Thema sprechen, ob dieses Thema bekannt war, was man gemacht hat und wie man mit der Situation gerade in der Nationalmannschaft umgegangen ist. Denn da gab es sicher eine sportpsychologische Betreuung. Ich bin überzeugt, dass man so ein Thema nicht verallgemeinern kann.
Wie sind Sie in ihrer aktiven Zeit mit Druck umgegangen?
Reuter: Ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe das nie so verspürt. Man hat natürlich vor wichtigen Spielen eine andere Nervosität und Anspannung. Aber in dem Moment, in dem ich auf den Platz gegangen bin, war ich mit meiner Aufgabe so vertraut und mental so im Spiel, dass ich das nie als Belastung oder Druck empfunden habe.
Wie ist der Druck als Geschäftsführer Sport? Sie sind für viel Geld und vor allem Menschen verantwortlich. Reuter: Es gibt immer wieder Pha- sen, in denen man sich seiner Verantwortung bewusst wird und sich sehr viele Gedanken macht. Diese Phasen hast du als Manager deutlich öfter als als Spieler.
Wie gehen Sie persönlich mit der Belastung um?
Reuter: Es ist ein Segen, dass ich sehr gut schlafen kann. Das konnte ich schon früher. Selbst vor wichtigen Abendspielen habe ich mich am Mittag immer noch mal hingelegt. Es ist für mich auch jetzt wichtig bei Stress und Druck, dass ich genug Ruhe habe, genug Schlaf bekomme und auch zum Ausgleich Sport treibe. Wenn ich mich als Spieler müde gefühlt habe, bin ich locker Laufen gegangen.
Eine sehr stressige Phase ist die Transferzeit. Im Winter haben Sie innerhalb von 14 Tagen acht Spieler transferiert. Empfanden Sie das nicht auch als Belastung?
Reuter: Da hatten wir eigentlich kei- nen so großen Druck. Schwieriger ist es, wenn du Verstärkungen brauchst und nachlegen musst. So haben wir einfach gemeinsam mit den Spielern und deren Beratern nach vernünftigen Lösungen gesucht. Das ist normales Business.
Es ist Ihnen allerdings nicht gelungen, Erik Thommy zu halten. Warum? Reuter: Da müssen Sie den Spieler fragen. Wir haben ein Angebot vorgelegt.
Warum haben Sie ihn aber jetzt in der Winterpause noch an einen Mitkonkurrenten abgegeben?
Reuter: Natürlich haben wir uns das genau überlegt, ob wir jetzt einen Spieler fördern, der im Sommer weg ist, oder einen Spieler, der im nächsten Jahr noch da ist. Aber ich kann Ihnen versichern, wir haben Erik Thommy nicht verschenkt.
Haben Sie nie daran gedacht, den einen oder anderen Spieler zu holen? Reuter: Wir haben, bevor wir den Transfers zugestimmt haben, überlegt, wie wir das im Kader kompensieren können. Dass wir in den letzten Wochen viele Verletzte hatten, die auch noch lange ausfallen, ist bitter. Glücklicherweise führen wir das Interview, das muss ich zugeben, nach dem Sieg in Hannover.
Im Sommer werden sechs verliehene Spieler wieder zurückkommen. Wie gehen Sie damit dann um?
Reuter: Wir werden in aller Ruhe mit den Spielern Gespräche führen. Der eine oder andere wird dabei sein, der sagt: Dort, wo ich gerade bin, fühle ich mich wohl, die wollen mich. Wenn wir dann sagen, okay, wir können das verschmerzen, wird man eine Lösung finden. Es kann aber genauso sein, dass wir zu dem einen oder anderen Spieler sagen: Wir haben dir bewusst die Möglichkeit gegeben, Spielpraxis zu sammeln, wir planen mit dir. Diese Gespräche haben wir aber noch nicht geführt. Die Entwicklung der FCA-Spieler weckt aber auch Begehrlichkeiten. Hypothese: Markus Weinzierl wird im Sommer Trainer bei Borussia Mönchengladbach und würde gerne Alfred Finnbogason, Jeffrey Gouweleeuw und Philipp Max verpflichten. Reuter: Dann muss er zu den Verantwortlichen gehen und sagen, dass sie uns Angebote machen sollen. Aber es wäre sehr unwahrscheinlich, dass er die Spieler bekommen würde.
Aber das ist das Los des FCA, dass Spieler abgeworben werden.
Reuter: Wir stellen aber auch fest, dass sich die Spieler hier unheimlich wohlfühlen. Sie sehen, dass im Klub eine gewisse Stabilität herrscht. Wir können den Spielern sehr viel bieten. Es ist nicht der automatische Weg, wenn sich einer gut entwickelt, dass er zu einem anderen Klub muss. Auch wir als FC Augsburg haben uns kontinuierlich weiterentwickelt und wollen das weiter tun.
Ein Blick auf das Spiel heute (15.30 Uhr) gegen Werder Bremen. Es ist wieder ein Heimspiel, die letzten zwei waren nicht so gut.
Reuter: Bremen macht einen sehr guten Eindruck, hat gut gepunktet. Es wird wieder ein sehr hart umkämpftes Spiel werden.
Aber Stuttgart und Hoffenheim waren nicht berauschend ….
Reuter: Da hatten wir Probleme, die Verletzungen zu kompensieren. Das gelingt nicht immer. Wir müssen auch aus den Spielen, die nicht so gut gelaufen sind, unsere Lehren ziehen. Das Gute hier ist, dass die Dinge sachlich und ruhig analysiert werden. Wir schauen immer, wo wir was besser machen können, um erfolgreich zu sein.
Wann ist diese Saison für Sie erfolgreich?
Reuter: Wenn wir vorzeitig die Klasse gesichert haben. Mir wäre es recht, wenn wir am letzten Spieltag nicht nach Freiburg fahren und dort zwingend etwas mitnehmen müssen. ● Stefan Reuter ist seit 2012 Ge schäftsführer Sport des FC Augs burg. Der 51 Jährige wurde in seiner aktiven Karriere Welt und Euro pameister. Mit Borussia Dortmund gewann er die Champions League. Insgesamt holte er vier Mal die Meis terschaft.