Landsberger Tagblatt

Wie FCA-Manager Reuter mit Druck umgeht

Interview Stefan Reuter kam zum FCA, als der Verein mit einem Bein in der zweiten Liga stand. Später spielten die Augsburger sogar in der Europa League. Der Geschäftsf­ührer über Druck im Fußball: als Spieler und als Funktionär

- Interview: Robert Götz

Hier in der Fankneipe des neuen Verwaltung­sgebäudes gibt es einen Schaukaste­n mit den Trikots der Gegner in der Europa-League. Sie hatten einen großen Anteil an diesem Highlight. Reuter: Da waren ganz viele involviert…

Na ja, als Sie im Dezember 2012 zum FCA gekommen sind, war die Mannschaft mit neun Punkten Letzter. Der Abstieg schien sicher. Sie behielten die Ruhe, hielten an Trainer Markus Weinzierl fest. War der Druck auf Sie persönlich nicht sehr groß?

Reuter: Walther Seinsch hat zu mir gesagt: Herr Reuter, der Druck ist gar nicht so groß, weil wir ohnehin davon ausgehen, dass wir in den nächsten Jahren zweimal absteigen. Unser Ziel war es, den FC Augsburg unter den Top-25-Klubs in Deutschlan­d zu etablieren. Wir wollten so aufgestell­t sein, dass wir im Abstiegsfa­ll möglichst schnell die Chance haben, wieder aufzusteig­en. Es ist dann glücklich und grandios gelaufen. Wir haben, Gott sei Dank, den Abstieg bisher immer wieder vermieden. Aber der kann kommen. Das muss auch jedem immer wieder bewusst sein. Bundesliga­fußball ist für den FC Augsburg nicht selbstvers­tändlich.

Stichwort Druck: Per Mertesacke­r hat mit einem bemerkensw­erten Interview ein Tabu gebrochen und über seine Probleme gesprochen. Wie sehen Sie diese Diskussion?

Reuter: Ich würde gerne mit ihm persönlich über dieses Thema sprechen, ob dieses Thema bekannt war, was man gemacht hat und wie man mit der Situation gerade in der Nationalma­nnschaft umgegangen ist. Denn da gab es sicher eine sportpsych­ologische Betreuung. Ich bin überzeugt, dass man so ein Thema nicht verallgeme­inern kann.

Wie sind Sie in ihrer aktiven Zeit mit Druck umgegangen?

Reuter: Ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe das nie so verspürt. Man hat natürlich vor wichtigen Spielen eine andere Nervosität und Anspannung. Aber in dem Moment, in dem ich auf den Platz gegangen bin, war ich mit meiner Aufgabe so vertraut und mental so im Spiel, dass ich das nie als Belastung oder Druck empfunden habe.

Wie ist der Druck als Geschäftsf­ührer Sport? Sie sind für viel Geld und vor allem Menschen verantwort­lich. Reuter: Es gibt immer wieder Pha- sen, in denen man sich seiner Verantwort­ung bewusst wird und sich sehr viele Gedanken macht. Diese Phasen hast du als Manager deutlich öfter als als Spieler.

Wie gehen Sie persönlich mit der Belastung um?

Reuter: Es ist ein Segen, dass ich sehr gut schlafen kann. Das konnte ich schon früher. Selbst vor wichtigen Abendspiel­en habe ich mich am Mittag immer noch mal hingelegt. Es ist für mich auch jetzt wichtig bei Stress und Druck, dass ich genug Ruhe habe, genug Schlaf bekomme und auch zum Ausgleich Sport treibe. Wenn ich mich als Spieler müde gefühlt habe, bin ich locker Laufen gegangen.

Eine sehr stressige Phase ist die Transferze­it. Im Winter haben Sie innerhalb von 14 Tagen acht Spieler transferie­rt. Empfanden Sie das nicht auch als Belastung?

Reuter: Da hatten wir eigentlich kei- nen so großen Druck. Schwierige­r ist es, wenn du Verstärkun­gen brauchst und nachlegen musst. So haben wir einfach gemeinsam mit den Spielern und deren Beratern nach vernünftig­en Lösungen gesucht. Das ist normales Business.

Es ist Ihnen allerdings nicht gelungen, Erik Thommy zu halten. Warum? Reuter: Da müssen Sie den Spieler fragen. Wir haben ein Angebot vorgelegt.

Warum haben Sie ihn aber jetzt in der Winterpaus­e noch an einen Mitkonkurr­enten abgegeben?

Reuter: Natürlich haben wir uns das genau überlegt, ob wir jetzt einen Spieler fördern, der im Sommer weg ist, oder einen Spieler, der im nächsten Jahr noch da ist. Aber ich kann Ihnen versichern, wir haben Erik Thommy nicht verschenkt.

Haben Sie nie daran gedacht, den einen oder anderen Spieler zu holen? Reuter: Wir haben, bevor wir den Transfers zugestimmt haben, überlegt, wie wir das im Kader kompensier­en können. Dass wir in den letzten Wochen viele Verletzte hatten, die auch noch lange ausfallen, ist bitter. Glückliche­rweise führen wir das Interview, das muss ich zugeben, nach dem Sieg in Hannover.

Im Sommer werden sechs verliehene Spieler wieder zurückkomm­en. Wie gehen Sie damit dann um?

Reuter: Wir werden in aller Ruhe mit den Spielern Gespräche führen. Der eine oder andere wird dabei sein, der sagt: Dort, wo ich gerade bin, fühle ich mich wohl, die wollen mich. Wenn wir dann sagen, okay, wir können das verschmerz­en, wird man eine Lösung finden. Es kann aber genauso sein, dass wir zu dem einen oder anderen Spieler sagen: Wir haben dir bewusst die Möglichkei­t gegeben, Spielpraxi­s zu sammeln, wir planen mit dir. Diese Gespräche haben wir aber noch nicht geführt. Die Entwicklun­g der FCA-Spieler weckt aber auch Begehrlich­keiten. Hypothese: Markus Weinzierl wird im Sommer Trainer bei Borussia Mönchengla­dbach und würde gerne Alfred Finnbogaso­n, Jeffrey Gouweleeuw und Philipp Max verpflicht­en. Reuter: Dann muss er zu den Verantwort­lichen gehen und sagen, dass sie uns Angebote machen sollen. Aber es wäre sehr unwahrsche­inlich, dass er die Spieler bekommen würde.

Aber das ist das Los des FCA, dass Spieler abgeworben werden.

Reuter: Wir stellen aber auch fest, dass sich die Spieler hier unheimlich wohlfühlen. Sie sehen, dass im Klub eine gewisse Stabilität herrscht. Wir können den Spielern sehr viel bieten. Es ist nicht der automatisc­he Weg, wenn sich einer gut entwickelt, dass er zu einem anderen Klub muss. Auch wir als FC Augsburg haben uns kontinuier­lich weiterentw­ickelt und wollen das weiter tun.

Ein Blick auf das Spiel heute (15.30 Uhr) gegen Werder Bremen. Es ist wieder ein Heimspiel, die letzten zwei waren nicht so gut.

Reuter: Bremen macht einen sehr guten Eindruck, hat gut gepunktet. Es wird wieder ein sehr hart umkämpftes Spiel werden.

Aber Stuttgart und Hoffenheim waren nicht berauschen­d ….

Reuter: Da hatten wir Probleme, die Verletzung­en zu kompensier­en. Das gelingt nicht immer. Wir müssen auch aus den Spielen, die nicht so gut gelaufen sind, unsere Lehren ziehen. Das Gute hier ist, dass die Dinge sachlich und ruhig analysiert werden. Wir schauen immer, wo wir was besser machen können, um erfolgreic­h zu sein.

Wann ist diese Saison für Sie erfolgreic­h?

Reuter: Wenn wir vorzeitig die Klasse gesichert haben. Mir wäre es recht, wenn wir am letzten Spieltag nicht nach Freiburg fahren und dort zwingend etwas mitnehmen müssen. ● Stefan Reuter ist seit 2012 Ge schäftsfüh­rer Sport des FC Augs burg. Der 51 Jährige wurde in seiner aktiven Karriere Welt und Euro pameister. Mit Borussia Dortmund gewann er die Champions League. Insgesamt holte er vier Mal die Meis terschaft.

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 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Trikots und Schal künden von der Europa Tour des FC Augsburg vor wenigen Jahren. Doch Geschäftsf­ührer Stefan Reuter warnt davor, dass auch immer noch der Abstieg in die zweite Liga möglich ist.
Foto: Ulrich Wagner Trikots und Schal künden von der Europa Tour des FC Augsburg vor wenigen Jahren. Doch Geschäftsf­ührer Stefan Reuter warnt davor, dass auch immer noch der Abstieg in die zweite Liga möglich ist.

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