Landsberger Tagblatt

Grippe und Co.

Grippe Die Erkältungs­welle hat den Landkreis noch fest im Griff. Die Wartezimme­r sind voll und viele Ärzte schaffen es nicht, die bettlägeri­gen Patienten zu Hause zu versorgen. Viele Kranke müssen deshalb ins Klinikum

- VON ALEXANDRA LUTZENBERG­ER UND STEPHANIE MILLONIG

Die Grippewell­e und ihre Ausläufer haben Landsberg voll im Griff. Viele Hausärzte sind so überlastet, dass sie keine Hausbesuch­e mehr machen können.

Landsberg „Es ist der Wahnsinn, wir sind alle am Anschlag und können bald nicht mehr“, so beschreibt Dr. Regina Kläger die Situation der Ärzte bei der derzeitige­n Grippewell­e. Erkältunge­n, Streptokok­keninfekti­on und Magen-Darm-Grippe

– viele Menschen im Landkreis Landsberg sind derzeit krank. Die Arztpraxen sind überfüllt und die Ärzte oft nicht einmal mehr in der Lage, Hausbesuch­e zu machen. „Wir machen Hausbesuch­e, aber alles schaffen wir nicht.“Das gelte für die Ärzte in ganz Bayern.

Im Landkreis ist die Grippewell­e mit hartnäckig­em Husten und eitrigen Halsentzün­dungen noch lange nicht zu Ende. Erwischt hat es diesmal auch die Redaktion des Landsberge­r Tagblatts. Redakteuri­n Regina

Sehr hartnäckig­e Entzündung­en

Miller hatte Hals-, Kopf- und Gliedersch­merzen, Husten und Schnupfen und versuchte alles mit Hausmittel­n zu bekämpfen. Mit heißem Ingwerwass­er und einem Meersalzba­d zum Beispiel, mit Eukalyptus­öl, vielen Vitaminen und homöopathi­schen Tropfen. Und mit Tee. „Zum Arzt bin ich nicht gegangen, da muss man im Moment zwei Stunden im Wartezimme­r sitzen.“LT-Redaktions­leiterin Alexandra Lutzenberg­er bekam eine Kehlkopfen­tzündung. Ihr Hals-Nasen-Ohren-Arzt verschrieb sofort ein Antibiotik­um und die Entzündung konnte ausheilen. Allerdings dauerte es fast zwei Wochen, bis sie wieder fit war. „Die Entzündung ist sehr hartnäckig.“

Weniger Glück hatte die Dießener Künstlerin Annunciata Foresti. „Ich hatte eine Kehlkopfen­tzündung, konnte nicht mehr sprechen und fuhr extra nach Landsberg zum Facharzt. Allein das Taxi kostete 120 Euro. Der Arzt sagte, das sei eine Virusinfek­tion, er könne mir kein Antibiotik­um verschreib­en, und schickte mich mit einem Spray wieder heim.“Am nächsten Tag musste Foresti ins Krankenhau­s nach Herrsching gebracht werden. Die dortige Therapie: ein Antibiotik­um und Infusionen. Bei den derzeitige­n Infekten kommt man um ein Antibiotik­um nicht so einfach herum. „Der Ursprung der Infektion ist oft ein Virus, wenn sich aber eitrige Beläge bilden, muss man die Bakterien mit einem Antibiotik­um bekämpfen“, sagt Notarzt Dr. Wolfgang Weisensee. „Nur die Hälfte der Hausärzte macht überhaupt noch Hausbesuch­e.“Zudem seien die Praxen voll. Deshalb sei es für diese Ärzte schwer, derzeit alle gewünschte­n Hausbesuch­e zu machen. „Den Ärzten fehlt schlichtwe­g die Zeit.“Weisensee ist auch zweiter Vorsitzend­er des ärztlichen Kreisverba­ndes Landsberg. Nicht nur die Hausarztpr­axen sind, so Weisensee, voll, sondern auch die Krankenhäu­ser. Viele Kranke seien bettlägeri­g und müssten wegen hohem Fieber und Durchfalle­rkrankunge­n den Notarzt rufen. Den Fotografen Thorsten Jordan aus Landsberg hat es auch schlimm erwischt. Husten, hohes Fieber und keine Stimme mehr. Er konnte nicht einmal mehr das Bett verlassen. Gut war in dieser Situation, dass viele Apotheken die Medikament­e nach Hause liefern und der Patient die Wohnung nicht verlassen muss.

Die Krankheits­welle, die einige Patienten auch in die Kliniken bringt, sei noch nicht am Abebben, sagt Weisensee. Die Betroffene­n erholen sich nur sehr langsam und bekommen oft einen Rückfall. Als Notarzt erlebte er, dass in den Krankenhäu­sern der Region keine Patienten mehr aufgenomme­n werden. Ihn wundere nicht, dass die Kliniken mit dem derzeitige­n Krankenauf­kommen nicht zurechtkom­men, obwohl es sich um keine wirkliche Epidemie handle. Das Personal und die Betten seien reduziert worden, denn Krankenhäu­ser werden nach strengen betriebswi­rtschaftli­chen Kriterien geleitet. Er kritisiert auch, dass die gut funktionie­renden Bereitscha­ftspraxen des Ärztenetze­s Gesola, die am Abend oder am Wochenende Kranken zur Verfügung standen, durch ein Bereitscha­ftssystem der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g ersetzt wurden.

Aber auch die gesellscha­ftliche Entwicklun­g sieht Weisensee als einen Grund der derzeitige­n Engpässe. Immer mehr Menschen lebten in

Das Problem der Singlehaus­halte

Singlehaus­halten und hätten niemanden mehr, der sie versorgt. Und dann werde beispielsw­eise eine Norovirene­rkrankung zum Problem. Denn obwohl sich diese meist nur zwei oder drei Tage andauernde Krankheit oft daheim auskuriere­n ließe, muss jemand da sein, der sich um die Kranken kümmert, da diese sehr schwach sind. Als Notarzt kann Weisensee solche Patienten nicht einfach ohne Versorgung in ihrer Wohnung lassen: „Soziale Indikation“nennt sich dann der Befund. In manchen Gemeinden gibt es Nachbarsch­aftshilfen, die gegen diese Vereinzelu­ng ankämpfen, was Weisensee sehr begrüßt. In den Apotheken wird derzeit viel verkauft. Und zwar schon seit Weihnachte­n.

Was ist nun eine echte Grippe? Die Influenza – auch Virusgripp­e genannt – ist eine durch Viren ausgelöste Infektions­krankheit bei Menschen.

Alltagsspr­achlich wird die Bezeichnun­g häufig auch für grippale Infekte verwendet, bei denen es sich um verschiede­ne andere, in der Regel deutlich harmloser verlaufend­e Infektione­n handelt.

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Foto: J. Leitenstor­fer LT Redakteuri­n Regina Miller kurierte sich zu Hause aus. Mit viel Tee und homöopathi­schen Medikament­en.

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