Landsberger Tagblatt

Löffelweis­e zum Erfolg

Unternehme­n in der Region Vor vier Jahren haben Denis und Daniel Gibisch ihre Jobs gekündigt, um Bio-Suppen zu verkaufen. Heute stehen ihre Produkte in jedem Supermarkt. Der Weg dorthin war jedoch nicht immer leicht

- VON SARAH SCHIERACK

Augsburg Immer wieder mal kommt es vor, dass sich junge Unternehme­r bei Daniel und Denis Gibisch melden. Sie kennen die Brüder aus dem Fernsehen oder von jenen Veranstalt­ungen, auf denen sich die Startup-Szene trifft. Die NachwuchsG­ründer wollen wissen, wie man das schaffen kann: mit der eigenen Firma ziemlich schnell ziemlich erfolgreic­h zu werden. Die Gibisch-Brüder geben dann einige Tipps, erzählen aber auch von den zähen Anfängen. Von jener Zeit also, bevor eine Fernseh-Show ihre Suppen-Firma Little Lunch quasi über Nacht bekannt gemacht hat.

Denis und Daniel Gibisch haben damals zwei Schreibtis­che, 40 000 Euro Schulden und ein paar Paletten Suppen im Glas, alles bio, ohne künstliche Zusatzstof­fe, hübsch anzuschaue­n, aber eben auch: noch nicht sehr bekannt. Die Brüder haben kurz zuvor ihre Jobs gekündigt, sie sprechen bei Augsburger BioLäden vor, versuchen ihre Produkte dort anzubieten. Die ersten 6000 Suppen sind nach acht Wochen weg. Der große Erfolg will sich trotzdem nicht einstellen. Dass sie ausgerechn­et mit Suppen ihr Geld verdienen wollen, können manche Freunde oder Familienmi­tglieder nicht so richtig nachvollzi­ehen. Denn Suppe, das klingt erst mal ein wenig bieder, nach Schulküche oder Firmenkant­ine. Die Brüder sind trotzdem überzeugt von ihrer Idee. Sie wollen das Traditions­gericht neu erfinden, mit frischen Zutaten und raffiniert­en Rezepten. Die Gibisch-Brüder nennen das die „Tütensuppe 2.0“: gesundes Mittagesse­n, das gut schmeckt, sich überall mit hinnehmen und vor allem unkomplizi­ert lagern lässt. Die Expertise holen sie sich am Anfang vom Augsburger Spitzenkoc­h Gerhard Frauenschu­h, der die Betriebsga­stronomie des MAN-Konzerns leitet. Die Suppen lassen sie dann nach ihren Rezepten abfüllen.

Im Frühjahr 2015 bewerben sich die Brüder bei der Fernsehsen­dung „Die Höhle der Löwen“. Ein Jahr zuvor war die erste Staffel der Gründer-Show auf dem Sender Vox gelaufen. Nachwuchsu­nternehmer präsentier­en in dem TV-Format ihre Geschäftsi­deen vor fünf Investoren. Die Experten können ihr Geld als Risikokapi­talgeber investiere­n, im Gegenzug erhalten sie Firmenante­ile. Die Sendung kommt von Anfang an beim Publikum an, anderthalb Millionen Menschen schalten schon damals ein.

Der Auftritt verändert für die Gibisch-Brüder alles. Acht Tage vor der Ausstrahlu­ng stellen sie die ersten zwei Mitarbeite­r ein. In den Tagen nach der Sendung müssen Freunde und Familie mithelfen, um die über 5000 Kundenanfr­agen zu beantworte­n. Der Internet-Bezahldien­st Paypal sperrt kurzzeitig das Konto. Die Kontrolleu­re sind misstrauis­ch, weil plötzlich immer mehr Geld eingeht.

Auf einmal stehen die Suppen, die vorher kaum jemand kannte, in jedem Supermarkt-Regal. Die Unter- nehmer steigern ihren Umsatz auf 600000 Euro und damit um 3000 Prozent. Mittlerwei­le haben sie einen Jahresumsa­tz von zwölf Millionen Euro. In diesem Jahr sollen es 20 Millionen Euro werden. Bis heute ist kein Unternehme­n aus der Sendung erfolgreic­her als das Start-up aus Augsburg.

Nicht lange nach ihrem Fernsehauf­tritt haben die Brüder mit ihrer Firma ein Loft in einem umgebauten Kühlhaus bezogen, das auf dem Gelände des alten Augsburger Schlachtho­fs steht. 20 Menschen arbeiten mittlerwei­le dort. Die Räume sind hell und offen, von der Decke baumelt eine Holzschauk­el, an der Wand hängen Aquarell-Malereien der Little-Lunch-Suppen. Regelmäßig wird zusammen gekocht. Es ist ein Ort, der eher wie ein Wohnzimmer wirkt als wie ein Büro.

Daniel Gibisch, 34 Jahre, grauer Pulli, rötlicher Bart, hat auf einem großen Sofa am Fenster Platz genommen. Dass man sich im LittleLunc­h-Hauptquart­ier wohlfühlt, ist ihm wichtig. „Wir sind eigentlich immer hier“, erzählt er. Für ein Privatlebe­n bleibt nicht mehr viel Zeit, das Unternehme­n beschäftig­t ihn und seinen zwei Jahre älteren Bruder die meiste Zeit des Tages. Die Gibisch-Brüder reisen durch Deutschlan­d, ins Ausland, sie treffen sich mit Vertretern von Handelsket­ten, mit anderen Unternehme­rn. Das Start-up-Leben lässt sich kaum mit einem geregelten Feierabend vereinen. „Aber wir machen das einfach extrem gerne“, sagt Gibisch. Für ihn ist Little Lunch kein Job, sondern Teil seines Lebens.

Bis 2014 hat er als Webentwick­ler gearbeitet, sein Bruder Denis war als Logistikle­iter beschäftig­t. Beide haben schon immer davon geträumt, sich irgendwann selbststän­dig zu machen. Sie entwickelt­en Ideen, dachten über ein eigenes Restaurant nach, dann über eine Currywurst-Bude. Am Ende wurden es die Bio-Suppen. Heute verkaufen sie etwa eine Million Suppengläs­er im Monat. Die Produkte stehen in Supermärkt­en in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz, bald sollen sie auch nach Polen und Italien verkauft werden. Längst haben die Brüder ihr Sortiment erweitert: Von Little Lunch gibt es auch Smoothies, Brühe und Fonds. Vergangene­s Jahr haben die Unternehme­r ein eigenes Kochbuch veröffentl­icht.

Wie sehen die nächsten Ziele aus? Denis Gibisch hat sich mittlerwei­le neben seinen Bruder gesetzt. Beide schauen sich an, lachen. „Noch viel größer zu werden“, sagt Daniel Gibisch. „Das ist das Ziel.“Und was ist ihr Antrieb? Denis Gibisch braucht nicht lange, um zu antworten. „Der Erfolg, eindeutig.“Hätte es diesen Erfolg auch ohne die TVShow gegeben? So erfolgreic­h wie heute, sagt Denis Gibisch, wären sie ohne „Die Höhle der Löwen“auf keinen Fall. 180000 Euro Risikokapi­tal haben Tech-Investor Frank Thelen und Teleshoppi­ng-Unternehme­rin Judith Williams damals in das junge Start-up gesteckt.

Aber noch wichtiger als das Geld waren die Ratschläge und die Kontakte, die beide den Brüdern vermittelt haben. Frank Thelen öffnete ihnen die Tür zu Rewe. Judith Williams sorgte dafür, dass die LittleLunc­h-Produkte regelmäßig beim Münchner Verkaufsse­nder HSE24 angeboten werden.

Am Anfang standen die Brüder noch gemeinsam mit Williams vor der Kamera. Mittlerwei­le haben sie dafür kaum noch Zeit. Ihr Ersatz kommt aber aus der Familie: „Unsere Mutter hat das jetzt übernommen“, sagt Denis Gibisch, lacht und fügt dann hinzu. „Sie macht das besser als wir.“

 ?? Fotos: Ulrich Wagner ?? Vor vier Jahren haben Denis (links) und Daniel Gibisch ihr Unternehme­n Little Lunch gegründet. Mit einem Auftritt in der Grün der Show „Die Höhle der Löwen“haben sie ihren Umsatz fast über Nacht um 3000 Prozent gesteigert.
Fotos: Ulrich Wagner Vor vier Jahren haben Denis (links) und Daniel Gibisch ihr Unternehme­n Little Lunch gegründet. Mit einem Auftritt in der Grün der Show „Die Höhle der Löwen“haben sie ihren Umsatz fast über Nacht um 3000 Prozent gesteigert.
 ??  ?? Mittlerwei­le verkauft Little Lunch etwa eine Million Suppen im Monat.
Mittlerwei­le verkauft Little Lunch etwa eine Million Suppen im Monat.

Newspapers in German

Newspapers from Germany