Landsberger Tagblatt

Bayern feiern

100 Jahre Freistaat Beim schwäbisch­en Festakt zum bayerische­n Doppeljubi­läum geht es um die Themen Integratio­n und gelebte Vielfalt. Warum die Musik dabei eine besondere Rolle spielt

- VON MICHAEL BÖHM

Augsburg 200 Menschen in einem Saal. Burschen in Lederhosen, junge Frauen mit Kopftücher­n und in Abendkleid­ern, Männer in Uniformen und jede Menge Schlipsträ­ger. Wenn all diese Menschen im Kanon „Viel Glück und viel Segen“singen sollen – dann kann das funktionie­ren. Muss es aber nicht. So sei das eben mit der Integratio­n, erklärt Mark Mast, Chefdirige­nt des Kammerorch­esters der Bayerische­n Philharmon­ie, ehe er seinen Dirigenten­stab anhebt. Es ist das Finale des schwäbisch­en Festaktes im bayerische­n Jubiläumsj­ahr.

100 Jahre Freistaat, 200 Jahre Verfassung­sstaat. „Zwei große Jubiläen für ein großes Bayern“, sagte Integratio­nsminister­in Emilia Müller zur Eröffnung der Feierlichk­eiten im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses. Diese stehen unter dem Motto „Unsere Heimat – weltoffen und vielfältig“. Für solch eine Veranstalt­ung sei Augsburg der ideale Ort, schließlic­h habe die Stadt deutschlan­dweit einen der höchsten Migrations­anteile, erklärt Müller. Von rund 290000 Einwohnern hätten rund 135 000 einen ausländisc­hen Hintergrun­d. Wo könne man also besser über gelebte Vielfalt und gelingende Integratio­n sprechen als in der schwäbisch­en Hauptstadt?

Genau das wurde dann unter der Anleitung von Fernsehmod­erator Amiaz Habtu in bunter Runde auch getan. Die Quintessen­z: Ohne das Wörtchen „aber“scheint eine Diskussion über Integratio­n kaum möglich zu sein. Wir fördern die Integratio­n, sagte Ministerin Müller, aber wir fordern sie auch ein. Wir sind weltoffen, sagte Augsburgs Oberbürger­meister Kurt Gribl, aber damit einher gehen auch große Herausford­erungen. Wir tun schon viel, sagte die Grünen-Politikeri­n Katharina Schulze, aber wir müssen noch viel mehr tun. Integratio­n ist unabdingba­r, sagte die Augsburger Studentin Büsra Köse, aber sie darf nicht bedeuten, dass jeder Mensch seine Identität über Bord werfen muss. Vielfalt kann Rückschrit­te bedeuten, sagte Unternehme­r Amir Roughani, vor allem aber auch eine Chance für Fortschrit­t.

Und so liegt es an diesem Abend schließlic­h an der Musik, zu beweisen, dass Integratio­n auch ohne „aber“auskommen kann. Neun Streicher habe er mitgebrach­t, erzählt Dirigent Mast, aus insgesamt zehn Nationen. Das sei Standard bei den Bayerische­n Philharmon­ikern. Dann hebt er seinen Dirigenten­stab – und 200 Menschen singen dem Freistaat im vierstimmi­gen Kanon ein „Viel Glück und viel Segen“. Es klingt gut.

Am heutigen Samstag gehen die Feierlichk­eiten weiter. Im Kongress am Park in Augsburg findet ein „Fest der Begegnung“statt. Mitfeiern dürfen Menschen, die sich aktiv für die Integratio­n und gelebte Vielfalt einsetzen. Allerdings nur geladene Gäste. Schade eigentlich.

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Foto: Ulrich Wagner Integratio­nsminister­in Emilia Müller spricht im Goldenen Saal in Augsburg über ge lebte Vielfalt im Freistaat Bayern.

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