Mit 67 Jahren ging er zum ersten Mal ins Fitnessstudio
Porträt Der 90-jährige Albert Birkner trainiert viermal in der Woche. Er überquerte im Segelboot den Atlantik und hatte ein aufregendes Leben
Landsberg Mit 67 das erste Mal ins Fitnessstudio, mit knapp 70 eine Atlantiküberquerung im Segelboot, zum 80. ein Gleitschirmflug, und als Albert Birkner sich zum 90. einen Fallschirmsprung aus 3000 Metern Höhe wünschte, streikte seine Frau. „Wenn ich zurückkäme, hätte sie die Schlösser ausgewechselt, hat sie gedroht, und dann habe ich nachgegeben.“Albert Birkner ist aktiv, und er liebt es zu reisen, auch wenn er es jetzt ruhiger angehen lassen möchte: „Lange Reisen nur noch, wenn mein Herzprofessor mitkommt“.
Seit genau 23 Jahren, genau genommen seit der Rente, geht Albert Birkner viermal die Woche ins Fitnessstudio Zendo in Kaufering. Dreimal trainieren, einmal in der Salzgrotte entspannen. Er steht auf, als ob er zur Arbeit gehen würde, verbringt den Vormittag im Studio, trifft sich um halb Zwölf mit befreundeten „Herren“zum Weißbier im Hotel Rid gegenüber vom Bahnhof Kaufering und wenn er dann nach Hause kommt, hat seine Frau das Essen fertig. „Ohne Fitnessstudio wäre mir langweilig, ich hab ja kein Hobby, ich habe nur gearbeitet.“
Ein bewegtes Leben liegt hinter ihm, er hat „gut gelebt, viel verdient und viel ausgegeben“, wie er es zusammenfasst. 1928 fährt seine Mutter zur Geburt ins heimische Landshut, groß wird der Junge mitten in München hinterm Rathaus. Mit 14 beginnt er eine Lehre als Kellner im Luxushotel Regina Palast. Mit 16, mitten im Krieg, wird er als Flak-Helfer nach Dachau geschickt. Nach dem Krieg beschließen er und 15 seiner Kellnerkolle- gen, nach Australien auszuwandern. Acht Jahre arbeitete Albert Birkner als Zugführer im Bundesstaat New South Wales. „Wir sind damals in Lederhosen in Sydney angekomMünchner men, da haben sie nicht schlecht gestaunt.“Er wäre da geblieben, aber seine Frau hatte Heimweh nach München, und so gingen sie 1960 zurück. Wieder kommt ein neues Arbeitsfeld, Albert Birkner arbeitet sich bis zum Abteilungsleiter in einer Münchner Datenverarbeitungsfirma hoch. Er lernt den ehemaligen Waffenlobbyisten und Strauß-Vertrauten (und später wegen Steuerhinterziehung verurteilten) Karlheinz Schreiber kennen und arbeitet fortan als Prokurist von dessen Kauferinger Straßenmarkierungsfirma Bayerische Bitumen-Chemie. In dieser Zeit ist Birkner weltweit unterwegs, „ich glaube, es gibt keine Großstadt der Welt, die ich nicht gesehen habe.“
Er arbeitet viel, an Sport ist nicht zu denken. Erst als er mit seiner zweiten Frau 1973 nach Kaufering zieht (auch Schreiber lebt dort), beginnen die beiden Tennis zu spielen (seine 79-jährige Frau spielt bis heute), jeden Winter fährt er – so oft es geht – in Tirol Ski. Vor zwei Jahren hat damit aufgehört, „ich fahr ja immer viel zu schnell, und zuletzt haben die Knie doch arg gewackelt.“Im Zendo bekommt Albert Birkner alle vier Monate ein neues Trainingsprogramm von seinem Lieblingstrainer Bernd Fuchs und fühlt sich sowohl zu Hause als auch im Fitnessstudio „wunderbar bemuttert“.
Sein derzeit größtes Problem: Seit 20 Jahren wiege er 75 Kilo. Doch zum 90. Geburtstag habe er drei Tage gefeiert und dabei fast fünf Kilo zugenommen. Die wieder runterzubekommen, sei verdammt schwer, er habe schon überlegt eine neue Waage zu kaufen. Aber zum Abnehmen bleibt ihm noch viel Zeit, denn seinen 100. Geburtstag will Albert Birkner unbedingt noch feiern.
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Dreimal trainieren und in der Salzgrotte entspannen