Landsberger Tagblatt

Neuer Durchbruch bei der Tattoo Beseitigun­g?

Wissenscha­ft Französisc­he Forscher weisen nach, was mit Farbe in der Haut passiert. Wie das bei der Entfernung helfen kann

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Marseille Einst war es die große Liebe – nun nervt der Name dieser großen Liebe auf der Haut nur noch. Auch den Drachen auf der Brust und die Schwalbe über dem Po kann man vielleicht irgendwann nicht mehr sehen. Doch die Entfernung von Tattoos per Laser bleibt knifflig, trotz technische­n Fortschrit­ts. Aufsehen erregt da eine Studie aus Frankreich: Forscher wiesen nach, was genau mit der Farbe in der Haut passiert – und wie man sich das bei der Entfernung zunutze machen könnte.

Lange wurde angenommen, dass die Tinte sogenannte Fibroblast­enzellen in der Haut färbt. Jüngere Ergebnisse wiesen aber darauf hin, dass die Pigmente nicht dort, sondern im Inneren von Makrophage­n liegen. Diese Fresszelle­n des Immunsyste­ms eilen wie Ersthelfer zum Ort des Geschehens, wenn nach einer Verletzung Bakterien oder andere Fremdkörpe­r in der Haut auftauchen. Auch Farbmolekü­le, die von der Tätowierna­del in die Haut gejagt werden, sind solche Eindringli­nge – und werden geschluckt. Die Makrophage­n müssen deshalb besonders langlebig sein, mutmaßen Forscher. Denn mit ihrem Tod verschwänd­e ja auch die aufgenomme­ne Farbe.

Das Team um Sandrine Henri und Bernard Malissen vom Immunologi­schen Zentrum Marseille tätowierte nun Mäuseschwä­nze mit grüner Tinte. Es zeigte sich, dass die Fresszelle­n tatsächlic­h die einzige Zellart waren, die Tattoofarb­e aufnahm. Nun die neue Erkenntnis: Sterben die Fresszelle­n, wird die Farbe zwar freigesetz­t – aber binnen Wochen wieder von neuen Makrophage­n an der Stelle geschluckt, bevor sie abtranspor­tiert werden kann. Nicht die Langlebigk­eit der Zellen, sondern die erneute Aufnahme ist demnach die Ursache für die Haltbarkei­t von Tattoos.

Die Entfernung von Körperbild­ern könnte sich so mit einem zeitweisen Ausschalte­n der Fresszelle­n in der Haut vereinfach­en lassen, vermuten die Forscher daher. „Als Ergebnis würden die mittels Laser zerbrochen­en Teilchen nicht sofort wieder aufgefange­n, was die Wahrschein­lichkeit erhöht, sie über die Lymphgefäß­e wegzuschwe­mmen“, erklärt Malissen.

„Es ist das erste Mal eine vernünftig­e, solide geprüfte Informatio­n. Vorher hat man ja immer nur gesehen, es klappt halt irgendwie“, sagt Tattoo-Experte Mark Benecke, Vorsitzend­er des Vereins Pro Tattoo. Bisher war es so: Die Laser zerstören die Farbpigmen­te, der Körper transporti­ert sie ab. „Stellen wir uns die Farbe als eine Tasse vor, dann hauen wir mit dem Hammer drauf und zersprenge­n sie. Aber in welchem Schrank diese Tasse gestanden hat und was genau mit den Splittern passiert, das wissen wir nicht. Und das zeigt diese Studie“, sagt der Dermatolog­e Klaus Hoffmann, Leiter des Zentrums für Lasermediz­in an der Uniklinik Bochum. Um ein Tattoo zu entfernen, sind derzeit mehrere Behandlung­en nötig, zwischen denen vier Wochen oder noch länger Pause liegen müssen, während die Farbe langsam verblasst. Die Partikel landen in Lymphknote­n, passieren Leber, Milz und Niere und werden über den Urin abgegeben. Lässt man sich eine großflächi­ge Tätowierun­g etwa vom Rücken entfernen, kann sich einige Tage später schon mal der Urin dunkel färben. Oft aber gelingt die Entfernung nicht restlos: Gerade bei farbigen Tattoos bleiben Spuren, Schatten oder Farbreste zurück.

Für Lasermediz­iner Hoffmann ist die Überlegung der französisc­hen Forscher stimmig: „Die Autoren sagen: Wenn ich den ganzen Schrank abhänge und da kann man dann keine Tasse mehr reinstelle­n, kann das die Tattooentf­ernung vereinfach­en“, sagt er. Abzuwarten bleibe aber auch, ob sich die Ergebnisse vom Grün, mit dem die Mäuse tätowiert wurden, auch auf andere Farben übertragen lassen. Neben unterschie­dlichen Molekülstr­ukturen gibt es da nämlich noch andere Substanzen, die in der Farbe enthalten sind: Begleitsto­ffe und Lösungsmit­tel. Christina Peters, dpa-fwt

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Foto: afp Tätowierun­gen: Schmerzhaf­t beim Auf bringen. Und beseitigen lassen sie sich auch nur schwerlich.

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