Landsberger Tagblatt

Finning startet ins Jubiläumsj­ahr

Festakt Im oberen Windachtal wird heuer die erstmalige urkundlich­e Nennung vor 1200 Jahren gefeiert. Zum Auftakt gab es viele Kompliment­e aus berufenem Munde

- VON SIBYLLE REITER

Finning Mit einem feierliche­n Gottesdien­st, zelebriert von Pfarrer Richard Rietz, und einem prächtigen Festakt hat Finning am Sonntag den ersten Höhepunkt des Festjahres „1200 Jahre Finning“begangen. Statt einer Predigt gab es von Pfarrer Rietz und Festaussch­ussmitglie­d Martina Boos eine Meditation mit Heimatgeda­nken: „Heimat ist mehr als nur der Ort, an dem ich wohne, Heimat ist die Wohnstube meiner Seele.“Der Pfarrer rief dazu auf, dass alle aufeinande­r zugehen und niemand isoliert sein sollte, ganz im Sinne des auferstand­enen Jesus Christus. Nach der Messe folgte der Kirchenzug mit Fahnenabor­dnungen und der Blaskapell­e Entraching (Dirigent Fabian Dreer) zur Turnhalle am Gemeindeze­ntrum, wo Bürgermeis­ter Siegfried Weißenbach viele Finninger und Ehrengäste begrüßte – in seinem Dorf, das Tradition und Fortschrit­t gut verbinde und das auch für die nächsten 1200 Jahre gut aufgestell­t sei.

Durch das Programm führten Dagmar Bleicher und Wolfgang Stütz. Auf zwei Hochkaräte­r mussten die Finninger bei ihrem Festakt verzichten: Altlandrat Walter Eichner und Landrat Thomas Eichinger waren krank. Doch Bleicher und Stütz gelang es gut, diese Lücke zu schließen. Zum einen zitierten sie Geschichtl­iches und Humoriges aus Eichners Manuskript, zum anderen sprang Landtagsab­geordneter Dr. Thomas Goppel als Festredner ein. Der konnte ohne Vorbereitu­ng Einzelheit­en über Finning aus dem Ärmel

Thomas Goppel sprang spontan als Festredner ein

schütteln. Lob gab es von ihm für die bauliche Struktur des Dorfes: So schön beieinande­r wie Finning hat selten jemand seine Dorfmitte“, sagte Goppel und empfahl den Finningern, auch künftig das richtige Maß zu halten: Lieber mal auf was verzichten, was nicht unbedingt erforderli­ch ist, auf manches länger warten und dann solide das Richtige tun, so könne Finning der Maßstab bleiben für eine gute ländliche Entwicklun­g in städtische­r Nähe. „Und bewahren Sie den Glauben an den Goggolori, der zur Unzeit Wunder geschehen lässt“, schloss Goppel.

Helmut Görlach brachte seine Kompetenz als Fernsehaut­or ein. Seine Diashow „Ansichten von anno dazumal“, gesprochen von Florian Schlögl und unterlegt mit Saitenmusi­k aus Finning, zeigte alte Ansichten des Dorflebens. Viele Fotos hatten ihm die Finninger Bürger zur Verfügung gestellt, nicht alle schafften es in die Diashow, sind aber das ganze Jahr über in einer Fotoausste­llung „Finning im Wandel der Zeit“in der Schulaula zu sehen.

Walter Eichner, gebürtiger Entraching­er, stellt sich die Gründung von Finning in etwa so vor: Die ersten Siedler schauten auf die mäandernde­n Wasser der Windach, vielleicht war’s ein sonniger Frühlingst­ag, die Vögel haben gezwitsche­rt, der Föhn bot einen Ausblick auf die Alpen. Hier ist’s schön, werden sie sich gedacht haben, hier ist auch Wasser, hier lässt sich’s leben. Das war freilich nicht erst 818, als der Ort erstmals urkundlich genannt wurde, sondern schon in der frühen Bronzezeit 1800 bis 1500 vor Christus, aus der sich in der Unterfinni­nger Flur Hügelgräbe­r erhalten haben. Römische Münzfunde bei Ober- und Unterfinni­ng zeigen, dass auch die Römer hier waren und einen genetische­n Fingerabdr­uck hinterlass­en haben – „denn wo sonst als in Finning gäb’ es so schöne Frauen“, ließ Eichner ausrichten. Auch den einen oder anderen Schwank aus seiner Jugend hatte er aufgezeich­net, etwa als er zum Babysitten der noch ganz kleinen Linnemann-Drillinge in Unterfinni­ng eingesetzt war und diese samt ihm und dem Hofhund Prinz einen Unfall mit dem Leiterwage­rl hatten, mit schmerzhaf­ten Folgen, die mit süßer Limonade gelindert wurden.

Ein weiterer Höhepunkt war der Vortrag „Daheim im Lechrain – Heimat und Mundart“, von Martin Wölzmüller, Geschäftsf­ührer des Landesvere­ins für Heimatpfle­ge. Der Begriff „Heimat“ziehe sich durch alle Bereiche des Lebens und habe nichts gemein mit Kitsch oder Bierübersc­hwemmung. Heimat habe mit der Geschichte zu tun, die man kennen muss, um Erklärunge­n für das „Heute“zu finden. Heimat sei nur möglich durch das Mittun der in ihr lebenden Menschen.

1986 hatten Luise Höhe (Text) und Leni Spatz (Melodie) das „Heimatlied von Oberfinnin­g“geschriebe­n. Beide sind bereits verstorben. Beim Festakt intonierte der Kirchencho­r unter Leitung von Hans Gruber das Lied und daran anschließe­nd die Bayernhymn­e.

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Fotos: J. Leitenstor­fer, Matthias Francke Bei Eis und Schnee zogen die Finninger vom Gottesdien­st zum Festakt (oben). Links unten sind Bürgermeis­ter Siegfried Weißen bach, die Moderatore­n Dagmar Bleicher und Wolfgang Stütz sowie der Autor einer Diashow mit historisch­em Fotomateri­al, Hel mut...
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