Eine Razzia mit Nachspiel
Ausschuss zur Affäre um österreichischen Verfassungsschutz
Wien Kann man dem Rechtsstaat in Österreich noch vertrauen? Diese Frage stellen in diesen Tagen die Wiener Oppositionsparteien ebenso wie viele Bürger. Ein von der SPÖ geführter Parlamentarischer Untersuchungsausschuss soll die Frage klären, ob das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) als „Staat im Staate“agiert, wie FPÖ-Chef Heinz Christian Strache zu Beginn der öffentlichen Auseinandersetzung behauptet hat.
FPÖ-Innenminister Herbert Kickl geht im Bemühen, möglichst viele FPÖ-Mitglieder in möglichst einflussreiche politische Positionen zu bringen, keineswegs zimperlich vor. Er lässt die Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen Beamte ermitteln, die der konservativen
ÖVP nahestehen. Darunter den früheren Kabinettschef des Innenministeriums Michael Kloibmüller, den Leiter des Verfassungsschutzes Peter Gridling und vier weitere Beamte. Sie wurden angezeigt, weil Daten aufbewahrt haben sollen, die gelöscht werden mussten. Außerdem sollen sie zwei nordkoreanische Passmuster, die in Österreich gedruckt worden waren, vor den Olympischen Spielen an Südkorea weitergeleitet haben. Bei einer spektakulären Razzia am 28. Februar wurden neben den für die Klage relevanten Dateien auch Material aus dem Büro der Leiterin des Referates Extremismus mitgenommen. Sie hatte kritische Berichte über eine FPÖ nahe Online-Plattform und den rechtsextremen Kongress „Verteidiger Europas“verfasst.
Formaljuristisch war die Razzia korrekt, erklärt das ÖVP-geführte Justizministerium. Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz und sein engeres Ministerteam blieben der Parlamentssitzung zum Thema fern. Kurz teilte mit, er sei zu Anfang „sehr schockiert und beunruhigt“gewesen. Jetzt vertraue er auf die Gerichte. Die ÖVP will im Untersuchungsausschuss mitarbeiten.