Augsburg, diese Lechkloake!
Thomas Bernhards Städtebeschimpfungen
Stumpfsinnig, unzumutbar, ekelhaft, muffig, unerträglich, scheußlich, verabscheuungswürdig, entsetzlich! Ortsbesichtigungen und Stadtbetrachtungen von Thomas Bernhard sind bittere Stunden für Lokalpatrioten und Bürgermeister. Aber es sind herrliche Tiraden in Sprachkunst und ein vergnüglicher Schimpffuror für Leser. Und Hörer: Jetzt gibt es die 2016 in einem Buch gesammelten „Städtebeschimpfungen“aus dem Werk des 1989 gestorbenen österreichischen Jahrhundertautors auch zum Anhören.
Es ist ein diabolisches Vergnügen, Peter Simonischek zuzuhören. Wie er genüsslich auskostet, was sein Landsmann Bernhard an gemeinen, aber ungemein sarkastischen Kommentaren zu 50 Orten von Altaussee bis Wien herauswütet und hinreibt. Das ist bitterböse unterhaltsam.
Wenn Bernhard wortmächtig seine Steine wirft, kann das Klirren der Scheiben nirgendwo schöner klingen als in Simonischeks Interpretation. Er trifft den Spott in Bernhards Weltbetrachtungslitaneien ebenso wie die Verzweiflung.
Ein Höhepunkt des Hörbuchs ist der berühmte Fall Augsburg – die Lechkloake, das muffige Nest, vor dem Zirkusdirektor Caribaldi in Bernhards Stück „Die Macht der Gewohnheit“graut. Morgen Augsburg: Samt all der empörten Briefe beleidigter Augsburger und dem Bericht über Bernhards Besuch in der Redaktion dieser Zeitung (die „Fremdtexte“spricht stets Michael König) ergibt sich hier ein absurdes Provinztheater, das lachhaft ist und grandios peinlich.