Landsberger Tagblatt

Von der Samenzucht zum Dehner Reich

Unternehme­n in der Region Die Anfänge waren bescheiden. Heute ist Dehner Europas größter Gartencent­er-Konzern. Albert und Georg Weber erzählen, wie es dazu kam

- VON NICOLE PRESTLE

Rain Erfolg klingt einfach, wenn Albert Weber darüber spricht: Die wichtigste­n Eigenschaf­ten eines Unternehme­rs seien Fleiß, Bescheiden­heit und Demut. Und ein intaktes Familienle­ben, das sei auch förderlich. Denn irgendwann stelle sie sich ja, die Frage der Nachfolge. „Dann braucht es einen, der loslässt und einen, der annimmt.“

Wir treffen den Seniorchef, 70, zum Interview in der Dehner-Zentrale in Rain am Lech. Es ist März, noch keine Gartensais­on, aber der Kundenpark­platz des Blumenpark­s ist schon voll. Im neuen Verwaltung­sanbau gleich nebenan geht es ruhiger zu – auch wenn die Stille täuscht: 30 Mitarbeite­r haben vergangene­s Jahr dort ihre Büros bezogen. Albert Weber nennt sie die „jungen Wilden“. Das liegt an ihrem Aufgabenge­biet: Marketing und E-Commerce, der Online-Handel also. Ein weites Feld, das noch keine Rolle spielte, als Weber in den 80ern die Leitung der Dehner GmbH & Co. KG übernahm.

Schon lange vorher hatte festgestan­den, dass er einmal in die Fußstapfen seiner Eltern treten würde. Georg und Albertine Weber, eine geborene Dehner, hatten 1947 in Rain eine Samenzucht und -großhandlu­ng gegründet. Ein ZweiPerson­en-Betrieb, nicht mehr, aber doch lukrativ, weil sich viele Deutsche nach dem Krieg ihr Gemüse selbst zogen. Albert Weber entwickelt­e das Geschäft weiter, wobei das fast zu lapidar klingt: Dehner ist heute mit 126 Märkten in Deutschlan­d und Österreich Europas größter Gartencent­er-Konzern. 2017 lag der Nettoumsat­z bei 759 Millionen Euro, in diesem Jahr sollen es 816 Millionen werden.

Das Zauberwort ist Expansion, Albert Weber und sein Sohn Georg, der 2009 die Geschäftsl­eitung übernahm, verwenden es oft. „Unsere Firma ist verdammt zu expandiere­n“, sagen sie – eine Art Teufelskre­is, denn wer wachsen will, braucht Geld und wer Geld hat, investiert es in Wachstum. Auf der Internetse­ite der Firma wird das Thema offen angesproch­en: Dehner sucht dort nach Märkten in ganz Deutschlan­d und Österreich. Voraussetz­ungen: Städte ab 30000 Einwohnern, gute Verkehrsan­bindung, mindestens 14000 Quadratmet­er Grund, auch Übernahmen bestehende­r Gartencent­er sind denkbar. In Deutschlan­d breitet sich der Konzern so langsam, aber stetig nach Norden aus, in Österreich will Dehner bis zum Jahr 2025 flächendec­kend präsent sein.

Wenn sie da so sitzen, Vater und Sohn, im neuen, fast pflanzenfr­eien Firmentrak­t, ist zu spüren, warum der Generation­enwechsel funktionie­rte: Georg Weber, 39, kann seinem Vater zuhören. Der wiederum gibt zwar Ratschläge, er kommt täglich ins Büro, doch er lässt seinem Sohn den nötigen Freiraum. Den modernen Firmentrak­t mit seinen gläsernen Fronten hat Georg Weber geplant, den alten mit seinen Backsteinf­assaden der Seniorchef. Der Übergang zur nächsten Generation spiegelt sich hier auch in der Architektu­r.

Immer Neues, immer Fortentwic­klung. Albert Weber gefällt, dass sein Sohn diese Philosophi­e verinnerli­cht hat. „Als Einzelhänd­ler muss man 24 Stunden am Tag darüber nachdenken, ob das Konzept noch stimmt.“Lautet die Antwort Nein, wird nachjustie­rt. In den vergangene­n knapp zehn Jahren meisterte der Konzern eine der schwierigs­ten Entwicklun­gen: Er ging den Schritt ins Internet, was einfacher klingt, als es war. „Grün ist unser Herzstück, doch es lässt sich schwer digitalisi­eren“, sagt Georg Weber. In den Gartencent­ern könne man Pflanzen inszeniere­n. Im Internet dagegen fehlen wichtige Impulse, die den Kunden zum Kauf animieren: der Geruch der Pflanzen, die Wärme eines Gewächshau­ses.

Um das Manko auszugleic­hen, verquickte Dehner den stationäre­n Handel mit dem Internetge­schäft. Zunächst konnten die Kunden on-

line nur Waren auswählen, bestellen und sie im nächsten Gartencent­er abholen. Cross Channel nennt man das – die Verbindung mehrerer Verkaufska­näle. Seit letztem Frühjahr werden auch Pflanzen versandt; „aber nur die, die das auch überstehen“, sagt Georg Weber. „Mit Orchideen ließe sich das nicht machen. Bis sie ankommen, entspräche­n sie nicht mehr den Qualitätsa­nforderung­en, die wir an unsere Produkte stellen.“Dehner hat zuletzt mehrere Millionen Euro in die Digitalisi­erung investiert, die EDV erneuert, einen Geschäftsf­ührer für E-Commerce und Marketing installier­t und fast 30 Mitarbeite­r eingestell­t, die den Prozess vorantreib­en.

Für Albert Weber ist seine Firma wie eine Familie. Über 5600 Angestellt­e arbeiten für Dehner, mit jeder neuen Filiale kommen bis zu 35 dazu. Dass einer 30, 40 Jahre in der Firma bleibt, kommt immer wieder vor; im Geschäftsb­ericht 2017 sind den Jubilaren acht Seiten gewidmet. Albert Weber ist stolz darauf, weil solche langen Zugehörigk­eiten zeiauch

Über 5600 Menschen arbeiten für den Betrieb

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Fotos: Peter Herzig Georg Weber (links) hat vor mittlerwei­le neun Jahren die Geschäftsl­eitung von seinem Vater, Seniorchef Albert Weber, übernom men. Damit wird Dehner in der dritten Generation von der Familie geführt.
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Der Blumenpark ist nicht nur Einkaufs markt, sondern auch Ausflugszi­el.

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