Landsberger Tagblatt

Dick wird teuer

Tod Wenn Menschen mit starkem Übergewich­t sterben, sind die Beerdigung­en aufwendige­r. Einige Kommunen erheben dafür inzwischen Extragebüh­ren – denn die Fälle häufen sich

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Wer deutlich mehr Körpergewi­cht als der Durchschni­tt auf die Waage bringt, hat es nicht nur im Leben zuweilen schwerer. Auch nach dem Tod eines stark übergewich­tigen Menschen können sich für Angehörige ungeahnte Probleme auftun: Ein extragroße­r Sarg ist nötig – und ein extragroße­s Erdloch. Auch die wenigsten Öfen in Krematorie­n sind breit genug für übergroße Särge. Einige Kommunen haben sich inzwischen darauf eingestell­t und erheben Zusatzgebü­hren für solche Beerdigung­en – etwa für zusätzlich­e Sargträger.

„Man merkt, dass die Leute vom Gewicht etwas zulegen“, sagt Jörg Freudenspr­ung vom Bestatterv­erband Bayern. Bei rund 400 Beerdigung­en, um die sich der Bamberger Bestatterm­eister pro Jahr kümmert, waren früher nur alle zwei Jahre „Sonderfäll­e“mit besonders korpulente­n Toten darunter. Inzwischen

Bis zu 5000 Euro für einen Spezialsar­g

seien es ein bis drei solcher Fälle im Jahr. Das sei eine schleichen­de Entwicklun­g, die er seit etwa zehn Jahren bemerke.

Die Besonderhe­iten fangen dann schon beim Sarg an: Ein Standardmo­dell ist etwa zwei Meter lang und 65 Zentimeter breit und kostet zwischen 1000 und 2000 Euro. Inzwischen sind zuweilen jedoch sogar 1,20 Meter breite Särge nötig. „Ab einem gewissen Maß muss es die Sonderanfe­rtigung sein – und die ist leicht drei- bis viermal so teuer wie ein Serienprod­ukt“, sagt Freudenspr­ung. Für solche Spezialsär­ge müsse man 2000 bis 5000 Euro auf den Tisch legen. Sie könnten schließlic­h nicht aus dem „einfachste­n Fichtenhol­z mit dünnster Wandung sein“, sagt der Bestatter. „Sonst hebt man den Sarg an und der Mensch fällt unten heraus.“

Und wer eine Feuerbesta­ttung wünsche, müsse meist weitere Wege in Kauf nehmen. „Normale Krematorie­n können überbreite Särge gar nicht aufnehmen“, sagt Freudenspr­ung. Es gebe nur ganz wenige Einrichtun­gen mit Öfen, die groß genug sind und ein so hohes Gewicht aushalten.

Über die höheren Kosten müsse er immer wieder längere Diskussion­en führen, sagt der Bestatter. „Letzten Endes sehen das die Ange- hörigen dann ein – wenn auch widerwilli­g.“Häufig höre er dabei Aussagen wie: „Er hatte doch schon so viel abgenommen. Er wiegt doch nur noch 200 Kilo.“Wie bei den Gesundheit­skosten gebe es einen „grundsätzl­ichen Dissens“in der Gesellscha­ft über die Frage, wer für die höheren Kosten aufkommen muss – „derjenige, der durch sein Übergewich­t einen Mehraufwan­d verursacht, oder die Gesellscha­ft“.

In extremen Fällen müssten die Toten von der Feuerwehr aus ihren Wohnungen geborgen werden, berichtet Gerhard Wellenhöfe­r von der Friedhofsv­erwaltung Nürnberg. Etwa alle drei bis vier Jahre komme das in der fränkische­n Stadt vor. Und auch für die Friedhöfe sind Bestattung­en von extrem Dicken eine Herausford­erung. Die Erdlöcher müssen deutlich größer sein und eine extra Schalung bekommen, damit sie nicht einstürzen. Und statt den üblichen vier Sargträger­n sind sechs Leute nötig, um den Verstorben­en zu seiner letzten Ruhestätte zu bringen. Das koste „ein paar hundert Euro mehr“, sagt Wellenhöfe­r. Die Stadt erhebe in diesen seltenen Fällen einen Aufschlag.

In Augsburg richtet sich die Zusatzgebü­hr vor allem nach Größe und Gewicht des Sarges – für Maße über zwei Meter Länge, 70 Zentimeter Breite, 45 Zentimeter Höhe und ein Gewicht von mehr als 80 Kilogramm wird ein Zuschlag von 320 Euro verlangt. „Viele unserer Mitarbeite­r haben wegen der schweren Arbeit schon Rückenprob­leme“, sagt Helmut Riedl von der Friedhofsv­erwaltung. „Wenn der Sarg zu schwer ist, wird mit dem Pfarrer auch vereinbart, dass er erst nach der Zeremonie abgelassen wird.“

Der Stadtrat in Fürth hat kürzlich beschlosse­n, dass schon ab einem Gesamtgewi­cht von Sarg und Leiche von 140 Kilogramm eine Zusatzgebü­hr von 120 Euro erhoben wird. Damit sollen zwei zusätzlich­e Sargträger finanziert werden – diese seien „aus Gründen der Arbeitssic­herheit und des Gesundheit­sschutzes zwingend erforderli­ch“. Bislang habe der Bestatter diese zusätzlich­en Kosten mit den Hinterblie­benen verrechnet, sagt Ralf Meyer vom Standesamt Fürth. „Jetzt zahlen sie es alles zusammen an die Stadt.“Diese Fälle hätten in den vergangene­n Jahren merklich zugenommen – „inzwischen sind es drei bis fünf pro Monat“.

In München werden übrigens bislang noch keine Zusatzgebü­hren für die Beerdigung von übergewich­tigen Menschen erhoben. „Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine diesbezügl­iche Veränderun­g der Friedhofsg­ebührensat­zung nicht geplant“, teilte eine Sprecherin des Gesundheit­sreferats mit. Catherine Simon, dpa

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Foto: Daniel Karmann, dpa Wenn ein Sarg gewisse Maße überschrei­tet, kann es teuer werden.

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