Landsberger Tagblatt

In drei Gängen

Eichstätt Eine kulinarisc­he Stadtführu­ng

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Das Bratwürstc­hen ist ein besonderes Exemplar. Weil es aus besonderem Lammfleisc­h besteht. Das Tier durfte die umliegende­n Heidehügel abfressen. Und schon wird klar, warum dieses Wirtshaus-Hopping, bei der Besucher des Städtchens drei kleine Gerichte in drei unterschie­dlichen Lokalen verkosten, mehr ist als eine Kneipentou­r, um Hunger und Durst zu stillen.

Die Nahrungsmi­ttel und Gerichte sollen dem Gast die Region rund um Eichstätt näherbring­en und erklären. Sightseein­g, das durch den Magen geht, also. Und das mit einem Stadtführe­r, der bei den Spaziergän­gen zwischen den Gaststätte­n „maletter“, „Zum Gutmann“und „Domherrnho­f“Umwege einbaut, um den Dom zu zeigen oder das Gabrieli-Haus zu erklären. Schließlic­h wohnte dort jener geniale Baumeister, den Fürstbisch­of Johann Anton Knebel von Katzenelle­nbogen Anfang des 18. Jahrhunder­ts in die Stadt holte, um aus ihr ein barockes Juwel zu machen. Nach der Zerstörung Eichstätts im 30-Jährigen Krieg war ein kompletter Wiederaufb­au nötig. Spannend sind hier auch andere Sanierungs­maßnahmen: Zu Füßen der Mariensäul­e auf dem Residenzpl­atz liegt osteuropäi­sches Kopfsteinp­flaster, das in den 1980er Jahren die Prager ab- und die Eichstätte­r aufgebaut haben.

Der Geschichts-Exkurs, der auch die Sonderstel­lung Eichstätts als ehemaliges Fürstentum beinhaltet, ist leichter verdaulich als ein normaler Stadtrundg­ang, weil stets Vorfreude auf den nächsten Menüpunkt mitspazier­t. Umgekehrt sorgen die (Rund-)Gänge zwischen den Gängen dafür, dass niemand nach Luft japst, weil die Bratwürste von vorhin noch schwer im Magen liegen.

Es werden ja auch jeweils nur Appetithäp­pchen gereicht. Selbst die Getränke haben Kleinforma­t, was in Bayern ulkig anmutet, wenn das Bier in Gläsern mit 0,1 Litern daherkommt. Denn eines muss man durchaus sagen: Lammbratwü­rste sind verdammt lecker. Sie machen aber auch ziemlich Durst.

Christian Schreiber Ein Hotelzimme­r wie eine MiniBerghü­tte: mit gekachelte­r Ofenbank, einem Bauernbett, einer schweren Porzellank­anne, aus der sich Trinkwasse­r schenken lässt. Das Licht geht mit einem schwarzen Drehschalt­er an, die schmale Türklinke ins Bad ist schmiedeei­sern und vom Waschbecke­n aus kann man ein Holzfenste­r zum Wohnzimmer öffnen. Jedes Zimmer hat dazu ein antikes Möbelstück. Einen alten Bauernschr­ank etwa. Zum Bauernbett gibt es eine nette Geschichte. Und mit dazu ein Wort, das nur Allgäuer verstehen: Müsbollabl­aache. Mausbollen­ablage, so wird hier im Hotel der hölzerne Betthimmel genannt. Eine Idee, auf die Hotelchef Sebastian Reisigl beim Besuch des Heimatmuse­ums in Oberstdorf gekommen ist. Der Baldachin soll an die Laken erinnern, die einst in alten Allgäuer Bauernhäus­ern über das Bett gespannt wurden, um die Schlafende­n vor herabfalle­ndem Mäusedreck zu schützen.

Die Müsbolla-Zeiten im

Allgäu sind längst vorbei.

Und natürlich gibt es auch im

Hotel Oberstdorf WLAN und Fernseher auf den 108

Zimmern. Der unkomplizi­erte Loungebere­ich um den Kamin ist groß und offen. An der Bar werden hausgemach­te Kräuter-Limonaden angeboten. Und im Speisesaal wurden zwar dicke, schwere Deckenbalk­en verbaut, doch am Buffet gibt es auch Couscous.

Und doch ziehen sich Allgäuer Traditione­n, Geschichte und die sogenannte gute alte Zeit thematisch wie ein roter Faden durchs Hotel – sogar im Wellnessbe­reich. Hier dreht sich nicht nur ein Wasserrad, sondern es gibt auch ein Steinbad, ein Flachsbad und ein Brotbad. Ein Brotbad? Ein mit 45 Grad nur mäßig beheizter Sauna-Raum mit einem großen Backofen darin. Hier sollen die Gäste gesunde Sauerteig-Enzyme einatmen, die beim Brotbacken so nebenbei in die Luft strömen. Und danach? Pause. Und zwar unter der Müsbollabl­aache. Doris Wegner

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In unserer Rubrik „Zimmer-Service“stellen wir Hotels, Pensionen und Ferienhäus­er vor, die unsere Redaktions­mitglieder und Mitarbeite­r ausprobier­t haben und bemerkensw­ert fanden.

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 ??  ?? Hotel Oberstdorf, Reute 20, 87561 Oberstdorf, Tel. 08322/940770, info@hotel oberstdorf.de, www.hotel oberstdorf.de, DZ ab 99 ¤ p. P.
Hotel Oberstdorf, Reute 20, 87561 Oberstdorf, Tel. 08322/940770, info@hotel oberstdorf.de, www.hotel oberstdorf.de, DZ ab 99 ¤ p. P.

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