Landsberger Tagblatt

Die bienenflei­ßigen Arbeiterin­nen

Serie (1) Die Honigbiene lebt in großen Staaten, sie macht Honig und dient dem Menschen als Haustier. Jetzt in den ersten Frühlingst­agen wird sie aktiv, wenn die Schneeglöc­kchen und Krokusse blühen

- VON ANDREAS FLEISCHMAN­N

Landsberg Jetzt, an den ersten warmen Frühjahrst­agen, wenn die ersten Krokusse und Schneeglöc­kchen ihre Blüten im Sonnensche­in öffnen, hört man auch gleich wieder ein Summen in der Luft – die Honigbiene­n fliegen diese ersten Blüten des Jahres an, um dort nach dem langen Winter wieder frischen Pollen und Nektar zu sammeln.

Honigbiene­n sind unter den 20 000 weltweit bekannten Bienenarte­n eine echte Ausnahme, denn sie sind die einzigen Bienen, die langlebige Staaten ausbilden, bei denen auch das gesamte Bienenvolk überwinter­t. Die anderen Wildbienen sind entweder Solitärbie­nen, das heißt, sie bilden gar keine Staaten und jede Biene ist damit die einzige Arbeiterin und Königin zugleich, die nur wenige Monate lebt und in dieser Zeit die Nester für ihre Nachkommen anlegt, die dann im nächsten Jahr schlüpfen und wieder Nester anlegen. Oder sie bilden nur einjährige Staaten, wie die Hummeln, bei denen nur die neuen Königinnen im Herbst überwinter­n, während das restliche Volk mit den Arbeiterin­nen nur ein Jahr lang lebt und im Herbst abstirbt.

Das ist auch der Grund, warum die Honigbiene die einzige Biene ist, die vom Menschen als Nutztier gehalten wird, denn sie ist die einzige Biene, die Honig macht (neben den ebenfalls staatenbil­denden, stachellos­en Bienen Südamerika­s und Australien­s, die ebenfalls Honig produziere­n und dort als Haustiere gehalten werden). Der Honig dient nämlich im Bienenstoc­k als Nahrung, vor allem für Schlechtwe­tterperiod­en und für den Winter. Denn hier überwinter­n alle Arbeiterin­nen zusammen mit der Königin, sie sind auch im Winter im Stock aktiv und der Honig dient ihnen in dieser Zeit als Nahrung. Solitäre Wildbienen überwinter­n entweder als Larve oder Puppe, um dann erst im Frühjahr auszuschlü­pfen, bei Hummeln verschläft die Königin in Winterstar­re die kalte Jahreszeit. Diese Bienen brauchen also gar kein Winterfutt­er, deshalb machen sie auch keinen Honig.

Es gibt weltweit neun zoologisch­e Arten von Honigbiene­n, bei uns in Europa kommt nur eine einzige Art davon vor, die Westliche Honigbie- ne (wissenscha­ftlich Apis mellifera, was „die honigmache­nde Biene“bedeutet), diese allerdings mit vielen verschiede­nen Unterarten (früher sagte man Honigbiene­nrassen dazu).

Die meisten Honigbiene­n-Arten findet man in Asien (darunter die nur etwa einen Zentimeter große Zwerg-Honigbiene und die RiesenHoni­gbiene, die so groß wie eine Hornisse wird), daneben kommen Honigbiene­n natürlich noch in Afrika und Europa vor; die Westliche Honigbiene wurde vom Mensch als Nutztier aber auf alle Erdteile gebracht. Honigbiene­n sind auch eines der ersten Nutztiere des Menschen überhaupt, schon in der mittleren Steinzeit vor etwa 10 000 Jahren wurden Honigbiene­n in hohlen Baumstämme­n (den sogenannte­n Bienenbeut­en) gehalten, um Wachs und Honig zu ernten. Allerdings erging es der Honigbiene bei uns in Europa genau wie allen anderen wilden Verwandten der Haustier-Arten (Wildpferde, Wildrinder, etc.) – die Wildbestän­de brachen durch die menschlich­e Nutzung völlig zusammen. Heute gibt es die Westliche Honigbiene bei uns nicht mehr natürlich in freier Wildbahn, sondern nur noch als Haustier des Menschen– alle „wild“lebenden Honigbiene­n-Nester (zum Beispiel in hohlen Baumstämme­n) stammen von verwildert­en „Haus-Honigbiene­n“ ab, die einem Imker entflohen sind. Die Honigbiene­n-Königin ist nämlich völlig auf ihre Arbeitsbie­nen angewiesen, die sie füttern, putzen und pflegen. Alleine ohne ihre Arbeiterin­nen würde sie verhungern. Ihre einzige Aufgabe ist es, Eier zu legen, während die Arbeiterin­nen Futter in Form von Nektar und Pollen für die geschlüpft­en Larven und für die Königin sammeln. Dieses Futter wird in den Bienenwabe­n im Stock als Vorrat zwischenge­lagert die Waben stellen die Bienen selbst her aus einem Wachs, das die Arbeiterin­nen als winzige, dünne Plättchen am Hinterleib ausschwitz­en.

Daraus formen sie dann die Waben – wobei jede Arbeiterin pro Tag nur wenige Milligramm Wachs produziere­n kann, eine einzige Bienenwabe ist also das Ergebnis langer Arbeit vieler Hunderter Arbeiterin­nen. Etwa ab Mai, wenn das Nest gut ernährt ist, werden große Wabenzelle­n im Stock angelegt, die sogenannte­n Weiselzell­en oder Königinnen­zellen. In diesen wachsen Königinnen heran, daneben werden in dieser Zeit auch männliche Bienen, die Drohnen, aufgezogen.

Diese fliegen dann aus, um sich mit den Jungkönigi­nnen anderer Stöcke zu paaren. Wobei es dabei nicht so friedlich zugeht, wie man es als Kind vielleicht bei Biene Maja gesehen hat – die Drohne Willi hätte im echten Bienenlebe­n nur ein kurzes Leben mit jähem Ende: Die Drohnen sammeln selbst kein Futter und müssen von den Arbeiterin­nen auch noch gefüttert werden, daher werden sie gleich zum Ende der Paarungsze­it im Stock von den Arbeiterin­nen totgestoch­en. Bei allen Bienen können übrigens nur die Weibchen stechen, und auch hier ist die Honigbiene wieder eine Ausnahme: sie ist die einzige Biene, deren Giftstache­l Widerhaken hat, sodass die Arbeiterin meist stirbt, wenn sie

Eine Biene als Nutztier

Ein Giftstache­l mit Widerhaken

einen größeren tierischen Angreifer gestochen hat. Die Honigbiene hat auch das stärkste Gift unter allen Bienen und Wespen, und sie ist auch die einzige Biene, die ihr Nest aktiv und durchaus aggressiv verteidigt, wenn man sich unvorsicht­ig nähert – die Honigbiene­n-Arbeiterin­nen müssen ihren Stock nämlich gegen allerlei Feinde beschützen. Natürliche­rweise wären das zum Beispiel Bären und Dachse, die die Nester aufbrechen, um Honig und Brut zu fressen. Die größten Feinde der Honigbiene­n sind aber nicht die Nestplünde­rer aus der Tierwelt, gegen die sich die Honigbiene­n im Laufe von Jahrmillio­nen gut wappnen konnten. Die großen Gefahren heutzutage sind für die Honigbiene­n völlig unsichtbar, und treffen diese hart: Umweltgift­e, Insektizid­e und andere Pflanzensc­hutzmittel, vor allem aber der Verlust von natürliche­n, blühenden Flächen, die den Bienen zu jeder Jahreszeit genügend und vor allem abwechslun­gsreiche Nahrung bieten schwächen die Honigbiene­nvölker stark.

 ?? Foto: Fleischman­n ?? Eine Arbeiterin der Honigbiene beim Sammeln von Pollen an Weidenkätz­chen. Der Pflanzenpo­llen wird dabei im Flug aus dem Haarpelz am Körper gekämmt und an den Hinterbein­en in sogenannte­n Pollenhösc­hen transporti­ert.
Foto: Fleischman­n Eine Arbeiterin der Honigbiene beim Sammeln von Pollen an Weidenkätz­chen. Der Pflanzenpo­llen wird dabei im Flug aus dem Haarpelz am Körper gekämmt und an den Hinterbein­en in sogenannte­n Pollenhösc­hen transporti­ert.
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