Die bienenfleißigen Arbeiterinnen
Serie (1) Die Honigbiene lebt in großen Staaten, sie macht Honig und dient dem Menschen als Haustier. Jetzt in den ersten Frühlingstagen wird sie aktiv, wenn die Schneeglöckchen und Krokusse blühen
Landsberg Jetzt, an den ersten warmen Frühjahrstagen, wenn die ersten Krokusse und Schneeglöckchen ihre Blüten im Sonnenschein öffnen, hört man auch gleich wieder ein Summen in der Luft – die Honigbienen fliegen diese ersten Blüten des Jahres an, um dort nach dem langen Winter wieder frischen Pollen und Nektar zu sammeln.
Honigbienen sind unter den 20 000 weltweit bekannten Bienenarten eine echte Ausnahme, denn sie sind die einzigen Bienen, die langlebige Staaten ausbilden, bei denen auch das gesamte Bienenvolk überwintert. Die anderen Wildbienen sind entweder Solitärbienen, das heißt, sie bilden gar keine Staaten und jede Biene ist damit die einzige Arbeiterin und Königin zugleich, die nur wenige Monate lebt und in dieser Zeit die Nester für ihre Nachkommen anlegt, die dann im nächsten Jahr schlüpfen und wieder Nester anlegen. Oder sie bilden nur einjährige Staaten, wie die Hummeln, bei denen nur die neuen Königinnen im Herbst überwintern, während das restliche Volk mit den Arbeiterinnen nur ein Jahr lang lebt und im Herbst abstirbt.
Das ist auch der Grund, warum die Honigbiene die einzige Biene ist, die vom Menschen als Nutztier gehalten wird, denn sie ist die einzige Biene, die Honig macht (neben den ebenfalls staatenbildenden, stachellosen Bienen Südamerikas und Australiens, die ebenfalls Honig produzieren und dort als Haustiere gehalten werden). Der Honig dient nämlich im Bienenstock als Nahrung, vor allem für Schlechtwetterperioden und für den Winter. Denn hier überwintern alle Arbeiterinnen zusammen mit der Königin, sie sind auch im Winter im Stock aktiv und der Honig dient ihnen in dieser Zeit als Nahrung. Solitäre Wildbienen überwintern entweder als Larve oder Puppe, um dann erst im Frühjahr auszuschlüpfen, bei Hummeln verschläft die Königin in Winterstarre die kalte Jahreszeit. Diese Bienen brauchen also gar kein Winterfutter, deshalb machen sie auch keinen Honig.
Es gibt weltweit neun zoologische Arten von Honigbienen, bei uns in Europa kommt nur eine einzige Art davon vor, die Westliche Honigbie- ne (wissenschaftlich Apis mellifera, was „die honigmachende Biene“bedeutet), diese allerdings mit vielen verschiedenen Unterarten (früher sagte man Honigbienenrassen dazu).
Die meisten Honigbienen-Arten findet man in Asien (darunter die nur etwa einen Zentimeter große Zwerg-Honigbiene und die RiesenHonigbiene, die so groß wie eine Hornisse wird), daneben kommen Honigbienen natürlich noch in Afrika und Europa vor; die Westliche Honigbiene wurde vom Mensch als Nutztier aber auf alle Erdteile gebracht. Honigbienen sind auch eines der ersten Nutztiere des Menschen überhaupt, schon in der mittleren Steinzeit vor etwa 10 000 Jahren wurden Honigbienen in hohlen Baumstämmen (den sogenannten Bienenbeuten) gehalten, um Wachs und Honig zu ernten. Allerdings erging es der Honigbiene bei uns in Europa genau wie allen anderen wilden Verwandten der Haustier-Arten (Wildpferde, Wildrinder, etc.) – die Wildbestände brachen durch die menschliche Nutzung völlig zusammen. Heute gibt es die Westliche Honigbiene bei uns nicht mehr natürlich in freier Wildbahn, sondern nur noch als Haustier des Menschen– alle „wild“lebenden Honigbienen-Nester (zum Beispiel in hohlen Baumstämmen) stammen von verwilderten „Haus-Honigbienen“ ab, die einem Imker entflohen sind. Die Honigbienen-Königin ist nämlich völlig auf ihre Arbeitsbienen angewiesen, die sie füttern, putzen und pflegen. Alleine ohne ihre Arbeiterinnen würde sie verhungern. Ihre einzige Aufgabe ist es, Eier zu legen, während die Arbeiterinnen Futter in Form von Nektar und Pollen für die geschlüpften Larven und für die Königin sammeln. Dieses Futter wird in den Bienenwaben im Stock als Vorrat zwischengelagert die Waben stellen die Bienen selbst her aus einem Wachs, das die Arbeiterinnen als winzige, dünne Plättchen am Hinterleib ausschwitzen.
Daraus formen sie dann die Waben – wobei jede Arbeiterin pro Tag nur wenige Milligramm Wachs produzieren kann, eine einzige Bienenwabe ist also das Ergebnis langer Arbeit vieler Hunderter Arbeiterinnen. Etwa ab Mai, wenn das Nest gut ernährt ist, werden große Wabenzellen im Stock angelegt, die sogenannten Weiselzellen oder Königinnenzellen. In diesen wachsen Königinnen heran, daneben werden in dieser Zeit auch männliche Bienen, die Drohnen, aufgezogen.
Diese fliegen dann aus, um sich mit den Jungköniginnen anderer Stöcke zu paaren. Wobei es dabei nicht so friedlich zugeht, wie man es als Kind vielleicht bei Biene Maja gesehen hat – die Drohne Willi hätte im echten Bienenleben nur ein kurzes Leben mit jähem Ende: Die Drohnen sammeln selbst kein Futter und müssen von den Arbeiterinnen auch noch gefüttert werden, daher werden sie gleich zum Ende der Paarungszeit im Stock von den Arbeiterinnen totgestochen. Bei allen Bienen können übrigens nur die Weibchen stechen, und auch hier ist die Honigbiene wieder eine Ausnahme: sie ist die einzige Biene, deren Giftstachel Widerhaken hat, sodass die Arbeiterin meist stirbt, wenn sie
Eine Biene als Nutztier
Ein Giftstachel mit Widerhaken
einen größeren tierischen Angreifer gestochen hat. Die Honigbiene hat auch das stärkste Gift unter allen Bienen und Wespen, und sie ist auch die einzige Biene, die ihr Nest aktiv und durchaus aggressiv verteidigt, wenn man sich unvorsichtig nähert – die Honigbienen-Arbeiterinnen müssen ihren Stock nämlich gegen allerlei Feinde beschützen. Natürlicherweise wären das zum Beispiel Bären und Dachse, die die Nester aufbrechen, um Honig und Brut zu fressen. Die größten Feinde der Honigbienen sind aber nicht die Nestplünderer aus der Tierwelt, gegen die sich die Honigbienen im Laufe von Jahrmillionen gut wappnen konnten. Die großen Gefahren heutzutage sind für die Honigbienen völlig unsichtbar, und treffen diese hart: Umweltgifte, Insektizide und andere Pflanzenschutzmittel, vor allem aber der Verlust von natürlichen, blühenden Flächen, die den Bienen zu jeder Jahreszeit genügend und vor allem abwechslungsreiche Nahrung bieten schwächen die Honigbienenvölker stark.