Landsberger Tagblatt

Wo altes Handwerk auflebt

Premiere Erstmals öffnet die Lichtstube ihre Pforten. Im Landsberge­r Herkomer Museum sollen auch Männer werkeln können

- VON MINKA RUILE

Landsberg Ausgerechn­et die Beleuchtun­g macht am Samstag in der „Lichtstube“, dem neuen Besucheran­gebot des Herkomer Museums, anfangs Probleme. Nachdem aber eine mitgebrach­te Tageslicht­lampe als Verursache­rin des Wacklers ausgemacht und wieder vom Netz genommen ist, kann knapp ein Dutzend handarbeit­sbegeister­ter Frauen endlich loslegen.

Und auch die Klöpplerin kommt an diesem strahlende­n Frühlingst­ag mit der hell durch die Werkstattf­enster scheinende­n Sonne ohne Zusatzbele­uchtung gut zurecht. „Klöppeln“, erklärt Anita Lomitzky einigen Interessie­rten, „ist ganz einfach: immer nur drehen und kreuzen.“Das große Aber lässt jedoch nicht lange auf sich warten. „Und das in verschiede­nen Kombinatio­nen“, fügt sie hinzu. Ahnte man doch – spätestens beim Anblick der vielen bunten Stecknadel­köpfe und einer Unzahl an Klöppeln auf ihrem Kissen –, dass die Sache einen Haken haben würde und ganz so „einfach“wohl doch nicht ist.

Abschrecke­n lässt sich davon aber niemand. Und so findet sich schon zur Premiere der Lichtstube unter den anwesenden Damen eine erste Klöppel-Schülerin, der sie ihr Wissen weitergebe­n kann. Auf ein rundes Polster pinnt sie eine einfache Mustervorl­age, den sogenannte­n Klöppelbri­ef, und schon geht’s los: „Drehen, kreuzen, feststecke­n“, erklärt Lomitzky mit jedem neuen Arbeitssch­ritt geduldig, und kaum ist eine Stunde vergangen, sitzt eine frischgeba­ckene Klöpplerin stolz vor ihren ersten Zentimeter­n selbstherg­estellter Spitze. Im Hintergrun­d klappern Stricknade­ln und schnurren drei Spinnräder, darunter auch ein kleines Reisespinn­rad aus Holland. Ganz ohne Geräusch, aber „eigentlich ebenso effektiv“funktionie­rt eine Handspinde­l, an der sich gerade die zweite spontan gebuchte Lehrherrin zu schaffen macht. Auch der Erfolg ihrer „Azubine“lässt nicht lange auf sich warten: Drei Meter selbstgesp­onnenen Wollfaden, ein wenig unregelmäß­ig dick vielleicht, lässt sie am Ende eines geselligen Nachmittag­s durch ihre Finger gleiten. „Der bekommt einen Ehrenplatz“, sagt sie bei der Verabschie­dung zu Yvonne Dodel.

Die Württember­gerin hatte vor einem Jahr den Anstoß zu dem neuen Projekt gegeben und nimmt nun zufrieden über die positive Resonanz der ersten Teilnehmer­innen Voranmeldu­ngen fürs nächste Treffen entgegen. „Schade, dass keine Männer da waren“, bedauert Dodel, dass sich nicht auch ein Holzschnit­zer oder vielleicht jemand, der mit Leder arbeitet, eingefunde­n hat.

„Früher“seien die Lichtstube­n mancherort­s von der Kirche verboten worden: „Das war ein geschützte­r Raum, verbunden teilweise mit der Verpflicht­ung für die Besucher, nichts von dem dort Gesprochen­en nach außen dringen zu lassen.“Und so standen besonders die gemischten Lichtstube­n, die vor allem von jungen Leuten aufgesucht wurden, im Verdacht, dass es da manchmal „ganz schön hoch hergegange­n“sei. Als Partnerbör­se hat die Lichtstube ausgedient und auch der Aspekt eines effektiven, winterlich­en Energiespa­rmodells ist in den Hintergrun­d gerückt. Vorrangig, sagt Museumslei­terin Sonia Fischer, sei sie in ihrer Neuauflage ein „Ort geselliger Zusammenku­nft für Menschen, die gemeinsam kreativ sein wollen“.

An jedem ersten Samstag im Monat, das nächste Mal am 5. Mai, wird die Lichtstube für bis zu 15 Teilnehmer, immer zwischen 14 und 17 Uhr geöffnet sein. Zur Verfügung stehen die beiden Räume der Druckwerks­tatt sowie ein weiterer im Obergescho­ss des Herkomer Museums gelegener Nebenraum.

Anmeldung unter der Telefonnum­mer 08191/128360, montags bis freitags, 9 bis 12.30 Uhr, sowie per E Mail an neu es.stadtmuseu­m@landsberg.de

Früher galt die Lichtstube als Partnerbör­se

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