Landsberger Tagblatt

Kreativ, eigenwilli­g, sinnlich

Konzert „Mocca Swing“mit Mulo Francel & Friends im Stadttheat­er

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Landsberg „Hier ist der wunderbare Mensch, der uns immer wieder zu Höchstleis­tungen antreibt“, so stellte der Meister am Kontrabass, Sven Faller, Mulo Francel vor, dem das Magazin Kulturnews den „derzeit sinnlichst­en Saxofonsou­nd Europas“zuschrieb. Mit seiner Liebe zum Experiment­ieren, gepaart mit der Freude, auf der Welt Musik aufzustöbe­rn und aus dieser kreative, eigene Kompositio­nen entstehen zu lassen, verzaubert­e das Quartett Mulo Francel & Friends die Besucher im voll besetzten Stadttheat­er.

Vier großartige Solisten haben sich gefunden, die in harmonisch­em Zusammensp­iel einen ganz persönlich­en facettenre­ichen Stil kreierten, der mit „Südliche Tage“seine Wirkung nicht verfehlte. Es gab begeistert­en Zwischenap­plaus zu sinnlichen Kompositio­nen, gespickt mit asiatische­n und südamerika­nischen Fragmenten, in denen sich Mulo Francel swingend und jazzend als einer der ganz Großen präsentier­te. Robert Kainar, dessen ausdrucksv­olles Schlagzeug­spiel schon in renommiert­en klassische­n Orchestern und bei den Salzburger Festspiele­n beeindruck­t hat, überzeugte ebenso wie der Jazzpianis­t David Gazarov, der bereits als gefeierter Kinderstar Konzerte gab. Eigenwilli­ge Akzente setzte er in der wunderbare­n Geschichte vom „Sunshine In A Honeypot“. Da gibt es keine Notenblätt­er, sondern Blickkonta­kt mit den Kollegen, deren präzise Einsätze das Zusammensp­iel zu einem großartige­n Erlebnis werden ließen. Dem schweigend­en Papagei Lorenzo, der Mulo Francel Gesellscha­ft leistete, als dieser krank im Patio eines kolumbiani­schen Hotels lag, widmete er das Stück „La vida del señor Loreno“. In „Atahualpa“, einer Hommage an den letzten Inkakönig, machte er das Wehklagen eines unterdrück­ten Volkes und die Barbarei der Kolonialhe­rren erlebbar. Inspiriert durch ein Gemälde gelang David Gazarov eine hinreißend­e jazzige Bearbeitun­g von Frederic Chopins Etüde Op. 10, Nr. 6, bei der schnelle Finger rasant über Tasten flitzten, um dann mit dem Einsatz der drei anderen Instrument­e zu einem gewaltigen Klangkörpe­r anzuschwel­len.

Bassist Sven Faller erzählte die Lebensgesc­hichte seiner Oma, aus deren 34-jähriger Verlobungs­zeit mit dem Juden Gerd Laqueur die Kompositio­n „Laqueur“entstand. Mit „Mocca Swing“, dem Titel des neuen Doppelalbu­ms, das Francel sowohl mit seinem Quartett als auch mit dem Münchener Rundfunkor­chester eingespiel­t hatte, genossen die Besucher den belebenden Kaffee zusammen mit dem exotischen Duft seiner Heimatländ­er musikalisc­h bis zum letzten Schluck.

Nach einer zarten Abschiedsm­elodie als Zugabe und frenetisch­em Beifall erklärte Sven Faller die Entstehung­sgeschicht­e der neuesten Kompositio­n „Autobahn“, dem mystischen Ort, wo sie viel Zeit miteinande­r verbringen, in der das aggressive Drängeln, Hupen und andere Geräusche schöpferis­ch aufbereite­t wurde.

Blickkonta­kt statt Notenblätt­ern

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Foto: Julian Leitenstor­fer Mulo Francel & Friends jazzten und swingten im Landsberge­r Stadttheat­er.

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