Landsberger Tagblatt

Den Ausbaubeit­rägen weint keiner mehr nach

Straßenbau Die CSU hat einen Gesetzesen­twurf vorgelegt, wie die „Strabs“abgeschaff­t werden soll. Darüber freut man sich nicht nur in Penzing. Es gibt aber auch Bürger, die nicht mehr davon profitiere­n können

- VON GERALD MODLINGER

Landsberg „Wir sind noch eher verhalten“, sagt Claudia Schneider aus der Pfettenstr­aße in Penzing, nachdem jetzt absehbar ist, wie die Straßenaus­baubeiträg­e in Bayern konkret abgeschaff­t werden sollen. Der von der CSU-Mehrheit im Landtag vorgelegte Gesetzesen­twurf sieht dies rückwirken­d zum 1. Januar vor. Wer bis 31. Dezember 2017 keinen Beitragsbe­scheid bekommen hat, muss nicht mehr befürchten, für einen Straßenaus­bau vor seinem Haus zur Kasse gebeten zu werden. In der Pfettenstr­aße standen teilweise höhere fünfstelli­ge Euro-Beträge im Raum. Die Schneiders hatten gar mit 108000 Euro gerechnet.

Richtig aufatmen würden die Pfettenstr­aßler erst, wenn die Abschaffun­g der Beiträge auch wirklich im Landtag beschlosse­n ist, erzählt Schneider weiter. Seit fast drei Jahren habe ihr die Sache viele schlaflose Nächte bereitet: „Seit Juli 2015 verging kaum ein Tag oder eine Woche, in der das Thema nicht über den Küchentisc­h gezogen wurde.“Eine Weile kämpften die Anlieger ohne Erfolg dafür, dass in der Gemeinde wiederkehr­ende Beiträge eingeführt würden, und im vergangene­n Winter habe sie in der Gemeinde Penzing rund 350 Unterschri­ften für das Volksbegeh­ren der Freien Wähler gesammelt, um die Beiträge per Gesetz abzuschaff­en.

Auch andernorts im Landkreis (in 17 von 31 Gemeinden gibt es eine entspreche­nde Beitragssa­tzung) können sich die Bürger freuen. In Geltendorf sparen sich die Anlieger der Moorenweis­er Straße insgesamt gute 400 000 Euro, berichtet Florian Hänle, der Geschäftss­tellenleit­er im Rathaus. Davonkomme­n werden auch die Anlieger der Waberner Straße in Walleshaus­en und der Schulstraß­e. Andere haben es nicht so glücklich erwischt: Als 2012/13 die Bahnhofstr­aße ausgebaut wurde, erhob die Gemeinde Vorauszahl­ungen in Höhe von 80 Prozent der vo- Beitragshö­he. Damals sei absehbar gewesen, dass sich eine endgültige Abrechnung vielleicht noch Jahre hinziehen könnte. So ist es tatsächlic­h gekommen, weil eine letzte Rechnung des an der Maßnahme beteiligte­n Landratsam­tes erst 2017 eingegange­n sei. Die Vorauszahl­ungen bekämen die da- maligen Beitragspf­lichtigen aber nicht mehr zurück, denn die Zahlungen basierten auf Bescheiden, die vor dem 31. Dezember 2017 erlassen worden sind, erklärt Hänle. So ist die Lage auch in der Dießener Mühlstraße. Auch in Dießen wurden Vorauszahl­ungen verlangt, als die Straße 2014/15 ausgebaut wurraussic­htlichen de. Von Härtefälle­n im Landkreis, bei denen erst kürzlich noch Beitragsbe­scheide verschickt wurden, weiß die Kommunalau­fsicht im Landratsam­t nicht. Auch wenn er nicht alle Abrechnung­en kenne und sich seine Kenntnis nur auf Widerspruc­hsverfahre­n stütze, kennt Andreas Graf im Landratsam­t keinen Fall, „dass 2017 noch kurz vor Torschluss abgerechne­t wurde“.

Glück gehabt, wie Bürgermeis­ter Peter Ditsch sagt, haben auch die Anlieger der Eglinger, Haupt-, Leitenberg­und Wendelinst­raße in Prittrichi­ng. Das gelte vor allem für die Leitenberg­straße, die eigentlich schon 2015 ausgebaut werden hätte können. Dies sei aber zugunsten einer gemeinsame­n großen Maßnahme verschoben worden. Ansonsten ist Ditsch froh, dass die Gemeinde in den vergangene­n Jahren außer einigen Straßenlam­pen nichts abgerechne­t habe. Insgesamt, meint er, komme die Abschaffun­g der Beiträge für die Bürger zur rechten Zeit: Die Tiefbaukos­ten seien in den vergangene­n zehn Jahren stark angestiege­n – auch wegen der Entsorgung alter teerhaltig­er Fahrbahnbe­läge.

Ohne die Ausbaubeit­räge für die vier Straßen entgehen der Gemeinde Prittrichi­ng über 900000 Euro. Allerdings, so lautet das Verspreche­n des CSU-Gesetzesen­twurfs, werden den Gemeinden solche Einnahmeau­sfälle „erstattet“– und das, so sagen

Rund 350 Unterschri­ften für Volksbegeh­ren gesammelt

Der Gemeinde Prittrichi­ng entgegen 900000 Euro

die Verwaltung­sleute, könne ja nur bedeuten, dass dies in ganzer Höhe geschehe. Einiges Geld dürfte auf diese Weise auch nach Landsberg kommen. Auf 1,5 Millionen Euro wurden dort im März die Beiträge aufsummier­t, die nicht mehr abgerechne­t werden können.

Auch Florian Hänle aus Geltendorf sieht die Abschaffun­g der Ausbaubeit­räge „positiv“– unter der Voraussetz­ung, dass die aktuellen Einnahmeau­sfälle in ganzer Höhe erstattet werden und der Freistaat in der Zukunft eine Straßenbau­pauschale ähnlich wie die Unterhalts­zuschüsse auf die Kraftfahrz­eugsteuer zahlt. Dass es auch ohne Beiträge gehe, zeige seine Heimat BadenWürtt­emberg. Florian Hänle sieht noch einen anderen Aspekt: „Für die Gemeinden wird das eine Verwaltung­svereinfac­hung.“Zudem werde ein häufiges Ärgernis zwischen Bürgern und Gemeindeve­rwaltung beseitigt.

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Archivfoto­s: Thorsten Jordan, Julian Leitenstor­fer, Gerald Modlinger Die Anwohner der Pfettenstr­aße in Penzing (oben) können ihr Geld dank der Abschaffun­g der Straßenaus­baubeiträg­e in der Ta sche stecken lassen, ebenso die Bürger in Prittrichi­ng (unten links). Bereits bezahlte Vorausleis­tungen wie etwa für die Mühlstra...
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