Die Furchenbiene fühlt sich hier wohl
Tagung Wie sollen die Gemeinden mit ihren Wiesen und Wegrändern umgehen, damit es für die Natur gut ist? Wie Artenvielfalt im Garten gelingt, darüber wird im Landratsamt diskutiert
Landsberg Die Gemeine Furchenbiene fühlt sich in der Blumenwiese am Eingang des Landratsamts wohl. Kleine Erdhäufchen mit einem Loch zeugen davon, und zwischen Krokussen, Traubenhyazinthen und Narzissen schwirren kleine Insekten herum. Besser hätte die Natur die Fachtagung zum Thema „Mehr Artenvielfalt in den Gemeinden, im Garten, in der Landschaft“nicht illustrieren können: Der Landkreis hatte geladen und 80 Vertreter von Gemeinden, Gartenbauvereinen, Naturschutzverbänden sowie beruflich Betroffene, wie Landwirte und Imker, sind gekommen.
Landrat Thomas Eichinger spricht in seiner Einführung an, dass es darum geht, ein Netzwerk an Lebensräumen zu schaffen, die Artenvielfalt zulassen. In zwei Fachvorträgen am Vormittag von dem Botaniker und Wildbienenexperten Dr. Andreas Fleischmann sowie Professor Dr. Christoph Künast wird erläutert, warum es wichtig ist, Gemeindeflächen zum Blühen zu bringen und „Eh-da-Flächen“, wie Böschungen und Dämme oder straßenbegleitende Flächen dafür zu nutzen. Denn die Versiegelung der Landschaft, Gärten, denen heimische Blühpflanzen fehlen, und große landwirtschaftliche Flächen ohne strukturgebende Hecken und Wegsäume lassen die Nahrungs- und Bruthabitate für Biene, Hummel und Co. schrumpfen – die Insekten fehlen dann auch als Nahrung für Vögel und andere Tiere.
Doch es geht auch anders, fast überall lässt sich Lebensraum schaffen: Nachmittags führen SusannKathrin Huttenloher und Monika Sedlmaier von der Fachberatung für Gartenkultur und Landespflege rund ums Landratsamt und zeigen die Bepflanzung mit Büschen wie Felsenbirne am Parkplatz, eine Schotterfläche mit blühenden Küchenschellen und besagte Blumenwiese am Eingang, auf der die Furchenbienen entdeckt wurden.
Wie sollten die Gemeinden nun mit Grünflächen und Wegrändern umgehen? Höchstens ein bis zwei Mal im Jahr mähen, Mähgut abtransportieren, nicht düngen, nicht spritzen – darauf lässt sich vereinfacht das Prinzip reduzieren. Auf mageren Standorten dürfte sich die gewünschte vielfältige Flora und damit auch Insektenfauna einstellen. Oder man legt eine Blumenwiese an. „In der Regel wurde gemulcht“, erklärt Peter Kawohl dem LT die gängige Praxis in den vergangenen Jahren. Der Leiter des Kauferinger Bauhofes sagt jedoch, dass ein Umdenken stattfinde. In Kaufering hat man sich laut Kawohl zwei Balkenmäher gekauft, mit denen man höher stehendes Gras mähen kann.
Auch der Leiter Stadtgrün in Landsberg, Mario Düchs, berichtet, dass Flächen in der Stadt ein- bis zweischürig sind, das heißt, entweder ein- oder zweimal genutzt würden. Grundsätzlich sei die Arbeitstechnik aber aufwendiger. Straßenränder könne man auch alternierend mähen. Er und Kawohl verweisen aber darauf, dass es für die wertvollen Naturwiesen nicht von allen Bürgern Lob gibt. Denn so mancher zieht den kurz geschorenen Rasen dem langen Gras vor und beschwert sich im Rathaus über seiner Meinung nach unordentliche Flächen.
Ein Thema, das auch die Privatgärten betrifft, denn dort gibt es viele Flächen, die ein Refugium für seltene Arten sein können. „Wenn jeder eine kleine Ecke im Garten der Natur überließe, wäre schon viel gewonnen“, sagt der Zweite Vorsitzende des Kreisverbands für Gartenbau und Landespflege Christian Hanglberger. Er ist selbst begeistert von Natur. „Wildbienen kommen wirklich auf die Hand, sie stechen nicht.“Wichtig ist Hanglberger bei dieser Tagung auch, mit den anderen Verbänden ins Gespräch zu kommen. Kreisbäuerin Rita Behl gefällt die Veranstaltung. Sie findet es nur schade, dass sich Fleischmann gegen Blühstreifen ausgesprochen hat, für die sie als Kreisbäuerin derzeit werbe. Für den Botaniker sind Blühstreifen, die Insekten anziehen, negativ, wenn gleichzeitig Neonikotinoide auf dem benachbarten Acker ausgebracht werden.
Gartenpfleger Winfried Stippler vom Obst- und Gartenbauverein Stoffen bedauert, dass zu wenige Praktiker gekommen sind. Er hätte sich gewünscht, dass sich mehr Bauhofmitarbeiter und Bürgermeister mit dem Thema auseinandersetzen. Dazu ist noch Gelegenheit: Es stehen noch weitere Veranstaltungen an – von der Ausstellung über eine Exkursion bis hin zu Vorträgen.
Im Internet www.landkreis landsberg.de/natur um welt/jahr der biene/links/
Eine Schotterfläche mit blühenden Küchenschellen