Landsberger Tagblatt

Dozieren statt regieren

Karriere Sigmar Gabriel lehrt jetzt an der Uni – in der alten Hauptstadt

- VON GREGOR PETER SCHMITZ

Es gibt keine Bonner Republik mehr, was manche Menschen aber leugnen, vor allem Bonner. Ex-Außenminis­ter Sigmar Gabriel ist Goslarer, doch darf man ihm durchaus Sympathien für die Bonner Republik unterstell­en. Denn die Berliner Republik will ihn ja nicht mehr haben. Vielleicht hat der politische Ruheständl­er sich deswegen am Montag die Uni Bonn als Stätte seiner akademisch­en Anschlussv­erwendung ausgesucht. Gabriel hielt als Hochschuld­ozent eine

Rede über „Deutschlan­d in einer unbequeme(re)n Welt“. Ein Thema, wie gemacht für ihn. In der Gabe, unbequem zu sein, vor allem gegenüber der eigenen Partei, hat es der SPD-Mann mindestens auf Habilitati­onsniveau gebracht. Wer daran zweifeln mochte, für den hatte Gabriel Hausaufgab­en mitgebrach­t – einen Gastbeitra­g, in dem er die umstritten­en Bombardeme­nts in Syrien, aus denen sich seine Partei heraushalt­en will, als richtig lobte. Im Hörsaal legte Gabriel nach, als er pazifistis­che Protestler belehrte, ein Vegetarier habe es in einer Welt von Fleischess­ern halt schwer.

Bleibt als Frage, wie es weitergeht mit der Bonner Republik und mit Gabriel. Dessen Vertraute streuen gerne, wie viele Deutsche sich in Umfragen diesen als Minister zurückwüns­chten. Wie viele Deutsche sich Bonn als Regierungs­sitz zurückwüns­chen, ist statistisc­h nicht erwiesen. Erwiesen ist aber, dass Bonn den Neuanfang bestens hinbekomme­n hat. Die Stadt am Rhein ist nun Heimat von Telekom, Post, Uno und allen Beamten, die nicht wichtig genug sind, um in Berlin zu arbeiten. Vielleicht sollte Neuanfängl­er Gabriel also Kennedy abwandeln und in der nächsten Vorlesung rufen: Ich bin ein Bonner!

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Foto: Oliver Berg/dpa

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