Grab aus der Römerzeit?
Entdeckung Bei Bauarbeiten an einem Wohnhaus werden in Seestall menschliche Überreste freigelegt. Zuerst ermittelt die Kriminalpolizei, mittlerweile ist es ein Fall für die Archäologen. Weitere Funde kann man nicht ausschließen
Bei Bauarbeiten in Seestall wurden menschliche Knochen freigelegt. Zuerst ermittelt die Kripo, jetzt ist es ein Fall für die Archäologen. Ist es ein Römergrab?
Seestall Aufregung im beschaulichen Seestall: Vor wenigen Tagen rückten Polizei und Kripo an. Auf einer Baustelle hatten Arbeiter menschliche Überreste freigelegt. Wie sich schnell herausstellte, liegt in diesem Fall kein Gewaltverbrechen vor – Spannung ist dennoch garantiert. Denn die knöchernen Überreste könnten Jahrhunderte alt sein. Stammen sie sogar aus der Römerzeit? Statt der Kriminalpolizei ermitteln jetzt die Archäologen.
Seit einigen Jahren ist das alte Wohnhaus, das nur einen Steinwurf von der Pfarrkirche St. Nikolaus in Seestall entfernt ist, unbewohnt. Die neue Besitzerin will das Gebäude wieder bewohnbar machen. „Momentan wird das Haus unterfangen“, sagt Johannes Wolffhardt. Der Architekt und Gemeinderat aus
In den 50er Jahren fand man ein Grab aus der Römerzeit
Asch leitet das Sanierungsprojekt des wohl aus dem 18. Jahrhundert stammenden Gebäudes. Vor wenigen Tagen stießen Bauarbeiter im Eingangsbereich unter der Hauswand auf menschliche Knochen. Sie verständigten die Polizei. Beamte der Kripo Fürstenfeldbruck wurden eingeschaltet. Sie fanden „keine Anhaltspunkte für eine Straftat“, sagt Peter Grießer von der Pressestelle des Polizeipräsidiums OberbayernNord in Ingolstadt. Der Leichenfund wurde als archäologisch eingestuft. Somit wurde der vermeintliche Kriminalfall schnell zur Angelegenheit für die Historiker.
Also rückte ein Experte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege an. „Das Denkmalschutzgesetz legt in Artikel 8 fest, dass, wer Bodendenkmäler auffindet, verpflichtet ist, dies unverzüglich der Unteren Denkmalschutzbehörde oder dem Landesamt für Denkmalpflege anzuzeigen“, sagt Behördensprecherin Dorothee Ott. Und das sei in Seestall in vorbildlicher Art und Weise passiert. Ein Grabungstechniker sei am Donnerstag vor Ort gewesen. Sein Urteil: Die Fundstätte muss archäologisch untersucht werden. Denn: „Ein Grab kommt selten allein“, so Ott. Das Skelett sei unter dem Fundament des Bestandsgebäudes freigelegt worden befände sich außerhalb bekannter Denkmalflächen. Wie alt die Gebeine sind – darüber liegen derzeit noch keine Erkenntnisse vor. Anfang nächster Woche werden genauere Untersuchungen durchgeführt.
Dass es sich dabei um sterbliche Überreste aus der Römerzeit handeln könnte, wäre durchaus möglich. In den 50er-Jahren wurde im Südosten von Seestall ein Grab aus dieser Zeit entdeckt, wie Dr. Bernd Steidl weiß. Der für Bodendenkmäler zuständige Kreisheimatpfleger ist mit dem aktuellen Fall zwar nicht betraut, weiß aber, dass sich die damalige Fundstätte in dem Gebiet befindet, wo demnächst ein neues Baugebiet ausgewiesen werden soll. Und dort werden in naher Zukunft ebenfalls archäologische Arbeiten stattfinden, um Bodendenkmäler beziehungsweise historische Hinterlassenschaften ausschließen zu können. Steidl vermutet, dass im Umund griff des derzeit leer stehenden Hauses im Ortskern noch weitere Gräber liegen könnten. „Früher wurden die Leichen auch nicht einfach verscharrt, sondern in Grabstätten beerdigt.“
Momentan ruhen die Bauarbeiten, bis die archäologischen Untersuchungen abgeschlossen sind. Immerhin hat die Verzögerung etwas Gutes für die Bauherrin. In diesem Fall trägt das Landesamt für Denkmalpflege die Kosten.