Die SPD wird weiblicher
Sonderparteitag Am Sonntag entscheiden die Sozialdemokraten, wer sie nach der schweren Wahlschlappe führt. Zum ersten Mal in der 155-jährigen Geschichte wird es kein Mann sein
Berlin An Selbstbewusstsein mangelt es ihr nicht. Und an Durchsetzungsfähigkeit erst recht nicht. Andrea Nahles war bereits Juso-Chefin, SPD-Generalsekretärin und Arbeitsund Sozialministerin. Nun steht die 47-jährige Fraktionschefin davor, ein Stück Parteigeschichte zu schreiben. Am Sonntag könnte sie auf dem Sonderparteitag in Wiesbaden als erste Frau in der mittlerweile 155-jährigen Geschichte der Sozialdemokratie an die Spitze der Partei gewählt werden. „Das ist für mich eine ehrlich empfundene Ehre“, sagt sie vor dem Parteitag mit einer gewissen Ehrfurcht, aber ohne Angst vor der Herausforderung. „Ich glaube, ich kann das, und ich kann das auch im Team mit anderen zu was Gutem machen.“
Im Grunde gilt die Wahl von Nahles als sicher. Dennoch muss sie kämpfen, denn mit der 41-jährigen Simone Lange gibt es eine Gegenkandidatin, die in den letzten Wochen an Statur wie an Zuspruch gewonnen hat. Die Oberbürgermeisterin von Flensburg, eine gebürtige Thüringerin, die 2003 nicht wegen, sondern trotz Gerhard Schröder in die SPD eintrat, präsentiert sich als Gegenentwurf zu der langjährigen Parteisoldatin und Funktionärin Nahles, als eine Vertreterin der Basis. Als sie ihre Kandidatur um den Parteivorsitz anmeldete, begründete sie dies gegenüber dem Parteivorstand mit den Worten: „Ich kann das Gefühl der Ohnmacht vieler Mitglieder gegenüber denen, die in Berlin Entscheidungen treffen, ohne die Basis einzubeziehen, sehr gut nachvollziehen.“
Nahles sei „kein neuer Kopf“, sondern stehe als Fraktionsvorsitzende in einem Interessenkonflikt zwischen der Partei und der Regierung. Die Partei brauche aber einen eigenen Kopf, um die Erneuerung zu schaffen, die Nahles schon mehrfach versprochen habe.
In den Führungszirkeln der SPD wurde die Kandidatur von Simone Lange lange Zeit nicht ernst genommen und eher ignoriert. Mittlerweile aber räumen sogar führende Genossen ein, es sei „gut“, dass es auf dem Parteitag eine echte Wahl gebe. 100 Prozent, wie vor etwas mehr als einem Jahr Martin Schulz, hätte Nahles ohnehin nicht bekommen, eher deutlich weniger. „Bei 70 Prozent ohne Gegenkandidat hätten alle