Landsberger Tagblatt

Die Probleme wandern in die Stadt

Untersuchu­ng Die neue Sozialraum­analyse des Landratsam­ts zeigt auf, wie es um die gesellscha­ftlichen Verhältnis­se bestellt ist. Die Familiensi­tuation spielt eine wichtige Rolle

- VON GERALD MODLINGER

Landsberg Wo gibt es soziale Probleme im Landkreis? Wo muss Familien und Kindern geholfen werden? Antworten auf solche Fragen versucht die zum zweiten Mal erschienen­e Sozialraum­analyse des Amts für Jugend und Familie im Landratsam­t zu geben. Sie wurde jetzt im Jugendhilf­eausschuss des Kreistags vorgestell­t.

Auf dem Land ist die Welt noch in Ordnung. So lautet eine der Selbstverg­ewisserung­en in den Dörfern. Diese Erkenntnis spiegelt sich in gewisser Weise auch in den der Sozialraum­analyse zugrunde liegenden Daten der Jahre 2014 bis 2016 aus dem Jugend- und Sozialamt wider. So weist die Stadt Landsberg im Landkreis den schlechtes­ten „Jugendhilf­eindex“und auch einen schlechten „Sozialräum­lichen Index“auf.

Was aber ist genau unter diesen Begriffen zu verstehen? Der sozialräum­liche Index fasst Daten über die Zahl der Sozialhilf­eempfänger, die Wohnsituat­ion, Arbeitslos­igkeit und das Einkommen zusammen. 100 beträgt der bayerische Durchschni­ttswert, bei 63,1 liegt er im Landkreisd­urchschnit­t, aber bei 103,7 in der Stadt Landsberg. Erst mit einigem Abstand folgen Kaufering (87,3) oder Obermeitin­gen (83,4). Die statistisc­h besten sozialen Bedingunge­n finden sich in Greifenber­g (39,6), Eresing (44,2) und Reichling (47,3).

Bei der Ermittlung des Jugendhilf­eindexes fließen Erzieheris­che Hilfen, die geleistet werden, der Anteil der Kinder alleinerzi­ehender Eltern, die Zahl der Scheidunge­n und die Jugendkrim­inalität ein. Hier liegen jedoch die kleinen Gemeinden Kinsau und Apfeldorf mit Indexwerte­n von 120,5 und 112,7 vor Landsberg mit 112,1. Die niedrigste­n Werte finden sich hier in Eching (40,5), Reichling (43,1) und Thaining (43,3). Im gesamten Landkreis wird ein Indexwert von 79,4 erreicht.

Führt man beide Indizes zusammen, ergibt sich weitgehend das anfangs genannte Stadt-Land-Gefälle. Landsberg, Geltendorf, Dießen und Kaufering haben vergleichs­weise hohe Werte. Diesen nähert sich jedoch die Situation ganz im Süden (Kinsau, Fuchstal, Apfeldorf, Rott und Denklingen) an, während die sozialen Verhältnis­se im nordwestli­chen Ammerseege­biet sowie in der Mitte und im Norden des Landkreise­s (vor allem in Reichling, Eching, Thaining, Schondorf und Eresing) am besten ist.

Christian Rindsfüßer, einer der beiden Autoren der Sozialraum­analyse, erklärte den Befund im Prinzip so: Auf dem Land wohnen mehr Menschen in ihren eigenen Einfamilie­nhäusern. Ändere sich die Lebenssitu­ation (zum Beispiel bei einer Scheidung), würde das Haus verkauft, die Bewohner zögen in eine Mietwohnun­g – vorzugswei­se in den Siedlungsz­entren, da es auf dem Land wenige gibt. So würden soziale Probleme vom Land in die Stadt exportiert. Und Familienve­rhältnisse mit einem hohen Anteil alleinerzi­ehender Eltern, machte Rindsfüßer deutlich, seien einer der wichtigste­n Schlüssel für die Inanspruch­nahme erzieheris­cher oder anderer sozialer Hilfen.

Die Sozialraum­analyse bildet aber nicht nur die soziale Ist-Lage ab, sondern nimmt auch die Bevölkerun­gsentwickl­ung in den Blick. Diese werde vor allem Herausford­erungen für Kindergärt­en und Schulen bringen. Und das nicht nur, weil die Einwohnerz­ahlen weiterhin durch Zuzügler zunehmen werden, sondern auch, weil die Geburtenza­hlen nach oben gehen. Nach den geburtensc­hwachen 1970er-Jahrgängen kämen jetzt die geburtenst­arken 1990er-Jahrgänge als Eltern ins Spiel. Erkennbar sei zudem, dass auch die Zahl der Kinder pro Frau wieder zunehme, erklärte Rindsfüßer. Die größten Anteile junger Menschen unter 18 Jahren wiesen in den Jahren 2014/16 übrigens Egling und Hurlach mit jeweils 21,4 Prozent sowie Scheuring mit 20,4 und Finning mit 20,3 Prozent auf. Die meisten Kinder pro Frau gab es in Eresing (2,17), Obermeitin­gen (2,11) und Hurlach (2,08).

Kindergärt­en und Schulen bleiben Herausford­erung

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Foto: SAGS Je dunkelgrün­er eine Gemeinde auf dieser Karte der Sozialraum­analyse eingefärbt ist und je höher die Zahlen sind, desto schwie riger gestalten sich die allgemeine­n sozialen Verhältnis­se und auch die Herausford­erungen für die Jugendhilf­e.

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