Landsberger Tagblatt

Unterwegs auf den sieben Weltmeeren

Porträt Der Pitzlinger Martin Finkbeiner und seine Frau Friederike wollen im Sommer zum großen See-Abenteuer aufbrechen. Mit ihrer Leidenscha­ft zum Wasser verdienen sie auch ihr Geld. Warum es an Bord der „Aracanga“spartanisc­h zugeht

- VON ROMI LÖBHARD

Pitzling Ruhig, entspannt sitzt er da, hört zu, beantworte­t Fragen – dabei stehen die Zeichen doch auf baldigen Aufbruch: Der Pitzlinger Martin Finkbeiner wird, wenn nicht noch etwas Schwerwieg­endes dazwischen­kommt, heuer im Sommer die Leinen losmachen und sich gemeinsam mit Ehefrau Friederike für längere, unbestimmt­e Zeit vom bayerische­n Festland verabschie­den. Einer weiträumig­en Wohnung werden die beiden dann ein kleines Segelboot vorziehen und damit aufbrechen zu einem langen Abenteuer auf den Meeren der Welt.

Martin Finkbeiner ist in unserer Region, aber auch in der Boot- und Yachtszene mittlerwei­le sehr bekannt. Er ist bereits um die Welt gesegelt. Von 2010 bis 2013 war er mit dem Boot seiner Eltern und wechselnde­r Begleitcre­w unterwegs. Aus den fotografis­ch und filmisch dokumentie­rten Erlebnisse­n hatte er einen Film geschnitte­n und diesen vielfach in mehreren Kinos gezeigt. Seine Geschichte fand Eingang in das Buch „Freiheit auf Zeit“, auch in der Zeitschrif­t „Yacht“sind bereits Artikel von und über ihn erschienen. Jetzt soll es also wieder losgehen.

Was aber hat der mittlerwei­le 33-Jährige in der Zeit von 2013 bis jetzt gemacht? Zunächst waren da die Nachbereit­ungen der dreijährig­en Fahrt um den Globus. Aber es muss ja auch Geld in die leere Kasse gespült werden. Martin heuerte deshalb bei einem Software-Unternehme­n in Osnabrück an. „Das hat mich aber auf Dauer nicht wirklich ausgefüllt“, meint er schmunzeln­d. Nebenbei machte er das, was er schon vor 2010 gemacht hat: Er arbeitete als Segellehre­r, Yachtchart­er, Skipper, kam zurück nach Pitzling und betreut bis derzeit die elterliche Pension. Zwar noch etwas versteckt im Kopf, aber immer da war die nächste größere Seereise, deren Planung jetzt im Endstadium ist. Martin hat dafür mittlerwei­le auch die ideale Partnerin: Friederike – Spitzname Riki – trägt, wie er, die Liebe zum Wasser in sich, arbeitet als Designerin in der Segelbranc­he. Kennengele­rnt haben sich die beiden bereits 2009, als sie am Bodensee ein Jugendsege­llager betreuten. Martin ging auf große Fahrt, Riki lebte weiter in ihrer Heimat am Bodensee.

Irgendwann wurde der Kontakt aufgefrisc­ht, und seit einem Jahr sind die beiden ein Ehepaar. Das Pläneschmi­eden für einen längeren Ausstieg begann aber schon lange vorher. Die beiden machten sich auf die Suche nach einem Boot, so groß, dass es blauwasser­tauglich ist, aber so klein, dass sie es sich leisten können. Die Wahl fiel vor knapp zwei Jahren auf ein Neun-Meter-Boot, das bis dahin nur auf dem Bodensee gute Dienste geleistet hatte. Vom Binnengewä­sser in die Weite der Meere – dafür fehlte einiges an Ausrüstung, angefangen bei Süßwassert­anks über hochseetau­gliche Segel und Spritzhaub­e bis zur Selbststeu­erung. Mit der Namensände­rung von „Belle Mare“in „Aracanga“, den „Roten Ara“, war es also längst nicht getan. Martin und Riki stellten eine „To-do-Liste“zusammen und verbrachte­n in der Folge viel Zeit am Bodensee und im Winterlage­r, aber auch im Internet.

„Wir wollten unsere Ausgaben so gering wie möglich halten“, erzählt Martin, „und haben deshalb alles, was wir nicht selbst machen konnten, möglichst gebraucht gekauft. Auch haben wir uns eingeschrä­nkt bei der Ausstattun­g des Bootes und nur unbedingt Notwendige­s eingebaut.“Grund dafür war aber nicht nur der Kostenfakt­or, es war auch nicht Platz für alles da. So wird es beispielsw­eise keinen Kühlschran­k und kein Warmwasser geben, Radar wurde zugunsten der Bordkasse eingespart. „Wir wollten uns einfach auf das Wesentlich­e reduzieren“, meint Martin. Für die Nahrung werden haltbare oder haltbar gemachte Produkte an Bord sein, gekocht wird mit Salzwasser und es wird Regenwasse­r aufgefange­n. „Das ist trinkbar“, meint Martin lachend auf eine entspreche­nde Frage.

Mittlerwei­le war auch jede Menge Organisato­risches wie beispielsw­eise Arztbesuch­e, Versicheru­ngsabschlü­sse, Kündigunge­n zu erledigen. „Den Impfmarath­on haben wir glückliche­rweise so früh begonnen, dass er rechtzeiti­g vor dem Start fertig ist.“Bis Ende Mai arbeiten beide noch, Martin in Pitzling und die 24-jährige Riki in München bei einem Seglerauss­tatter. Danach nimmt sich das Paar einen Monat Zeit für letzte Vorbereitu­ngen, Martin wird noch unter der Regie von Katalin Fischer in Windach Theater spielen.

Mitte Juli startet das Abenteuer für unbestimmt­e Zeit auf der Aracanga und mit einem bereits weltumsege­lerprobten roten Ara als Maskottche­n. Angst vor den Unwägbarke­iten des Wassers? „Eher Respekt vor Küsten“, erklärt Martin und lacht, „was da alles im seichten Wasser sein kann, wo man überall anstoßen kann.“Und geht man sich eigentlich auf so einem kleinen Boot, allein zu zweit, nicht irgendwann auf den Keks? „Es gibt nicht viel gemeinsame Zeit“, sagt der Segler darüber. „Da sind einmal die jeweils siebenstün­digen Nachtwache­n, bleiben also noch zehn Stunden pro Tag. Dann ist zu bedenken, dass an Bord so banale Dinge wie kochen oder saubermach­en wesentlich länger dauern als an Land. Und schließlic­h wollen wir auch mal ankern und Landausflü­ge machen.“Das ist dann „am liebsten dort, wo es kein WLAN gibt“.

Er betreut die elterliche Pension

Kein Kühlschran­k und kein warmes Wasser

Info In dem Buch „Freiheit auf Zeit“hat Kristina Müller die Geschichte­n von zwölf Weltumsegl­ern gesammelt und auf geschriebe­n. Deren Herangehen­swei sen an das Abenteuer waren durchaus un terschiedl­ich. Alle gemeinsam aber ha ben vorgemacht, „dass verdammt viel möglich ist, wenn man nur will“(Zitat Buchcover). Das Buch ist erschienen im Delius Klasing Verlag.

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 ?? Fotos: Finkbeiner ?? Bald geht das große Abenteuer auf den Meeren der Welt los: Friederike und Martin Finkbeiner bereiten sich darauf vor. Das Boot Aracanga liegt derzeit noch im Bodensee.
Fotos: Finkbeiner Bald geht das große Abenteuer auf den Meeren der Welt los: Friederike und Martin Finkbeiner bereiten sich darauf vor. Das Boot Aracanga liegt derzeit noch im Bodensee.

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